BANKING 3.0

Ganz in Ruhe

Fondsgesellschaften lassen sich mit Internetangeboten Zeit - Wenig Druck

Ganz in Ruhe

Von Silke Stoltenberg, FrankfurtDie deutschen Fondshäuser lassen es in Sachen Digitalstrategie ruhig angehen, ist die Gefahr anders als im Zahlungsverkehr doch eher abstrakt als konkret. Denn das Fondsgeschäft ist beratungsintensiv und auf menschliche Kontakte angewiesen. Dies lässt sich schwer über die digitalen Kanäle automatisieren. Dennoch gibt es interessante Ansätze bei den jungen Internetfirmen, die insbesondere im Privatkundengeschäft für Asset Manager neue Perspektiven eröffnen könnten. Für ausländische Anbieter, die sich mit dem fest geschlossenen, deutschen Bankenvertriebsnetz schwertun, könnte dies eine Chance sein, dem Geschäft hierzulande Schubkraft zu verleihen.Die großen Anbieter mit deutschen Wurzeln üben sich derweil in Zurückhaltung, mit Ausnahme der Deutschen Asset & Wealth Management (DeAWM), da der Branche gerade die Gelder nur so zufließen. “Alle großen und international aufgestellten Häuser arbeiten in irgendeiner Form an digitalen Angeboten. Wir erwarten 2015 deren Umsetzung trotz der glänzend laufenden Geschäfte im guten Kapitalmarktumfeld”, prophezeit Matthias Hübner, Partner bei Oliver Wyman. Die kleineren Häuser würden eher abwarten, da sie zusätzliche Investitionen scheuen, sind sie doch schon mit reichlich Mehrkosten durch die neue Regulierung belastet.Allgemein werden die Möglichkeiten des Internets in einer sehr verengten Perspektive als Distributionskanal im Privatkundengeschäft betrachtet. Dies zeigt auch das Beispiel von DeAWM, die voraussichtlich 2015 ein Online-Vermögensverwaltungsangebot startet. Dort sollen Kunden eine Selbsteinschätzung über Risikobereitschaft und Ziele abgeben können und dafür eine Anlagestrategie über Fonds unterbreitet bekommen. Nur StandardlösungenÄhnliches ist in Grundzügen schon heute bei Direktbanken zu finden. Ausgefeiltere Konzepte bieten die Anbieter aus dem Internet wie Vaamo, Wealthfront, Nutmeg oder Easyfolio. Allerdings arbeiten diese Unternehmen eher mit Standardportfolien als mit wirklich individuellen Lösungen. Der hier entstehende direkte Kundenkontakt ist für Asset Manager verlockend, haben sie bislang doch nur selten einen unmittelbaren Zugang. Ebenso attraktiv sind die Kundendaten, kann dies doch bei der Konzeption neuer Produkte helfen.Allianz Global Investors (AGI) zeigt im Gegensatz zu DeAWM keine Ambitionen auf einen eigenen Online-Distributionskanal. Während die Versicherungsmutter schwer in Sachen Internetvertrieb aktiv werden will, hält sich die Vermögensverwaltungstochter zurück. AGI setzt vielmehr auf einen Ausbau von internen Datenbanken sowie digitale Unterstützung bei Vertrieb, Beratung institutioneller Investoren, Customer Relationship Management, Reporting, Portfolioüberwachung, Marketing oder Kundenbindung.Online-Direktvertriebswege der Anbieter werden den Fondsverkauf in Deutschland absehbar nicht auf den Kopf stellen. Im Gegensatz zu anderen Ländern ist der Absatz sehr klar auf die Bankvertriebe fokussiert. Dafür sorgen allein die beiden Verbünde der Sparkassen und Volksbanken. Etwa 70 % des privaten Fondsgeschäfts laufen über die Kreditinstitute. Mit weitem Abstand folgen die Fondsgesellschaften im Direktvertrieb. Auch Online-Broker, Direktbanken, unabhängige Finanzberater und Versicherungsmakler kommen nur auf sehr überschaubare Anteile. Alle anderen Wege, inklusive Internet-Fondsplattformen, sind hierzulande weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben.Aktuell kaufen nur 10 bis 20 % der Kunden als Selbstentscheider ihre Wertpapiere online. Ob die nachwachsende Generation ihr Fondskaufverhalten radikal ändert, darf durchaus bezweifelt werden. Auf jeden Fall treffen die Asset Manager künftig auf besser informierte Kunden, da neben der persönlichen Beratung zunehmend auch Online-Informationen für die Finanzanlage genutzt werden.”Wir rechnen damit, dass sich mittelfristig trotz neuer digitaler Angebote der Bankvertrieb auf einen Anteil von etwa 65 % reduziert”, so Hübner. In den digitalen Kanälen sieht er für Fondsgesellschaften die Chance, durch neue Services wie Portfolioanalyse oder Research-Zugang die Kundenbindung zu verbessern. Zugleich wird damit aber auch die Transparenz über die Fondsperformance dramatisch erhöht, worauf die Kunden schneller mit einem Verkauf reagieren könnten. Für die Gesellschaften ist die Digitalisierung der gesamten Wertschöpfungskette nicht zuletzt ein Hebel zum Kostensparen.