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Gold schlägt Silber

Die Faktoren, die den Goldpreis angetrieben haben, sind weiter intakt. Hingegen werden die Perspektiven für Silber zurückhaltender eingeschätzt. Von Dieter Kuckelkorn Anleger, die im laufenden Jahr auf Edelmetalle gesetzt haben, können sich über...

Gold schlägt Silber

Die Faktoren, die den Goldpreis angetrieben haben, sind weiter intakt. Hingegen werden die Perspektiven für Silber zurückhaltender eingeschätzt. Von Dieter KuckelkornAnleger, die im laufenden Jahr auf Edelmetalle gesetzt haben, können sich über attraktive Renditen freuen. So hat sich Gold seit Anfang Januar um 14 % verteuert, in Euro gerechnet sogar um 19 %. Bei Silber waren es immerhin noch 9 %, bei dem lange gemiedenen Platin gab es eine Erholung um 10 %, während Palladium mit einem Preisanstieg von 36 % den Vogel abschoss.Allerdings geht es für Gold und auch für Palladium nicht einfach nur stetig nach oben. Bei beiden Metallen gab es zuletzt Korrekturen. So erklomm Gold Anfang September ein Jahreshoch von 1 557 Dollar je Feinunze, bevor es bis auf 1 445 Dollar nach unten ging. Palladium wiederum konnte ein Niveau von etwas mehr als 1 820 Dollar nicht verteidigen. Dennoch kann festgestellt werden, dass die Faktoren, die insbesondere Gold angetrieben haben, intakt sind. Insofern spricht einiges dafür, dass zumindest Gold seine Hausse früher oder später wieder aufnimmt.Ein Hauptargument für Gold als Investment ist die Tatsache, dass sich die Zinsen rund um die Welt weiterhin in der Nähe ihrer Tiefststände befinden und dass dies auch auf absehbare Zeit so bleiben wird. Die Realwirtschaften in den USA, in Europa und in Teilen Asiens präsentieren sich in einem konjunkturell anfälligen Zustand, sodass den Notenbanken nichts anderes übrig bleibt, als weiter die Vollen zu gehen. Nebenwirkung dieser Medizin sind Überbewertungsblasen an vielen Märkten von Aktien bis zu Anleihen, sodass auch aus diesem Grund Gold als ein nachhaltigeres Wertaufbewahrungsmittel an Attraktivität gewinnt.Dies wird auch daran deutlich, dass gemäß den Daten des Produzentenverbandes World Gold Council eine kräftig steigende Investoren­nachfrage nach Exchange Traded Funds (ETFs) im dritten Quartal die Gesamtnachfrage nach dem gelben Metall angetrieben hat. Gab es im dritten Quartal des vergangenen Jahres noch einen Mittelabfluss äquivalent zu 103,8 Tonnen Gold, mussten sich die ETFs im gerade beendeten Jahresviertel mit 258,2 Tonnen eindecken. Dieser Faktor war es praktisch im Alleingang, der zu einem Anstieg der gesamten Goldnachfrage um 3 % geführt hat.Da inzwischen viele Ökonomen mit einer Rezession rechnen und es als Folge davon auch zu einer deutlichen Korrektur am Aktienmarkt kommen könnte, dürfte sich die Attraktivität von Gold weiter erhöhen. Einer jüngsten Umfrage von UBS Wealth Management unter sehr reichen Privatinvestoren ist zu entnehmen, dass ein nennenswerter Teil dieser Anlegerklasse zumindest teilweise aus risikobehafteten Assets wie Aktien und Anleihen aussteigt – wovon auch insbesondere Gold profitieren sollte. Nachfrage der ZentralbankenEine weitere interessante Quelle der Goldnachfrage sind derzeit die Zentralbanken, auch wenn diese im dritten Quartal 2019 weniger von dem Edelmetall gekauft haben als im Vergleichszeitraum des Vorjahres, in dem es eine rekordhohe Nachfrage durch die Notenbanken gegeben hatte. Staaten wie Russland und China bereiten sich auf diese Weise für die Zeit nach dem Niedergang des Dollar als derzeit noch wichtigster Reserve- und Handelswährung der Welt vor. Langfristig gesehen könnte Gold also auch in dieser Hinsicht wieder eine größere Rolle spielen, wenn es darum geht, Währungen Stabilität zu