LEITARTIKEL

Frostzeit für China-Banken

Der chinesische Mondkalender kennt 24 Solarperioden als Saisonabschnitte. Kürzlich wurde die Periode namens "Shuangjiang" eingeleitet, was so viel wie Niederfall des ersten Frosts bedeutet. Shuangjiang kann im Chinesischen aber auch so etwas wie...

Frostzeit für China-Banken

Der chinesische Mondkalender kennt 24 Solarperioden als Saisonabschnitte. Kürzlich wurde die Periode namens “Shuangjiang” eingeleitet, was so viel wie Niederfall des ersten Frosts bedeutet. Shuangjiang kann im Chinesischen aber auch so etwas wie doppelte Kürzung heißen. Zufälligerweise hat Chinas Zentralbank just mit dem Einsetzen der Shuangjiang-Periode einen dualen geldpolitischen Lockerungsschritt vorgenommen und simultan die Leitzinsen wie auch die Mindestreservequote für Banken gesenkt. Während die Mindestreservesenkung die Kreditspielräume der Banken etwas erweitert, läuft die mittlerweile sechste Leitzinssenkung binnen Jahresfrist auf eine weitere Schwächung ihrer Zinsspannen und Zinsergebnisse hinaus. Dass sich die chinesischen Banken passend zur Mondkalenderphase nun etwas wärmer anziehen müssen, haben die wenige Tage später eingelaufenen Ergebnisvorlagen für das dritte Quartal gezeigt.Erstmals seit der globalen Finanzkrise vor sieben Jahren, die bei den chinesischen Banken eine nur kurz währende Ertragsdelle brachte, weisen die Kreditriesen im Reich der Mitte wieder stagnierende beziehungsweise leicht rückläufige Gewinne für eine Quartalsperiode aus. Im Quartett der vier staatlichen Großbanken etwa hat die Bank of China zum Septemberultimo einen Rückgang der Gewinne um 1,5 % ausgewiesen, beim Branchenprimus ICBC und den übrigen Konkurrenten sah man noch winzige Gewinnfortschritte oder Stagnation. Da sich eine weitere Abkühlung der chinesischen Wirtschaft mit möglicherweise neuen Zinsschritten und vor allem eine anhaltende Beeinträchtigung der Kreditqualität abzeichnet, ist eine laufende Verschlechterung des Ertragstrends der chinesischen Banken quasi vorprogrammiert. Im Schlussquartal dürften die Gewinne der chinesischen Großbanken durchweg zumindest leicht nach unten zeigen und dafür sorgen, dass auch in den Jahresabschlüssen für 2015 nur noch magere Ergebnisfortschritte anstehen werden.Verglichen mit den Gewinnfortschritten seit Dekadenbeginn, die im Durchschnitt für alle Großbanken bei deutlich über 20 % lagen, sind also magere Zeiten angebrochen – mit wenig Aussicht auf Besserung. Die Zinsmaßnahmen engen den Spielraum der Banken weiter ein, zumal die jüngste Leitzinssenkung mit einem seit längerem im Raum stehenden finalen Zinsliberalisierungsschritt verknüpft war. Damit sind die bislang bindenden Obergrenzen für die Verzinsung von Kundeneinlagen bei Geschäftsbanken, die als ein zulässiger Höchstaufschlag auf den einjährigen Leitzins für Kundeneinlagen formuliert waren, abgeschafft worden. Theoretisch heißt dies, dass Chinas Banken im freien Wettbewerb die bislang magere Verzinsung der Kundeneinlage nach oben treiben können. De facto spürt man noch wenig von einer konkurrenzgesteuerten Einlagenverteuerung, aber zumindest vom Trend her läuft die Sache auf eine weitere Verengung der Nettozinsmargen hinaus. Dies paart sich mit einem höheren Abschreibungsbedarf für faule Kredite.Mit Chinas Konjunkturabschwung machen sich die hässlichen Seiten einer verschlechterten Kreditqualität und die Nachwehen eines überzogenen Kreditbooms im Nachgang zur Finanzkrise immer deutlicher bemerkbar. Die offiziell ausgewiesenen Kreditausfallquoten, als das Verhältnis notleidender Kredite zu den gesamten Ausreichungen, sind mit zuletzt etwa 1,4 % im internationalen Vergleich zwar weiter niedrig, sind aber von Werten bei etwa 1 % kommend sehr rasch angewachsen. Abgesehen davon vermitteln sie nur ein unscharfes Bild.Chinas Banken unternehmen alle erdenklichen Anstrengungen und Tricks, um das Volumen der offiziell als notleidend eingestuften Kredite schlank zu halten. Dennoch geraten sie bei der Ergebnisgestaltung immer weiter unter Druck, denn der Regulator fordert eine hohe Abdeckungsrate von notleidenden Krediten mit Risikovorsorgeeinstellungen von 150 %. Das ist im internatonalen Vergleich übervorsichtig, liegt aber wohl daran, dass die chinesische Bankenaufsicht ihren Schäfchen aus guten Gründen in Sachen notleidende Kredite nicht ganz über den Weg traut. Den Instituten ist es bisher gelungen, Risikovorsorge und Abschreibungen so auszutarieren, dass ihre Ergebnisse optisch nicht allzu sehr aus der Reihe tanzen und zumindest für dieses Jahr noch leichte Gewinnfortschritte anstehen. Wenn sich der Konjunkturtrend nicht dreht, werden Chinas Banken ab dem kommenden Jahr immer hässlichere Gewinnrückgänge ausweisen.——–Von Norbert HellmannChinas Großbanken kommen mit Ach und Krach auf stagnierende Ergebnisse. Ab 2016 dürfte die Gewinnentwicklung sogar steil nach unten zeigen.——-