Harte Fronten bei Abwicklung von Kleinbanken
Harte Fronten bei Abwicklung von Kleinbanken
Rat und EU-Parlament liegen im ersten Trilog über CMDI meilenweit auseinander – Zugriff auch auf nationale Einlagensicherungssysteme ist heiß umstritten
fed Brüssel
Verbales Armdrücken zum Verhandlungsstart: Die Vertreter der beiden europäischen Gesetzgeber – Rat und EU-Parlament – haben sich zum Auftakt der Schlussverhandlungen über die Abwicklungsregeln für Kleinbanken (CMDI) keinen Schritt aufeinander zu bewegt. Ganz im Gegenteil.
Die Verständigung der europäischen Gesetzgeber über die EU-Regeln für die Abwicklung von kleinen und mittleren Banken sowie über die Nutzung von Mitteln aus den nationalen Einlagensicherungsfonds in Krisen (Crisis Management and Deposit Insurance, CMDI) dürfte eine ganz harte Nuss werden. Das deutete sich bereits in der Auftaktsitzung des sogenannten Trilogs, also der Schlussverhandlungen von EU-Parlament und Rat unter Beisein der EU-Kommission, wenige Tage vor Weihnachten an. Wie aus der internen Kurzzusammenfassung der EU-Ratspräsidentschaft hervorgeht, die der Börsen-Zeitung vorliegt, konnten sich die Beteiligten nicht einmal auf die Tagesordnung des Treffens einigen.
Umstrittene Institutssicherungssysteme
Auslöser der Kontroverse waren die unterschiedlichen Positionen darüber, wie die Verhandlungspartner bei den Beratungen über die zukünftigen EU-Vorgaben mit dem Thema der Institutssicherungssysteme umgehen sollen. Institutssicherungssysteme, wie sie beispielsweise von den großen Verbünden der Sparkassen beziehungsweise der Volks- und Raiffeisenbanken in Deutschland unterhalten werden, sind Haftungsgemeinschaften, die vollen Gläubigerschutz gewährleisten.
Entschiedenheit demonstriert
Sowohl die Unterhändler des Rats als auch des EU-Parlaments signalisierten bei der Trilog-Sitzung ihre Entschiedenheit. So unterstrich der ungarische EU-Ratsvorsitz, dass er den EU-Abgeordneten bereits signalisiert habe, mit deren Wünschen nach einer separaten Behandlung des Themas Institutssicherung nicht einverstanden zu sein.
Die Leiterin der Trilog-Sitzung, die Vorsitzende des Wirtschafts- und Währungsausschusses des EU-Parlaments, Aurore Lalucq, wiederum betonte, der EU-Ratsvorsitz möge doch den Mitgliedsstaaten die Botschaft übermitteln, dass das Parlament den Berichterstattern „ein starkes Mandat erteilt habe“. Die Mitgliedstaaten könnten sich darauf einstellen, dass die Unterhändler des EU-Parlaments „in den Verhandlungen eine entschlossene Haltung einnehmen“, warnte die französische Sozialdemokratin. All diese diplomatischen Floskeln lassen schwierige Verhandlungen erwarten.
Beschränkung auf allgemeinen Meinungsaustausch
Nachdem mehrere Vorschläge für das weitere Vorgehen während der Verhandlungen vom EU-Parlament abgelehnt worden waren, beschränkten sich alle Beteiligten auf einen „allgemeinen Meinungsaustausch über den CMDI-Gesetzesentwurf“, also auf die unverbindlichste und allgemeinste Form des Verhandelns.
Die EU-Ratspräsidentschaft bekräftigte, dass der Text, auf den sich die nationalen Mitgliedstaaten als Ausgangsbasis für die Schlussverhandlungen mit dem EU-Parlament geeinigt hatten („Allgemeine Ausrichtung“), „voll und ganz mit den Zielen“ der Gesetzesinitiative übereinstimme. Der Rat hatte sich im Sommer darauf verständigt, deutliche Änderungen am Entwurf der EU-Kommission vorzuschlagen.
Zankapfel Super-Präferenz
Eine der gravierendsten Korrekturen ist, dass der Rat die von der EU-Kommission vorgeschlagene Aufhebung vom „Super-Präferenzstatus“ nationaler Einlagensicherungssysteme wieder streichen möchte. In anderen Worten: Die EU-Kommission drängt im Falle einer Schieflage einer Bank – und eben nicht nur großer Finanzkonzerne, sondern auch kleinerer Institute – darauf, diese Häuser nicht in die Insolvenz zu schicken, sondern abzuwickeln.
Um diese schonende Entsorgung zu finanzieren, sollen die europäischen Abwickler Zugriff auch auf Mittel der nationalen Einlagensicherungssysteme erhalten. Und das geht nur, wenn deren besondere Stellung in der Gläubigerhierarchie fällt. Das EU-Parlament unterstützt die Idee der EU-Kommission, der EU-Rat ist strikt dagegen.
Wenig überraschend wirbt die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) als gemeinsames Forum der Verbände von Sparkassen (DSGV), Volks- und Raiffeisenbanken (BVR), privaten Instituten (BdB), Landes- und Förderbanken (VÖB) und Pfandbriefbanken (VDP) für die Haltung des Rats in der Frage der Super-Präferenz. Die DK appelliert an die Bundesregierung, „die Position des EU-Rats vom Juni 2024 zu unterstützen“, denn diese korrigiere „viele Fehlentwicklungen“. Aus Sicht der DK sei es „essenziell, die Vorrangstellung der Sicherungssysteme in der Gläubigerhierarchie zu erhalten“. Denn dies trage zur Finanzierungssicherheit der Sicherungssysteme und zur Stärkung des Sparervertrauens bei.
Gegen Vergemeinschaftung
Die Deutsche Kreditwirtschaft spricht sich zudem ganz generell „gegen die umfassende Ausdehnung der Abwicklungsregeln auf kleine und mittlere Institute aus, da dies mit erheblichen regulatorischen Belastungen verbunden wäre, ohne Mehrwert für Verbraucherinnen und Verbraucher oder die Finanzstabilität.“ Eine Vermischung von Einlagensicherung und Bankenabwicklung sowie die Vergemeinschaftung nationaler Sicherungsmittel auf EU-Ebene lehnen die Verbände der deutschen Finanzbranche ab.
Crisis Management and Deposit Insurance (CMDI)
April 2023: Die EU-Kommission legt ein Gesetzespaket für Krisenmanagement und Einlagensicherung vor. Es geht darum, dass auch angeschlagene Kleinbanken (nicht nur große Institute) in die Abwicklung geschickt werden sollen statt in die Insolvenz. Zu diesem Zweck ist der Zugriff auf die Mittel nationaler Einlagensicherungssysteme geplant.
April 2024: Das EU-Parlament einigt sich auf seine Ausgangsbasis für den Trilog mit dem Rat. In wesentlichen Elementen stimmen die Abgeordneten mit der EU-Kommission überein.
Juni 2024: Die nationalen Mitgliedstaaten im Rat verständigen sich auf eine gemeinsame Position für die Schlussverhandlungen mit dem EU-Parlament. Sie unterscheidet sich deutlich vom ursprünglichen EU-Kommissionsvorschlag.
Dezember 2024: Erste Trilog-Sitzung, die deutliche inhaltliche Differenzen zwischen den Verhandlungsparteien offenbart.
2025: Der Trilog wird unter polnischem Ratsvorsitz weitergeführt.