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Gute Chancen für Aktien

Die Weltkonjunktur brummt und die Unternehmensgewinne klettern. Da die Niedrigzinsen anhalten, sollten vor allem Dividendentitel auch im kommenden Jahr weiter gefragt sein. Von Werner Rüppel Als Lehman im September 2008 pleiteging und die ...

Gute Chancen für Aktien

Die Weltkonjunktur brummt und die Unternehmensgewinne klettern. Da die Niedrigzinsen anhalten, sollten vor allem Dividendentitel auch im kommenden Jahr weiter gefragt sein.Von Werner RüppelAls Lehman im September 2008 pleiteging und die Aktienmärkte in den Keller rutschten, waren die Prognosen für die kommenden Jahre eher düster. Jedenfalls hat nach der Bankenkrise kaum jemand damit gerechnet, dass die Aktienmärkte den heftigen Einbruch dauerhaft überwinden können und zu einem über viele Jahre andauernden Höhenflug ansetzen. Jetzt geht die Aufwärtsbewegung an den Aktienbörsen bereits ins neunte Jahr, wobei es zwischendurch auch einmal kleinere Rückschläge gab.Nun blicken die Investoren bereits ins neue Jahr und fragen sich, welche Anlagen aussichtsreich sind und wo Risiken liegen. Wobei es natürlich nicht auf Punktprognosen ankommt, wie zum Beispiel den Stand des Dax oder die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen per Jahresende 2018 treffend zu prognostizieren. Wichtiger ist es, die Richtung zu erkennen und aktuelle Chancen und Risiken wahrzunehmen. Auf dieser Basis lässt sich dann eine Anlagestrategie entwickeln, wobei die einzelnen Investoren ihre individuelle Risikotragfähigkeit dabei mit berücksichtigen sollten. Gefahr bei AnleihenRückschlagsgefahren dürften 2018 eher bei Staatsanleihen bestehen. Hingegen werden Dividenden-titel weiterhin von der Niedrigzinspolitik der Notenbanken sowie steigenden Unternehmensgewinnen unterstützt. “Von der weltweiten Konjunkturerholung werden vor allem Aktien und Rohstoffe profitieren”, erklärt Frank Engels, Leiter Portfoliomanagement Multi Asset bei Union Investment (vgl.Interview Seite 16). Für 2017 hatten bereits zahlreiche Strategen zu Recht auf Aktien gesetzt. “Es gibt weiterhin kaum eine Alternative zur Anlage in Aktien”, hatte zum Beispiel DZ-Bank-Stratege Christian Kahler vor Jahresfrist erklärt. Eine Aussage, die man auch heute noch unterschreiben würde. Mit einem Plus von Jahresbeginn bis Ende November von gut 13 % hat vor allem der Dax überzeugt. Auch der französische Auswahlindex CAC 40 konnte dank des Wahlsiegs von Emmanuel Macron ein Plus von gut 10 % verbuchen.Was vom Konsens falsch eingeschätzt wurde, war die Entwicklung des Dollar. Dieser hat sich gegenüber dem Euro nicht wie erwartet weiter befestigt, sondern im Jahresverlauf um mehr als 11 % abgeschwächt. Devisenmärkte sind in aller Regel eben am schwierigsten zu prognostizieren.Durch den starken Euro hat sich ein Investment in Gold oder Öl per saldo nicht gelohnt. Und auch der breite US-Markt hat gemessen am S&P 500 in Euro nur um rund 3 % zugelegt, während die Technologiewerte des Nasdaq 100 sogar währungsbereinigt ein Plus von 16 % im bisherigen Jahresverlauf verbuchten. Der japanische Nikkei 225 hat in Yen einen Gewinn von knapp 20 % auf zuletzt 22 640 Punkte erzielt. Dies entspricht in Euro immerhin noch einer Wertsteigerung von rund 9 %.Warum bestehen nun gute Chancen, dass das sogennante Goldilocks-Szenario für Aktienmärkte – ein Zustand, in dem alles passt – auch 2018 Bestand haben dürfte? Der Schlüssel dazu liegt in der durchweg positiven Entwicklung der Weltkonjunktur nebst der Fortsetzung der Niedrigzinspolitik der Notenbanken. Steigende Unternehmensgewinne”Derzeit brummt es weltweit. Wir haben seit vielen Jahren den ersten synchronen Aufschwung, an dem sowohl Industrie- als auch Schwellenländer teilnehmen”, erläutert Engels von Union Investment. “Insgesamt dürfte das Weltwirtschaftswachstum gemessen am Bruttoinlandsprodukt 2018 mit knapp 4 % ähnlich hoch ausfallen wie in diesem Jahr”, prognostiziert Stefan Schneider, Chefökonom für Deutschland der Deutschen Bank. Die weiterhin sehr positive konjunkturelle Entwicklung dürfte weltweit zu steigenden Unternehmensgewinnen führen. Zumal auch die Finanzierungsbedingungen günstig bleiben sollten.Was ist anders im Vergleich zu früheren Zyklen? Normalerweise befördert doch ein starkes Wachstum die Teuerungsrate, was wiederum die Notenbanken mit zum Teil scharfen Bremsmanövern beantworten. “Es gibt deutliche Anzeichen, dass die Inflation niedriger ausfällt als früher”, sagt Engels. Jedenfalls agieren die Notenbanken weltweit weitaus vorsichtiger als früher und wollen, zumal die Risiken an der Inflationsfront gering scheinen, den Aufschwung nicht kaputtmachen. Auch der neue Fed-Chef Jerome Powell, der im Februar 2018 Janet Yellen