Hürden für kleine Immobilienfonds

Boom lockt weitere Anbieter in das Segment - Etablierte teilen Kuchen bisher weitgehend unter sich auf

Hürden für kleine Immobilienfonds

Ein Jahrzehnt nach der Krise der offenen Immobilienfonds ist die Branche in bester Stimmung. Nicht mehr die Gefahren einer Zinswende, sondern ein Mangel an Objekten und hohe Barreserven treiben die Branche um. Neueinsteiger wollen auch ein Stück vom Kuchen – doch bislang bleiben ihnen nur Krümel.jsc Frankfurt – Das Segment offener Immobilienfonds lässt nach Auffassung der Ratingagentur Scope häufig wenig Spielraum für neue Anbieter. Es sei schwierig, neben den etablierten vier Adressen Union Investment, Deka, Commerz Real und DWS Marktanteile aufzubauen, sagte Analystin Sonja Knorr der Börsen-Zeitung anlässlich der neuen Bewertungsergebnisse. Während etwa Union Investment über ihr Vertriebsnetz der Volks- und Raiffeisenbanken den 2017 gegründeten Wohnimmobilienfonds “UniImmo: Wohnen ZBI” rasch auf mittlerweile 1,6 Mrd. Euro befüllen konnte, hat die Frankfurter KanAm Grund, der ein eigenes Vertriebsnetz fehlt, den seit 2013 aufgelegten “Leading Cities Invest” zunächst nur selten verkauft und erst zuletzt ein Volumen von 377 Mill. Euro erreicht. Erst wenn ein Fonds einige Jahre am Markt bestehe und ein dreistelliges Millionenvolumen aufweise, komme er für Vertriebsstellen in Frage, sagte Knorr.Etliche neue Fonds kommen derzeit hinzu: Die auf Supermärkte spezialisierte Frankfurter Habona, die bisher mehrere geschlossene Fonds aufgelegt hat, startet nun im zweiten Halbjahr mit dem offenen Produkt “Nahversorgungsfonds Deutschland”. Bis 2024 soll der Fonds 500 Mill. Euro auf die Waage bringen. Die Credit Suisse hatte Anfang Mai den Vertrieb für den “Immotrend Europa” gestartet, der neben Büros ebenfalls in Einzelhandels- sowie in Logistikobjekte investieren soll, während die KGAL, die ebenfalls bisher geschlossene Fonds auflegt, kurz nach Jahresbeginn den offenen “Immosubstanz” lancierte und dort auf Büros, Einzelhandel und Hotels setzt. Aus dem Kreis der großen Anbieter wird die DekaBank heute neue Pläne präsentieren.Eine Chance bietet sich neuen Fonds, weil bestehende Produkte wie von Deka Immobilien und Union Investment nur in Kontingenten an Anleger ausgereicht werden und andere Fonds vorübergehend die Schotten geschlossen haben. Größter Fonds, der noch Anlegermittel annimmt, ist der 14,7 Mrd. Euro schwere “Hausinvest” der Commerzbank-Tochter Commerz Real, der im Zuge hoher Zuflüsse trotz großvolumiger Ankäufe eine eher hohe Quote an liquiden Mitteln von 21,9 % aufweist. Das aber belastet die Rendite, denn die Mittel werfen im Niedrigzinsumfeld wenig ab, kritisiert Knorr.Die Fondsgesellschaften spüren das Dilemma deutlich: Der Mangel an geeigneten Immobilien für Ankäufe und die hohen Liquiditätsquoten sind laut Scope die häufigsten Sorgen der Anbieter. Gleichwohl sei es für Neuanbieter schwer, sich etwa im Vertriebsnetz der Volks- und Raiffeisenbanken sowie der Sparkassen einzunisten. Hier dominieren jeweils die verbundeigenen Häuser Union Investment und DekaBank.Der Markt wird bis heute durch die zurückliegende Finanzkrise geprägt. Als im Herbst 2008 zahlreiche Fonds