Milliardenverluste

Greensill-Fonds-Fiasko beziffert

Der insolvente britisch-australische Lieferketten-Finanzierer Greensill hat allzu oft ein Auge zugedrückt, wenn es um die Vergabe potenziell lukrativer Kredite ging. Nun nennt Credit Suisse die offenen Forderungen der drei schlechtesten Zahler.

Greensill-Fonds-Fiasko beziffert

dz Zürich

Die unverantwortliche Geschäftspolitik von Greensill kommt die Gläubiger teuer zu stehen – allen voran die Kunden der Credit Suisse. Diese hatten insgesamt 10 Mrd. Dollar in vier von der Großbank aufgesetzte Lieferketten-Fonds ge­steckt, damit diese die Geschäfte von Greensill finanzieren konnte.

Seit der Insolvenz von Greensill Anfang März ist die Rückzahlung eines bedeutenden Teils dieser Gelder in der Schwebe. In den vergangenen sechs Wochen hat die Bank 4,8 Mrd. Dollar an die Fondsinvestoren zurückgezahlt. Dazu gehört auch die letzte Rückzahlungstranche über 1,7 Mrd. Dollar, über die Credit Suisse am Dienstag informiert hat. Insgesamt seien die Problemfonds inzwischen zu 54% (5,4 Mrd. Dollar) liquidiert. Die weiteren Liquidationen dürften schwieriger werden. Erstmals nannte Credit Suisse jetzt die Summe der offenen Forderungen bei den schwierigsten Zahlern. Im Vordergrund steht der britische Stahlindustrielle Sanjeev Gupta, der Greensill bzw. den Fondskunden von Credit Suisse noch 1,2 Mrd. Dollar schuldet. Gupta hat in den vergangen fünf Jahren in Großbritannien und Nordfrankreich ein Stahl- und Aluminiumkonglomerat namens Liberty Steel zusammengekauft und sich dabei im großen Stil von Greensill finanzieren lassen. Gupta beschäftigt in Großbritannien und in der Normandie mehr als 3000 Menschen.

Offenbar fehlt es ihm an liquiden Mitteln. Er hat unlängst die britische Regierung um einen Kredit gebeten. Doch diese lehnte ab. Es bestehe „immer eine Gefahr“, dass Firmen in der Liberty-Steel-Gruppe in Konkurs gehen könnten, erklärte der zuständige britische Minister Kwasi Kwarteng am Dienstag seinem Parlament. Man könne Liberty Steel nicht wirklich von den übrigen Aktivitäten Guptas in dessen GFG-Alliance-Konglomerat trennen, weshalb ein Kredit mit Steuergeldern sehr unverantwortlich wäre, sagte der Minister. Das sind keine guten Aussichten für die Credit-Suisse-Kunden. Derweil soll die Bank versuchen, Firmen aus dem Gupta-Imperium in die Insolvenz zu treiben, damit sich diese verkaufen lassen. Das Vorgehen ist politisch heikel, weil es Arbeitsplätze in Randregionen kosten könnte. Credit Suisse nimmt dazu nicht Stellung.

Weitere 690 Mill. Dollar haben die Fondskunden der Credit Suisse vom kleinen US-Kohleförderer Bluestone Resources zugute. Die Rückzahlung des Geldes ist mutmaßlich schon seit zwei Jahren fällig. Bluestone im Eigentum des republikanischen Gouverneurs Jim Justice aus West Virginia gilt als notorisch säumige Zahlerin und als Umweltsünderin.

Schließlich sind noch 440 Mill. Dollar vom amerikanischen Generalbauunternehmen Katerra offen. Katerra ging 2015 mit dem Anspruch an den Start, das Baugeschäft mit technologischen Kniffen zu revolutionieren. Das entpuppte sich als leeres Versprechen. Das japanische Beteiligungs- und Finanzkonglomerat Softbank hielt Katerra Ende 2020 mit einem Notkredit am Leben.

Die Fondsinvestoren der Credit Suisse haben bei den Greensill-Kunden insgesamt noch Forderungen über 4,6 Mrd. Dollar offen. Verschiedene Fondsinvestoren haben angekündigt, dass sie im Fall eines Verlustes die Bank haftbar machen wollen.

Das Greensill-Debakel ist wohl ein wichtiger Grund, dass der amerikanische Stimmrechtsberater Glass Lewis seinen Kunden am Dienstag die Nichtwiederwahl von Andreas Gottschling in den Verwaltungsrat der Großbank empfohlen hat. Gottschling ist Präsident des Risikoausschusses. Die Generalversammlung findet am 30. April statt.