Cum-ex

Gericht erwischt EAA auf dem falschen Fuß

Die WestLB war nach den Erkenntnissen der Finanzbehörden in Cum-ex-Geschäfte verstrickt wie kaum ein anderes Institut. Auf 1 Mrd. Euro belaufen sich die Rückforderungen der Behörden.

Gericht erwischt EAA auf dem falschen Fuß

ak Köln

Das Landgericht Frankfurt am Main hat am Mittwoch einer Klage von Portigon, Nachfolgerin der WestLB, gegen die Erste Abwicklungsanstalt (EAA) auf Übernahme von Steuerschulden von rund 1 Mrd. Euro aus Cum-ex-Geschäften stattgegeben.

Das Urteil dürfte beide Seiten überrascht haben, denn im Gegensatz zur EAA hat Portigon in den vergangenen Jahren bereits hohe Rückstellungen für die Cum-ex-Altlasten gebildet. Im Jahresabschluss 2020 sind rund 600 Mill. Euro an Steuerverbindlichkeiten ausgewiesen. Das Finanzamt hatte mit mehreren Bescheiden 2019 und 2020 die Rückzahlung von unrechtmäßig erstatteten Kapitalertragssteuern aus illegalen Aktienkreisgeschäften rund um den Dividendenstichtag in den Jahren 2005 bis 2008 nebst Zinsen von rund 1 Mrd. Euro gefordert. Eine Nachberechnung der Kapitalertragssteuer für die Jahre 2009 bis 2011 werde noch geprüft, heißt es in der Mitteilung des Landgerichts Frankfurt zu dem Urteil.

Die EAA wehrt sich gegen den Anspruch von Portigon. Die Bad Bank kündigte in einer Stellungnahme am Mittwoch an, in Berufung zu gehen. Sie hat bislang keine Rückstellungen für Cum-ex-Lasten gebildet. Sollte das Urteil Bestand haben, wäre das Eigenkapital der EAA rechnerisch aufgezehrt. Das Land Nordrhein-Westfalen und die NRW-Sparkassen müssten dann jeweils zur Hälfte einspringen bis zu einer Grenze von knapp 1 Mrd. Euro. Danach hätte auch noch der Bund einen Teil der Haftung zu schultern (siehe Grafik).

In der Begründung der Richterinnen des Frankfurter Landgerichts heißt es, dass die Steuerverbindlichkeiten im Rahmen der Abwicklung der WestLB zwar nicht ausdrücklich der EAA zugewiesen worden seien. „Eine Auslegung der Vertragswerke und der Erklärungen der Parteien ergibt aber, dass die Übernahme der streitigen steuerlichen Risikopositionen durch die Beklagte gewollt war“, erläuterte die Vorsitzende in der Urteilsbegründung. Und weiter: „Obwohl den Beteiligten bewusst war, dass es bekannte und unbekannte Steuerverbindlichkeiten gab, haben sie eine Bewertung und Regelung aller steuerlichen Risiken nicht vorgenommen. Die Beklagte sollte aber nach der ausdrücklichen allgemeinen Regelung im Vertragswerk Risikopositionen dann übernehmen, wenn sie einem nichtstrategienotwendigen Unternehmensbereich zuzuordnen waren.“ Das Kapitalmarktgeschäft sei nicht strategienotwendig für die WestLB gewesen, und die Cum-ex-Geschäfte als Grundlage der Steuerforderungen seien unzweifelhaft dem Kapitalmarktgeschäft anzusiedeln.

Kapitalspritze vom Land

Gegen ehemalige Vorstände der WestLB laufen bereits seit 2016 Ermittlungen. Portigon ist durch die Cum-ex-Lasten schon finanziell schwer angeschlagen. In den Ab­schlüssen 2019 und 2020 hat das Institut jeweils einen Nettoverlust von rund 600 Mill. Euro verbucht. Im März dieses Jahres hatte das Land Nordrhein-Westfalen eine Kapitalspritze von 160 Mill. Euro gewährt, nachdem Portigon kurz vor Weihnachten den Verlust der Hälfte des Grundkapitals angezeigt hatte. Würden die Lasten jetzt auf die EAA abgeschoben werden können, dürfte Portigon umfangreich Rückstellungen auflösen können.