zunächst keine Mittel mehr an Anleger auszahlten und später in die Abwicklung gerieten, verschwanden milliardenschwere Fonds von unabhängigen Anbietern. KanAm war damals mit dem “Grundinvest” betroffen, Credit Suisse mit dem “CS Euroreal”. Neue Fonds, die jetzt ihre Pforten öffnen, erwerben jedoch ausgerechnet in einer Hochpreisphase neue Immobilien. “Der aktuelle Zyklus dauert bereits wahnsinnig lang”, warnt Knorr. Etablierte Fonds haben oft in früheren Jahren Objekte erworben. Auch wenn die gutachterlich geschätzten Werte in den vergangenen Jahren angehoben wurden und im Durchschnitt den Fonds etwa 1 % Wertzuwachs pro Jahr bescherten, sind die bereits vor Jahren gekauften Objekte im Bestand noch immer vergleichsweise günstig bewertet.Um neue Objekte zu finden, werfen viele Anbieter einen Blick auf Wohnimmobilien – doch auch hier haben sich etablierte Anbieter einen Vorteil verschafft. Das Segment setzt Expertise voraus und Teams vor Ort, wie Knorr ausführt. Union Investment habe daher den Schulterschluss mit der spezialisierten Firma ZBI gesucht, um den “UniImmo: Wohnen ZBI” aufzulegen, während Commerz Real nun mit Wertgrund Immobilien zusammenarbeitet, um über den “Hausinvest” in den kommenden vier bis fünf Jahren rund 2 Mrd. Euro in Wohnobjekte zu investieren. Allerdings hat sich seit 2015 mit Industria Wohnen unabhängig von den großen vier Adressen eine Immobilienfirma mit dem heute 323 Mill. Euro schweren “Fokus Wohnen Deutschland” im Segment etabliert; der neue Commerzbank-Partner Wertgrund ist bereits seit 2010 mit dem heute auf 274 Mill. Euro taxierten “Wohnselect D” dabei.Neu gegründete Fonds haben aber einen Vorteil gegenüber etablierten Spielern: Sie haben nach Inkrafttreten des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB) 2013 ausschließlich Anleger an Bord, die sich an Mindesthalte- und Kündigungsfristen halten müssen, während Altanleger innerhalb bestimmter Grenzen ihre Mittel jederzeit abziehen können. Etablierte Fonds haben zum Teil Mittel von Altanlegern in Höhe von bis zu 40 % im Bestand, wie Knorr sagt. Um sich vor raschen Abflüssen abzusichern, benötigen sie somit tendenziell eine etwas höhere Liquiditätsquote, was zulasten der Rendite geht. Gewinner der Niedrigzinsen Abflüsse erscheinen möglich, falls das Zinsniveau deutlich ansteigen sollte, denn dann wären Immobilienfonds im Vergleich zu klassischen Zinsprodukten unattraktiv. Die Ratings der Fonds, die nicht etwa die Ausfallwahrscheinlichkeit angeben, sondern das Verhältnis aus Risiko und Rendite, hängen am vergleichsweise niedrigen Zins – steigt das Niveau, dürften die Ratings durch Scope rasch fallen. Eine Zinswende aber, so schreiben die Analysten, wird nur von einem Drittel der Anbieter zu den größten Risiken gezählt.Derzeit geht es den Fonds gut: Zwar lassen Projektentwicklungen und hochpreisig erworbene Immobilien die Risiken steigen. Neue Objekte haben 2018 im Durchschnitt bereits 127 Mill. Euro gekostet nach lediglich 84 Mill. Euro vier Jahren zuvor. Zugleich sind die Objekte mit einer Quote von 95,8 % nahezu vollständig vermietet. Die Renditeaussichten für 2019 beziffern die meisten Anbieter auf 2,5 bis 3,0 %. Die Finanzkrise liegt weit zurück.