Gesetz zur Mietenbegrenzung - Top oder Flop?

Der Berliner Mietendeckel aus Sicht einer Pfandbriefbank - Gegen die Wohnungsnot hilft letztlich nur Bauen - Sachlicher Dialog erforderlich

Gesetz zur Mietenbegrenzung - Top oder Flop?

Viele haben es nicht für möglich gehalten: Am 30. Januar 2020 wurde das Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin beschlossen, welches am 23. Februar 2020 in Kraft trat. Die Immobilienfachwelt sprach sich klar gegen die Deckelung aus, diese sei ein Eingriff in das Eigentumsrecht. Viele Mieter und Wohnungssuchende, die die zunehmend steigenden Wohnungspreise als Bedrohung empfinden, begrüßten die Initiative. Seitdem ist einiges passiert: Im Mai haben die Bundestagsabgeordneten von Union und FDP eine Normenkontrollklage eingereicht. Ob der Mietendeckel Bestand über die nächsten fünf Jahre haben wird, werden nun Gerichte entscheiden. Was regelt der Mietendeckel?Seit mehreren Jahren steigen die Mieten auf dem deutschen Immobilienmarkt. Insbesondere in zahlreichen Städten und Ballungsräumen ist Wohnraum für viele Menschen unbezahlbar. Dem hat die Berliner Regierung mit dem Mietendeckel entgegenzuwirken versucht und die Mieten auf dem Stand des 18. Juni 2019 für fünf Jahre “eingefroren”. Auch Wuchermieten sind nicht zulässig. Zudem wurden viele Aktivitäten auf die Vermieter verlagert. So mussten diese beispielsweise ihre Mieter bis zum 23. April 2020 über die wesentlichen Merkmale des Mietobjektes zur Bestimmung der maximalen Miethöhe informieren. Wer sich nicht an die Vorschrift hält, dem drohen hohe Geldstrafen. Hier liegt eine ganz neue Qualität von Regulierung vor, die es bisher so am Immobilienmarkt noch nicht gab.Von der aktuellen pauschalen Kappung der Mieten profitieren bestehende Mieter unabhängig von ihrer Bedürftigkeit: der Großverdiener ebenso wie Mieter mit geringem oder ohne Einkommen. Zusätzlich werden Wohnungssuchende benachteiligt, da sie beim geringen Angebot schwer eine Wohnung finden.Zwei Drittel der Mietwohnungen in Deutschland gehören außerdem Privatpersonen. Für diese ist vermieteter Wohnraum oftmals ein wichtiger Baustein der Altersvorsorge. Durch die Deckelung der Miete könnte dieser Baustein ins Wanken geraten. Gleichermaßen treffen starre Mietobergrenzen auch die kommunalen Gesellschaften und grenzen deren Investitionsspielraum ein. Darunter leidet folglich ortsansässiges Handwerk und Gewerbe.Als weitere Folge verliert der Mietpreis seine Signalwirkung für den Immobilienmarkt, denn steigende Preise drücken schließlich aus, dass das Produkt Wohnraum in Berlin knapp ist. Diese Preissignale fallen weg, da nun der Markt von außen reguliert wird. Und das bei weiterhin knappem Wohnraum in der Hauptstadt. Insgesamt flachte sich das Bevölkerungswachstum Berlins im ersten Halbjahr 2019 im Vergleich zu den Vorjahren zwar ab, dennoch kann die Nachfrage nach Wohnraum längst nicht gedeckt werden.Dies kann die Neubautätigkeit in Berlin nicht beheben. 2019 wurden 13,7 % mehr Wohnungen fertiggestellt als im Jahr zuvor. Dies meldete das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg. Doch die Neubautätigkeit muss noch viel stärker ausgebaut werden, um die Nachfrage zu decken. In Berlin liegt diese Schätzungen zufolge aktuell bei mehr als 145 000 zusätzlichen Wohnungen. Unter den aktuellen Voraussetzungen werden für den Neubau aber wenig Anreize geschaffen. Letztendlich fehlt in nahezu allen Großstädten Deutschlands Wohnraum. Hier hilft aber nur eines: bauen, bauen, bauen!Auch für nachfragegerechte Modernisierungen oder energetische Sanierungen gibt es mit der Mietendeckelung wenig Anreize, da Vermieter auf die höheren Mieteinnahmen angewiesen sind, um ebendiese umzusetzen. Sie werden im aktuellen Umfeld sogar unrentabel. Das gilt nicht nur für