Hansainvest muss leichten Rücksetzer hinnehmen
Von Silke Stoltenberg, Frankfurt
Der Fondsdienstleister Hansainvest hat nach dem Rekordjahr 2021 im zurückliegenden Geschäftsjahr 2022 einen leichten Rückschlag erlebt. Wie Jörg Stotz, Sprecher der Geschäftsführung, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung ausführt, ging das verwaltete Vermögen aufgrund der Wertverluste an den Börsen um 1,5 Mrd. Euro auf 53,5 Mrd. Euro zurück. Auch die Zuflüsse lagen mit 2,1 Mrd. Euro unter denen des Vorjahres mit 4,5 Mrd. Euro. „Das vergangene Jahr war wegen der Kapitalmarktentwicklung infolge des Kriegs in der Ukraine, der Inflation und Zinsentwicklung sowie wegen regulatorischer Großprojekte deutlich herausfordernder als 2021“, so Stotz.
Die meisten Zuflüsse in Höhe von 1,3 Mrd. Euro gingen in die Immobilien-Spezialfonds. „Die Immobilienseite hat im Wesentlichen zur Stabilität im vergangenen Jahr beigetragen“, betont Stotz. An zweiter Stelle stand das Nettomittelaufkommen bei Wertpapier-Publikumsfonds mit 500 Mill. Euro. „Damit gehörten wir im Bereich der offenen Wertpapier-Publikumsfonds sogar zu den 16 der insgesamt 50 Anbieter, die überhaupt positive Zuflüsse verzeichnen konnten“, zeigt sich Stotz stolz mit Blick auf die entsprechende Jahresstatistik des deutschen Fondsverbands BVI. Den größten Part vom Kuchen dieser Fondsgruppe hatten die Fondsgesellschaften der Volksbanken, Union Investment, und der Sparkassen, DekaBank, mit 2,3 Mrd. Euro beziehungsweise 1,6 Mrd. Euro abgesahnt, während die Gesamtrubrik der offenen Wertpapier-Publikumsfonds Abflüsse von 8,7 Mrd. Euro verzeichnet hatte.
Ranglistenplatz gehalten
Die Zahl der Fonds, die die Tochter des Versicherers Signal Iduna administriert, wuchs auch dank einiger neuer Überträge von 440 auf 471. Angesichts des im Vergleich zu Wettbewerbern recht guten Neugeschäfts konnte Hansainvest auch den 11. Platz unter den Kapitalverwaltungsgesellschaften halten. Platzhirsch ist Universal-Investment als größter reiner Fondsdienstleister. Auf den vorderen Plätzen finden sich auch die großen Fondsgesellschaften DWS, Union Investment, DekaBank oder Allianz Asset Management. Während deren Kerngeschäft naturgemäß das Portfoliomanagement ist, konzentriert sich Hansainvest auf Auflegung und Verwaltung von Fonds für Assetmanager. Nur bei den Immobilien kümmern sich die Hamburger auch um das Fondsmanagement. Das Fondsmanagement der Spezialfonds übernimmt die Schwester Signal Iduna Asset Management.
Die eine der großen regulatorischen Herausforderungen des zurückliegenden Jahres war für Hansainvest wie für die gesamte Fondsbranche die Umstellung der Fondsdokumente für die Einführung der Nachhaltigkeitspräferenzabfrage in der Anlageberatung im August 2022. „Wir haben wegen der Einstufung unserer Fonds nach der Offenlegungsverordnung im Vorfeld lange Gespräche mit unseren Kunden geführt, um von vorneherein eine realistische Betrachtungsweise zu praktizieren – wir wollten bewusst kein Reputationsrisiko eingehen. Somit mussten wir auch nicht wie andere Anbieter Fonds wieder herabstufen“, erklärt Stotz.
Die jüngste Welle an Herabstufungen bei der Konkurrenz hatte sich um Artikel-9-Fonds mit explizitem Nachhaltigkeitsziel gedreht. Diese wurden auf weniger ambitionierte Artikel-8-Produkte geändert, die Nachhaltigkeitsziele im Fondsmanagement mit beachten. Die Hamburger haben sechs Artikel-9-Fonds unter ihren Fittichen. 84 Produkte haben ein Etikett nach Artikel 8.
Hintergrund der Umgruppierungen von Artikel-9-Fonds waren die erst zu diesem Zeitpunkt klaren Definitionen seitens der Aufseher, welche Bedingungen für die Produkte überhaupt gelten sollen, die zuvor ohne klare Vorgaben im März 2021 durch die Offenlegungsverordnung entstanden waren. Weitere Bewegung in der Landschaft der nachhaltigen Fonds ist zu erwarten, wenn die Wertpapieraufsicht ESMA ihr Vorhaben bis Jahresende umsetzt, für Produkte mit nachhaltigen Begriffen im Namen klare Vorgaben zu machen. „Ich rechne damit, dass es noch zwei bis drei Jahre dauern wird, bis Definitionen und Standards bei nachhaltigen Fonds klar sind“, meint Stotz.
Herkulesaufgabe
Als Herkulesaufgabe bezeichnet Stotz die zweite Umstellung der Fondsdokumente im vergangenen Jahr auf die neuen Basisinformationsblätter nach dem seit Anfang 2023 neuesten EU-Recht (Priips). Hier seien zudem erst Anfang Dezember von der ESMA und der deutschen Finanzaufsicht BaFin letzte Details bestimmt worden. Für dieses große Projekt musste Hansainvest etwa in ihre IT investieren oder neue Datenpools schaffen. Alles in allem beziffert Stotz den Umstellungsaufwand auf 615 000 Euro durch Personal- und IT-Kosten. Weiterer Aufwand im laufenden Jahr sei zu erwarten.
Viel Bewegung gab es im vergangenen Jahr bei alternativen Produkten, da die Investoren sich verstärkt dafür interessieren. Dies umfasst Private-Equity-, Infrastruktur- und Kreditfonds. „Wir haben unsere Strukturen, unsere Mitarbeiterzahl und auch die Tochter in Luxemburg mit Blick auf alternative Investments verstärkt“, berichtet Stotz. Insgesamt aber blieb die Mitarbeiterzahl mit rund 300 stabil. „Ich erwarte, dass auch in diesem Jahr das meiste Geschäft bei Sachwerten und alternativen Assets stattfinden wird und der Wertpapierbereich wächst, aber insbesondere wegen der Zinsentwicklung eher verhalten.“ Das Geschäftsjahr 2023 werde sicher ähnlich schwierig wie das Vorjahr werden, blickt Stotz allgemein nach vorn.
Vom Tisch ist für Hansainvest die Verwicklung in die juristische Aufarbeitung der Cum-ex-Transaktionen. Die bereits im Jahr 2020 gebildete Rückstellung in Höhe von 3,9 Mill. Euro sei aufgelöst worden, erklärt Stotz. An wen Geld gezahlt wurde, will der Hansainvest-Chef mit Verweis auf strikte Vertraulichkeit in der Vereinbarung nicht sagen. Die Summe sei nicht höher ausgefallen als die Rückstellung, verriet er lediglich. Vermutlich dürfte es sich um eine Rückerstattung an das Finanzamt für die mittlerweile als unrechtmäßig eingestuften Steuererstattungen bei Cum-ex-Geschäften handeln. Hansainvest war im bereits beendeten Strafprozess am Landgericht Bonn gegen Händler der HypoVereinsbank und M.M. Warburg als eines von vier weiteren Finanzinstituten zunächst eingebunden gewesen und dann zur Verfahrensbeschleunigung aus dem Prozess entlassen worden.