Helaba-Vorstand will "alte Prozesse wegschmeißen"
"Alte Prozesse müssen wir wegschmeißen"
Kreditvergabe soll standardisiert werden – Nachhaltigkeit ist ein zentrales Thema
Das Kreditgeschäft der Zukunft, Thema des 5. Symposiums von Börsen-Zeitung und PwC, wird stark durch die Ablösung alter Host-Systeme und die Vereinheitlichung von Abläufen gekennzeichnet sein. Nur so lassen sich Kundenbedürfnisse frühzeitig erkennen und Prozesse effizienter gestalten.
tl Frankfurt
Die gestiegenen Zinsen, der verstärkte Wettbewerb, die umfassende Regulierung und die steigenden Kosten für die Digitalisierung zwingen die Banken, ihre Geschäfts- und IT-Strategie anzupassen und ihre IT zu modernisieren. Für Christian Rhino, Vorstandsmitglied der Helaba, heißt dies konkret, das Geschäftsmodell breiter aufzustellen und effizienter zu machen. Wie er beim 5. Symposium Kreditgeschäft von PwC und Börsen-Zeitung weiter sagte, wird das bei der Helaba im Projekt Helaba-Atlas umgesetzt. In einem ersten Schritt wird im Sommer 2024 das Kernbankensystem durch eine Standard-Software (SAP) abgelöst. Rhino trat im Sinne eines „one size fits all“ vehement für standardisierte Abläufe bei allen Kreditarten ein. „Alte Prozesse müssen wir wegschmeißen.“ Individualität könne im Kundengespräch dargestellt werden. Für den digitalen Workflow greift die Helaba auf die Plattform von Pega zurück. „Der digitale Arbeitsplatz zeichnet sich durch eine moderne, interaktive Benutzerführung und eine jederzeitige Transparenz der Kreditbearbeitungsschritte aus.“
Artverwandte Systemarchitektur
Eine modernisierte IT ermöglicht laut Rhino auch die Hebung von Synergien mit Landes- und Depotbanken. „Es hat sich herausgestellt, dass 65 bis 70% der Systemarchitektur wie SAP artverwandt sind. Dadurch ließen sich Daten von einem System zum anderen leichter migrieren – und so Kosten sparen. Allerdings wies der Helaba-Vorstand darauf hin, dass jede Landesbank ihre eigenen Risikomanagementsysteme habe. Ob bzw. inwieweit es zu einer engeren Kooperation der Landesbanken kommen werde, müssten aber die Anteilseigner entscheiden, betonte Rhino.
ESG zieht sich als Thema durch
Breiten Raum nahm auf dem Symposium auch das Thema ESG ein. Während es Helaba-Vorstand Rhino im Rahmen des neuen Kreditprozesses als Wachstumschance ansieht, ist ESG für Ingrid Spletter-Weiß, Vorständin der Nord/LB, vor allem ein Datenthema. „Für das bisher nicht so im Vordergrund stehende S von ESG müssen völlig neue Daten erfasst werden.“ Einen ESG-Standard gebe es nicht, so dass überhaupt erst festzulegen sei, welche Daten zum Ziel führen und woher sie kommen können. „Der ESG-Datenhaushalt wird mindestens so umfangreich wie bei Finanzdaten.“ Dazu müssten im eigenen Haus erst noch die Kompetenzen geschaffen werden. „Der Aufbau eigener ESG-Kapazitäten ist ein wichtiger Erfolgsfaktor.“ Angesichts der Datenflut stellt sich für Spletter-Weiß die Frage, ob Daten besser und einfacher mit Hilfe von künstlicher Intelligenz ausgewertet werden können. Für Sylvia Wilhelm, Vorständin der Apotheker- und Ärztebank, ist offen, wie gut Umweltdaten (E) in den Kreditprozess integriert sind. „Woher kommen die Daten und wie werden sie verarbeitet? Und was leiten wir daraus ab?“ Bei der Bank legt man großen Wert auf die persönliche Beziehung zwischen Berater und Kunde. „Dafür nutzen wir unsere mehr als 70 Filialen“, sagte Wilhelm. Durch den Austausch könne die Bank ihre Expertise in den lokalen Gesundheitsmärkten stärken.
Umweltdaten gut integriert?