Kapitalgesellschaften, sondern auch für die städtischen Gesellschaften. Immobilien haben aber einen immensen Einfluss auf die CO2-Belastung einer Stadt. Im Gebäudebestand liegt einer der größten Hebel auf dem Weg zur Klimaneutralität. Der Mietendeckel ist hierbei nicht förderlich.Infolge all dieser Punkte hat das Vertrauen von ausländischen Wohnungsinvestoren in den Immobilienmarkt Berlin ab Mitte 2019 spürbar abgenommen. Diese schauen nun meist abwartend auf die Hauptstadt und auf die Entwicklung der Gesetzeslage. Aber auch auf Deutschland blicken viele Investoren skeptisch, denn wo in Teilmärkten politische Eingriffe stattfinden, könnten weitere folgen. Was wäre, wenn ein solches Gesetz auch für andere A-Städte oder gar deutschlandweit umgesetzt würde? Diese Ungewissheit ist spürbar und tut dem deutschen Immobilienmarkt nicht gut. Eine wichtige AssetklasseDabei zeigt sich, insbesondere in Zeiten der Corona-Pandemie, dass Wohnen weiterhin eine der wichtigsten Assetklassen am Markt und auch in Krisenzeiten stabil ist. Wohnraum ist und bleibt insbesondere in den großen Städten Deutschlands von enormer Wichtigkeit. Langfristige Finanzierungen werden in diesem Bereich weiterhin angefragt und nach sorgfältiger Prüfung gerne bereitgestellt. Das Geschäftsmodell deutscher Pfandbriefbanken zeigt sich hier stabil.Doch nicht nur in Berlin gibt es einen Mietendeckel. Wenn wir zu unseren Nachbarn in den Niederlanden schauen, sehen wir, dass das Instrument dort schon lange eingesetzt wird und es hier gut läuft. Im Internet kann jeder mit einigen Klicks anhand eines Punktesystems ermitteln, welche Miete für eine Wohnung zu zahlen ist. Dass der Mietendeckel dort allgemein anerkannt ist, liegt daran, dass Politik, Wirtschaft und Mietervertretung gemeinsam beraten, wie Mietpreisentwicklungen im unteren Segment im Konsens geregelt werden können.Andere Facetten tun sich in Stockholm auf. Die Höhe der Miete ist auch hier streng reguliert, mit dem Ziel, Mieter zu schützen. Wer allerdings in Stockholm eine Wohnung sucht, muss viele Jahre warten. Elf Jahre kann es dauern, in begehrten Lagen auch mal 30. Hiervon profitiert der Schwarzmarkt. Oftmals fließen im Rahmen einer Mietvertragsschließung Abstandszahlungen von bis zu 50 000 Euro. Gutverdiener profitieren häufig, da nur sie diese Geldbeträge aufbringen können.Mietenbegrenzungen gibt es auch in Genf. Auch hier konnte mit diesem Instrument die Wohnungsnot kaum gelindert werden. Noch dazu werden Sanierungen, Umbauten und Modernisierungen nur sehr restriktiv durchgeführt und Investitionen finden zögerlich statt. An einem Strang ziehenInsgesamt waren die Auswirkungen des Mietendeckels in Berlin bereits Ende 2019 durch die Ankündigungen spürbar. Der Markt hatte sich zu diesem Zeitpunkt schon selbst reguliert. Große Käufe fanden im zweiten Halbjahr 2019 hauptsächlich durch städtische Gesellschaften statt. Berlin ist und bleibt aber ein attraktiver Lebensmittelpunkt und wird für weiteren Zuzug sorgen, erst recht, wenn die Hauptstadt durch die Mietendeckelung niedrigere Mieten verspricht.Damit ist auch klar, dass sich langfristig die Berliner Wohnungsknappheit nur ausgleichen lässt, wenn mehr Wohnungen gebaut werden, als neue Menschen nach Berlin ziehen. Die Schaffung von Anreizen für den Neubau von bezahlbarem Wohnraum ist daher unabdingbar. Hierfür brauchen wir künftig mehr denn je einen sachlichen Dialog. Immobilienwirtschaft, Vertreter auf Vermieter- und Mieterseite sowie Politik müssen an einem Strang ziehen, und Fakten und Argumente sollten im Zentrum der politischen Diskussion stehen. Oder wie es Michael Marie Jung, deutscher Aphoristiker und Persönlichkeitsbetreuer, einmal formulierte: “Zu einem guten Dialog gehören vier Ohren.” Sascha Klaus, Vorstandsvorsitzender der Berlin Hyp AG