verleihen.Das Metall wird bekanntlich auch als klassischer sicherer Hafen für Krisenzeiten angesehen. Politische Krisen gibt es derzeit rund um den Globus mehr als genug, wobei der von der US-Regierung begonnene Wirtschaftskrieg gegen China und Russland, aber in Anfängen auch gegen die Europäische Union, eine zentrale Rolle spielt. Auch diese Krisen sollten den Goldpreis stützen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Notierung des gelben Metalls kurzfristig unter deutlichen Druck geraten könnte, beispielsweise wenn es zwischenzeitlich zu Tauwetter im Verhältnis der USA zu ihren eurasischen Kontrahenten kommen sollte. Auf mittlere und längerfristige Sicht dürften die geopolitischen Spannungen rund um den Globus aber weiter zunehmen mit entsprechender Folge für den Goldpreis. Silber bleibt zurückSilber hat bereits seit längerer Zeit nicht mit Gold mithalten können. Das Verhältnis des Goldpreises zum Silberpreis ist im Sommer bis auf fast 93 gestiegen, was weit über dem historischen Durchschnitt der vergangenen Jahrzehnte liegt. Zum Herbst hin gab es dann eine gewisse Normalisierung, das Verhältnis fiel zeitweise bis auf rund 80 zurück. Derzeit liegt es wieder bei 86. Dies bedeutet in der historischen Perspektive, dass Gold bezogen auf den Silberpreis rund 50 % teurer ist als im langjährigen Durchschnitt. Dennoch ist aktuell kaum damit zu rechnen, dass Silber gegenüber Gold aufholt. Wie die Analysten von Schroders herausgefunden haben, verringert sich das Gold-Silber-Verhältnis vor allem in Zeiten eines recht hohen Wirtschaftswachstums und in Zeiten der Zurückhaltung von Noten­banken beim Goldkauf – mit beiden Entwicklungen ist aktuell nicht zu rechnen. Silber profitiert stärker als Gold von Wirtschaftswachstum, weil bei dem Metall ein größerer Anteil der Nachfrage aus dem industriellen Bereich kommt als bei Gold. Zudem nehmen die Lagerbestände an Silber zu, was ebenfalls nicht für einen ausgeprägten Preisanstieg spricht.Palladium verzeichnete in den vergangenen Jahren einen regelrechten Boom. Ende Oktober markierte das Edelmetall mit 1 824,50 Dollar je Feinunze ein Rekordhoch. Seither gab es zwar eine Korrektur bis auf rund 1 677 Dollar, derartige kurzzeitige Bereinigungen hat es allerdings in den vergangenen Monaten häufiger gegeben. Für die Palladium-Hausse können sich die Anleger im Wesentlichen beim mittlerweile ausgeschiedenen Topmanagement von Volkswagen bedanken. Der Dieselskandal, der durch die Vorkommnisse bei VW aufgedeckt wurde, hat die Nachfrage nach Automobilen mit Dieselmotor stark gedrückt und die Käufe von Fahrzeugen mit Benzinmotoren gefördert. Gemäß dem aktuellen Stand der Technik werden in Benzinmotoren vor allem Katalysatoren mit viel Palladium eingesetzt, in Dieselmotoren vorwiegend Abgasreinigungsanlagen auf Platinbasis. Mit Blick auf diese vorherrschende industrielle Nutzung kann man Palladium im Prinzip auch als ein Industriemetall auffassen. Fundamental sieht der Palladiummarkt gut aus, seit sechs Jahren übersteigt die Nachfrage das Angebot. Allerdings ist das Metall auch bekannt für seine ausgeprägten Preisausschläge. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Automobilindustrie vor allem in Schlüsselmärkten wie China erhebliche Schwäche zeigt und dass eine Rezession in den entwickelten Ländern droht. In der längerfristigen Sicht dürfte der Palladiumpreis ferner stark darunter leiden, dass Verbrennungsmotoren in den kommenden Jahren durch die Elektromobilität verdrängt werden dürften. Von dieser Entwicklung werden andere Metalle profitieren, vor allem Kupfer, Lithium und Kobalt. Insofern ist es wahrscheinlich, dass die Palladium-Rally nicht mehr allzu lange weitergehen wird, sondern irgendwann auszulaufen droht.