ablöst, steht für eine vorsichtige, akkommodierende Geldpolitik.Die US-Notenbank dürfte also 2018 ihren Leitzins ausgehend von niedrigem Niveau sehr langsam und vorsichtig erhöhen, aber weit unter früheren Zinssätzen bleiben. Hingegen kauft die EZB ja bis September 2018 weiter Anleihen an. Erst danach könnte ein Abbau der Bilanz beginnen. Somit scheint die erste Leitzinserhöhung in Euroland weit entfernt. Engels meint: “Wahrscheinlich kommt diese erst 2020.” Auch die japanische Notenbank wird ihre Bilanz weiter ausweiten und Anleihen und Aktien aufkaufen. Ein Ende der Geldflut scheint insgesamt damit noch nicht in Sicht, allenfalls eine weltweite Abschwächung. Staatsanleihen meidenDie Politik der Notenbanken hat dafür gesorgt, dass Staatsanleihen in vielen Industriestaaten kaum mehr einen Wert bieten, der sich für Anleger lohnen dürfte. So werfen zehnjährige Bundesanleihen Ende November gerade einmal eine Rendite von 0,35 % ab. Kommt es zu dem von vielen Strategen bis Ende 2018 erwarteten Renditeanstieg auf etwa 1%, wären Verluste die Folge. Auch zehnjährige US-Treasuries gelten bei aktuellen Renditen von gerade einmal 2,35 % eher als Verlustrisiko.Da auch die Verzinsung der Unternehmensanleihen weltweit inzwischen deutlich gesunken ist, bleibt auf der Zinsseite wenig übrig. So favorisiert Union Investment Spezialitäten wie Nachrang- oder Schwellenländeranleihen in Hartwährungen. Denn ein Engagement in Lokalwährungen ist riskant. “Das höhere Zinsniveau in den Schwellenländern erkauft man sich mit höheren Risiken”, meint Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank.Gespannt sein dürfen Anleger, wie sich der Dollar gegenüber dem Euro 2018 entwickelt. Die Strategen der Banken äußern sich eher vorsichtig und erwarten meist eine Seitwärtstendenz. Denn die etwas höheren Zinsen in den USA unterstützen den Dollar und sprechen gegen eine deutliche Aufwertung des Euro. Gelingt es US-Präsident Trump, seine Steuerreform durchzusetzen, könnte dies auch dem Dollar zugutekommen. Europa und Japan favorisiertDie Weltaktienmärkte insgesamt sind zwar nicht mehr billig, gelten aber vor dem Hintergrund der niedrigen Zinsen auch nicht als teuer. Von den Bewertungen her liegt insgesamt keine Blase wie zu Beginn des Jahrtausends vor, gleichwohl es natürlich einzelne Titel gibt, die extrem teuer sind.Favorisiert werden von vielen Häusern vor allem europäische, japanische und Schwellenländeraktien. Denn diese Märkte sind deutlich niedriger bewertet als der amerikanische und profitieren zudem von deutlich steigenden Unternehmensgewinnen. “Euroland und Japan sind mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von etwa 14 nicht teuer”, sagt Engels von Union Investment. Dem deutschen Aktienmarkt dürfte nach Meinung der Deutschen Bank weiterhin seine zyklische Ausrichtung zugutekommen, auch wenn die Kurse dadurch stärker schwanken könnten. Von den verbesserten globalen Konjunturaussichten könnten vor allem Unternehmen mit Hauptabsatzmärkten außerhalb Europas profitieren. Stratege Stephan sieht den Dax Ende 2018 bei 14 100 Punkten. Damit stimmt er mit vielen Experten überein, die 2018 erneut ein gutes Jahr für den Dax erwarten. Hingegen birgt die Bewertung des Dax nach Meinung der Helaba erhebliche Abwärtsrisiken. Für ihr Hauptszenario unterstellen die Helaba-Experten eine Rückkehr des Leitindex in das KGV-Band von 10,5 bis 13. Daraus ergebe sich eine Kursspanne von 10 500 bis 13 500 Punkten.Welche Branchen sollten Anleger nun auf der Aktienseite bevorzugen? Von der boomenden Weltkonjunktur dürften vor allem zyklische, exportorientierte Titel profitieren. Auch könnten Finanzwerten die etwas steiler werdenden Zinskurven zugute kommen. Skeptischer werden Versorger oder auch Immobilientitel gesehen, deren Gewinne allenfalls langsam klettern sollten. Technologie weiter aussichtsreichIm Fokus werden auch 2018 die großen Technologiewerte bleiben, die in diesem Jahr hohe Kursgewinne erzielt haben. Tech-Aktien sind durchaus riskant, werden aber von vielen Strategen weiterhin bevorzugt. “Diese Titel haben zuletzt immer geliefert und zum Teil die Erwartungen sogar übertroffen”, stellt Engels von Union Investment fest. Auch die Deutsche Bank favorisiert für das kommende Jahr neben Finanzen, Industrie und zyklischer Konsum den Sektor Technologie.Risiken? Bestehen auch 2018 natürlich einige wie zum Beispiel auch die Parlamentswahl in Italien. Diese muss spätestens im Mai stattfinden und könnte im Vorfeld für Unsicherheit sorgen. In Deutschland mag auch die Regierungsbildung vorübergehend verunsichern. Geopolitische Risiken gibt es zudem immer. Geht aber alles einigermaßen gut, sollte 2018 erneut ein Jahr der Aktie werden. Schon allein weil es an Alternativen mangelt.