Herkulesaufgabe für Steuerfahnder

Auswertung der Panama Papers: Harte Ergebnisse bisher überschaubar - Diffuse Vorwürfe gegen Banken

Herkulesaufgabe für Steuerfahnder

Pecunia non olet – Geld stinkt nicht, wusste der römische Kaiser und Erfinder der Latrinensteuer, Vespasian (9 – 79 n. Chr.). Geld stinkt doch, meinen Steuerfahnder, die in den Panama Papers akribisch nach Hinweisen auf Straftaten suchen. Ihre Ermittlungsgruppe nennt sich daher sinnigerweise “OLET”. Am Mittwoch wurden erste Zwischenergebnisse präsentiert.Von Bernd Wittkowski, FrankfurtDer hessische Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) nennt es eine “Herkulesaufgabe”: die bisher größte Auswertung eines Daten-Leaks durch eine Steuerverwaltung. Die Rede ist von den sogenannten Panama Papers – vertrauliche Dokumente der in dem mittelamerikanischen Staat ansässigen, inzwischen nicht mehr operativ tätigen Kanzlei Mossack Fonseca, die vor drei Jahren durch Medienveröffentlichungen publik geworden sind und hierzulande später vom Bundeskriminalamt (BKA) unter finanzieller Beteiligung des Landes Hessen angekauft wurden. In einem “Werkstattgespräch” gaben Schäfer, der Frankfurter Oberfinanzpräsident Jürgen Roßberg und der Leiter der beim BKA eingerichteten Ermittlungsgruppe OLET, Armin Wolf, am Mittwoch vor der Presse Einblick in die Arbeit der Fahnder, in die auch die Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft eingebunden ist. Sie berichteten zudem über ihre bisherigen Erkenntnisse.Bei den Panama Papers geht es um die kaum vorstellbare Datenmenge von 3,2 Terabyte, 49 Millionen Dateien mit teilweise bis zu mehreren Hundert Seiten, Informationen über 271 000 Gesellschaften in weltweit 21 Offshore-Regionen – allesamt “wunderbare Reiseziele”, meinte Wolf. Die Informationen betreffen die Zeit von den späten siebziger Jahren bis 2017. Im DIN-A4-Format ausgedruckt und aneinandergelegt würden sich die Dokumente auf 10 290 Kilometer erstrecken, hat der Chefermittler ausgerechnet. Das sei mehr als die Luftlinie von Frankfurt nach Panama City (gut 9 100 Kilometer). Kampf gegen KriminalitätSchon die Überschrift der Pressemitteilung des hessischen Finanzministeriums lässt erkennen, dass im Kontext mit Panama und anderen einschlägigen Papers (auch Paradise Papers, Offshore-Leaks und weitere Datenbestände werden in Hessen federführend für die deutschen Länder gesichtet) von vornherein ein Straftatbestand assoziiert wird: “Wir knüpfen von Hessen aus ein dichtes Netz im Kampf gegen Steuerkriminalität, das immer engmaschiger wird.” Ohne konkret zu werden, nimmt Schäfer auch das Finanzgewerbe aufs Korn: “Sogenannte Compliance-Richtlinien werden bei Finanzdienstleistern, aber auch bei Banken, die im Umfeld der internationalen Offshore-Firmen tätig sind, umgangen oder nur zum Schein vordergründig erfüllt, ohne jedoch ernsthaft betrieben zu werden.” Ausländische Banken bedienten sich nach wie vor der Möglichkeit, für ihre Kunden Geld international zu anonymisieren und Geldbewegungen zu verschleiern.Erst auf Nachfrage räumte Wolf ein, man wolle mit Bezug auf Panama “legale Gestaltungsmöglichkeiten nicht ausschließen”. Und die Frage, ob sich bei den Ermittlungen Verdachtsmomente gegen deutsche Banken und andere Finanzdienstleister, die in Sachen Panama Papers am Pranger standen, bestätigt hätten, blieb unter Hinweis auf das Steuergeheimnis unbeantwortet.Was die harten Ergebnisse der Ermittlungen betrifft, fallen die präsentierten Zahlen aus deutscher Sicht bislang eher überschaubar aus. In 70 Fällen beziehungsweise inklusive schon vorher laufender Verfahren und Selbstanzeigen in rund 150 Fällen seien durch die gewonnenen Erkenntnisse Steuerstrafverfahren eingeleitet oder unterstützt worden. Das bundesweite “steuerliche Mehrergebnis” aufgrund der Auswertung der Dateien wurde mit 4,2 Mill. Euro angegeben. Auf Hessen entfielen 175 000 Euro – kaum mehr als die Hälfte jener 316 000 Euro, mit denen sich das Land am Ankauf der Papiere beteiligte. Anfang April hatte die Nachrichtenagentur dpa-afx unter Berufung auf NDR, WDR und “Süddeutsche Zeitung” berichtet, etwa drei Jahre nach den Enthüllungen hätten Behörden allein in Deutschland rund 150 Mill. Euro an Strafen und Steuernachzahlungen verhängt. Schäfer wollte diese Angaben ausdrücklich nicht bestätigen und bekräftigte die 4,2 Mill. Euro.Der Minister zeigte sich aber überzeugt, dass im Zuge der längst nicht abgeschlossenen Auswertungen auf Jahre hinaus mit weiteren Nachzahlungen zu rechnen sei. Zudem komme es nicht zuletzt auf die Abschreckung an: “Der generalpräventive Ansatz ist nicht zu unterschätzen.” Die Annahme, dass Steuertricksereien irgendwo auf der Welt verborgen blieben, sei durch die Enthüllungen erschüttert worden. Im Übrigen gehe es im Hintergrund von Steuervergehen noch “um ganz andere Straftaten” wie etwa Waffenhandel.