Großschäden fordern Hannover Rück
ak Köln – Die hohe Belastung aus Naturkatastrophen bleibt eine Herausforderung für die ansonsten stark wachsende Hannover Rück. Im ersten Quartal sei das Großschadenbudget von rund 350 Mill. Euro voraussichtlich gut ausgelastet, sagte Vorstand Michael Pickel bei der Bilanzvorlage am Donnerstag. Das verheerende Erdbeben in der Türkei Anfang Februar kostet den weltweit drittgrößten Rückversicherer nach einer vorläufigen Schätzung netto 200 Mill. Euro. Die Konzernmutter Talanx, die die Türkei zu ihren Kernmärkten zählt, rechnet in der Erstversicherung mit rund 50 Mill. Euro, wie ein Sprecher sagte. Marktführer Münchener Rück hatte den auf ihn entfallenden Schaden zuletzt auf einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag beziffert. Die Hannover Rück geht derzeit von einem Gesamtschaden für die Versicherer aus dieser Katastrophe von 3,5 bis 4 Mrd. Euro aus. Auch der Tropensturm und die Überschwemmungen in Neuseeland haben für einen Großschaden gesorgt, den Pickel aber noch nicht quantifizieren wollte.
Im vergangenen Jahr hatte die Hannover Rück bereits im sechsten Jahr in Folge ihr zuvor kalkuliertes Großschadenbudget überschritten. Die Belastung lag letztendlich mit 1,7 Mrd. Euro netto rund 300 Mill. Euro höher als geplant. Größter Einzelschaden war Hurrikan „Ian“ in den USA mit netto 322 Mill. Euro, gefolgt von den schweren Überflutungen in Australien mit 233 Mill. Euro. Darüber hinaus hat der Konzern eine Spätschadenrückstellung in Höhe von 331 Mill. Euro für mögliche Belastungen aus dem Krieg in der Ukraine gebildet.
Personensparte gewinnt
Dennoch fuhr die Hannover Rück – das hatte sie bereits bei der Vorlage der Eckdaten Anfang Februar bekannt gegeben – im vergangenen Jahr einen Konzerngewinn von 1,4 Mrd. Euro ein. Er lag am unteren Ende der Prognosespanne. Jetzt kündigte der Vorstand an, mit diesem um 14% gestiegenen Ergebnis im Rücken die Dividende um 4 % auf 6 Euro anheben zu wollen. Der Rückversicherer bietet damit eine aktuelle Dividendenrendite von rund 3,4 %.
Der Vorstand hatte im Februar ebenfalls angekündigt, das Großschadenbudget im laufenden Jahr auf 1,725 Mrd. Euro zu erhöhen. Doch das ist nur ein Teil der Reaktion auf die anhaltenden Belastungen. In der Erneuerungsrunde zum Jahreswechsel hat die Hannover Rück wie die Konkurrenten auch die Preise deutlich erhöht. Preise und Bedingungen würden sicher auch noch in den Erneuerungsrunden im April und im Sommer angepasst, sagte Konzernchef Jean-Jacques Henchoz. In bestimmten Regionen wie Florida hat das Unternehmen entgegen den Wertentwicklungen dort das Portfolio eher zurückgefahren. Bei Naturkatastrophendeckungen in den USA ist der Rückversicherer vorsichtig geworden und strebt kein großes Wachstum mehr an. Auf der anderen Seite wolle die Hannover Rück auch als Rückversicherer relevant bleiben, betonte Schadenvorstand Pickel. „Wir ändern aber nicht sehr viel am Geschäftsmix“, sagte Henchoz.
Financial Solutions stark
Der Ergebnisbeitrag der einzelnen Geschäftsbereiche hat sich 2022 allerdings stark verschoben. Während sich das Ebit aus der Personenrückversicherung auf 737 Mill. Euro mehr als verdreifachte, sackte es in der Schadenrückversicherung um 11% ab. Ohne das höhere Ergebnis aus Kapitalanlagen wäre es noch stärker geschrumpft.
Einen immer größeren Beitrag zum operativen Ergebnis liefert innerhalb der Personenrückversicherung das Geschäftsfeld Financial Solutions. Hier bietet die Hannover Rück ihren Kunden weltweit Deckungen in Form unterschiedlichster Strukturen zur Kapital- und Solvenzentlastung sowie zur Vorfinanzierung an. Das Ebit hieraus kletterte im vergangenen Jahr um mehr als 50 % auf 647 Mill. Euro.
Pandemie wirkt sich noch aus
In der Personenrückversicherung drückte immer noch die Pandemie auf das Ergebnis, allerdings halbierte sich die Belastung den Angaben zufolge auf 276 Mill. Euro. Der Großteil davon entfiel auf die USA.
Auf Basis konstanter Wechselkurse will die Hannover Rück mindestens um 5 % wachsen. Das Konzernergebnis sollte mindestens 1,7 Mrd. Euro erreichen, wozu die Schadenrückversicherung mit einem operativen Ergebnis (Ebit) von rund 1,6 Mrd. Euro und die Personenrückversicherung mit 750 Mill. Euro beitragen sollen.