Assekuranz

Hannover Rück enttäuscht Anleger

Nach einem Rekordgewinn im Vorjahr stellt die Hannover Rück für 2023 eine Steigerung um mindestens 20 % in Aussicht. Die Prognose bleibt jedoch hinter der Markterwartung zurück. Die Aktie fällt.

Hannover Rück enttäuscht Anleger

Die Hannover Rück hat mit ihrer am Dienstagabend veröffentlichten Ergebnisprognose für das Geschäftsjahr 2023 für einen Stimmungsdämpfer bei Anlegern gesorgt. Die Aktie des weltweit drittgrößten Rückversicherers, zwischen Ende Juli vergangenen Jahres und Anfang Januar um fast 40% auf ein neues Allzeithoch von 192,70 Euro gestiegen, gab am Mittwoch um 5% auf 176,85 Euro nach und war damit größter Tagesverlierer im Dax.

Die Talanx-Tochter stellte vor einer Investorenkonferenz am Mittwoch in Aussicht, im laufenden Turnus auf Basis der neuen IFRS-17- und IFRS-9-Bilanzierungsregeln und in Anbetracht eines sich fortsetzenden positiven Marktumfelds einen auf mindestens 1,7 Mrd. Euro steigenden Nettogewinn anzustreben. Nach dem laut vorläufigen Zahlen 2022 um 14,2% auf den neuen Rekordwert von 1,41 (i. V. 1,23) Mrd. Euro gestiegenen Gewinn war die Konsensschätzung von Analysten für das neue Geschäftsjahr bislang von einem Nettoergebnis von 1,91 Mrd. Euro ausgegangen.

UBS-Analysten, die bei einem Zwölf-Monats-Kursziel von 182 Euro zum Verkauf der Hannover-Rück-Aktie raten, verwiesen darauf, dass erste Ergebnisprognosen des Rückversicherers häufig vorsichtig seien. Jedoch erscheine die Lücke zwischen dem aktuellen Ausblick und den Markterwartungen außergewöhnlich groß. Bei der Schweizer Großbank sieht man zwei Faktoren als ursächlich für die vorsichtige Haltung an: Die versicherungstechnische Marge für das laufende Jahr werde konservativ gebucht, was eine Auffüllung von Reserven in der Schadenrückversicherungssparte erlauben solle. Zudem würden negative Bewertungsauswirkungen in den Immobilien- und Private-Equity-Portfolios berücksichtigt.

Auch J.P. Morgan, die für Hannover Rück zuversichtlicher gestimmt ist und bei einem Kursziel von 210 Euro ein Übergewichten der Aktie empfiehlt, hob hervor, dass der Rückversicherer seine Ziele üblicherweise vorsichtig ansetze. Die Ergebnisvorgabe von 1,7 Mrd. Euro sei aber mit dem Wort „mindestens“ versehen worden, so die US-Bank. Zudem habe die Hannover Rück das Großschadenbudget für 2023 deutlich erhöht, während zugleich mit einem geringeren Umsatzwachstum gerechnet werde.

Der Rückversicherer gab bekannt, dass das Wachstum des Schadenrückversicherungsportfolios sowie die gestiegene Schadenerwartung aus Naturkatastrophen zu einer Ausweitung des Großschadenbudgets für 2023 von 1,4 Mrd. auf 1,725 Mrd. Euro führe. Auf Basis konstanter Wechselkurse rechnet man in Hannover in diesem Jahr zudem mit einem Wachstum des Rückversicherungsumsatzes um mindestens 5% sowie mit einer Kapitalanlagerendite aus selbstverwalteten Kapitalanlagen von mindestens 2,4%.

Durch die Umstellung auf den Rechnungslegungsstandard IFRS17 für Versicherungsverträge ändert sich die Umsatzdarstellung: Die gebuchten Bruttobeiträge werden durch den sogenannten Versicherungsumsatz ersetzt. Diese Veränderung bewirkt, dass vor allem Rückversicherer und Lebensver­sicherer deutlich geringere Umsatzgrößen zeigen, weil bestimmte Beiträge nicht mehr berücksichtigt werden. Die Hannover Rück gibt an, dass der Versicherungsumsatz 2022 um 25 bis 30% niedriger liege als die gebuchten Bruttobeitragseinnahmen. Diese erhöhten sich im vorigen Jahr den vorläufigen Zahlen zufolge währungskursbereinigt um 12,7% und nominal um 19,9% auf knapp 33,3 Mrd. Euro. Avisiert worden war ein währungskursberei­nigtes Wachstum von mehr als 7,5%.

Die Bruttobeitragseinnahmen übertrafen die Konsensschätzung leicht, der 2022 erreichte Nettogewinn traf die Markterwartungen. Im vorigen Herbst hatte die Hannover Rück infolge der hohen Großschadenbelastung in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres die Ergebnisprognose präzisiert und erklärt, dass der in Aussicht gestellte Gewinnkorridor von 1,4 bis 1,5 Mrd. Euro nur noch am unteren Ende erreicht werde. Im Gesamtjahr sorgten ein unerwartet positives Ergebnis in der Personenrückversicherung sowie eine vor allem von Inflationsanleihen begünstigte Kapitalanlagerendite, die mit 3,2% das Zielniveau des Unternehmens von mehr als 2,5% übertraf, dafür, dass hohe Schadenbelastungen in der Schadenrückversicherung abgefedert werden konnten.

Der Vorstandschef von Hannover Rück, Jean-Jacques Henchoz, erklärte, man erwarte 2023 „dank unserer Position als ertragsstarker und ge­fragter Geschäftspartner“ sowie des attraktiven Marktumfelds vor allem in der Schadenrückver­sicherung erneut einen „erfreulichen“ Nettokonzerngewinn. An der konservativen Reservierungspolitik werde festgehalten. Durch die Umstellung auf die Bilanzierungsregeln nach IFRS 17 und IFRS 9 rechnet der Rückversicherer mit einem „moderaten“ Anstieg der Ergebnisniveaus.

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