Übernahme

Goldman zielt mit Kauf von NN-Tochter auf Europa

Im Bieterstreit um NN Investment hat sich Goldman Sachs offenbar gegen die DWS durchgesetzt, jetzt umreißt die US-Bank ihre Ziele für das Europageschäft im Assetmanagement.

Goldman zielt mit Kauf von NN-Tochter auf Europa

jsc Frankfurt

Die US-Großbank Goldman Sachs nimmt sich mit der Übernahme der Fondstochter des niederländischen Versicherers NN eine Stärkung des Assetmanagements in Europa vor: Das für eine Zahlung von 1,7 Mrd. Euro eingeworbene Geschäft bringe ein komplementäres Produktportfolio ein, garantiere ein Standbein in den Niederlanden, stärke Fondsmanagement und Vertrieb sowie den Fokus auf die Kundschaft der Versicherer, teilte Goldman Sachs am Donnerstag mit. Mit Erwerb der NN Investment Partners, die derzeit ein Vermögen von 298 Mrd. Euro verwaltet, hat sich die US-Bank offenbar gegen die DWS durchgesetzt. Denn die börsennotierte Fondstochter der Deutschen Bank war dem Vernehmen nach ebenfalls interessiert. Die Transaktion soll im ersten Quartal 2022 abgeschlossen werden. Die Zustimmung der Aufsichtsbehörden steht dabei wie üblich noch aus.

Die Fondsgesellschaft mit Sitz in Den Haag besitzt Expertise für europäische Aktien, Investmentanleihen sowie für Green Bonds und nachhaltige und wirkungsorientierte Strategien, wie Goldman Sachs hervorhebt. Zwei Drittel des verwalteten Vermögens entfallen auf Mittel des NN-Konzerns. Ein Hypotheken-Portfolio in niedrigen zweistelligen Milliardenbereich wird den Angaben zufolge unter Kontrolle des Versicherers bleiben. Zusätzliche Beratungs- und Administrationsdienste mit einem Volumen von 59 Mrd. Euro gehen an Goldman Sachs über.

Ran an die Assekuranz

Für die NN-Gruppe wird Goldman Sachs vorerst für weitere zehn Jahre die Vermögen managen, wie die Vereinbarung vorsieht. Die Bank will sich auch als Assetmanager für Versicherer aufstellen. Mit einem betreuten Vermögen von mehr als 550 Mrd. Dollar speziell für Versicherer – Goldman Sachs operiert mit einer Kennziffer „Assets under Supervision“ statt den üblichen „Assets under Management“ – steige die US-Adresse zum weltweit größten ungebundenen Vermögensverwalter für die Assekuranz auf. Bezogen auf die geografische Zuteilung wächst das betreute Vermögen von Goldman Sachs auf mehr als 600 Mrd. Dollar in Europa, „in Übereinstimmung mit den strategischen Zielen des Unternehmens, sein europäische Geschäft auszubauen und seine globale Reichweite zu erweitern“. Weltweit betreut die Bank im Fondsgeschäft ein Vermögen von 2,3 Bill. Dollar.

Für Goldman-Sachs-Chef David Solomon handelt es sich um die größte Übernahme seit Amtsantritt vor rund drei Jahren. Die Bank strebt eine Ausweitung der Geschäftsfelder jenseits des Investment Bankings an, neben dem Assetmanagement etwa über die Online-Plattform Marcus.

Die niederländische NN-Gruppe stellt eine zusätzliche Ausschüttung in Aussicht, sofern sich keine anderen wertsteigernden Optionen böten. Mit Vorlage der Bilanz für das zweite Halbjahr am 17. Februar 2022 will die Führung genauer erläutern, wie sie die Mittel verwendet.

Die DWS hat derweil ihr Interesse an NN nie offiziell bestätigt. Der deutsche Branchenprimus hatte wiederholt eine führende Rolle bei einer Konsolidierung der Fondsbranche beansprucht – und zugleich betont, dass ein Übernahmekandidat auch kulturell zur DWS passen müsse. Die Höhe des Überschusskapitals, das für Übernahmen zur Verfügung steht, hatte die DWS seit dem Börsengang im März 2018 von damals 0,2 Mrd. Euro gestärkt, wie Finanzvorständin Claire Peel Ende Juli erklärt hatte. Die Gesellschaft verwaltet per Jahresmitte ein Vermögen von 859 Mrd. Euro und wäre mit einer Übernahme näher an die französische Rivalin Amundi gerückt, die mit einem Volumen von 1,79 Bill. Euro Europas größte Fondsadresse ist. An der Börse gerieten gestern die Aktien von allen drei Unternehmen – Goldman Sachs, NN und DWS – unter Druck.

Wertberichtigt Seite 8