Hypoport baut Marktanteil in Baukreditmisere aus
jsc Frankfurt
Die Vermittlung von Wohnimmobilienkrediten über Vergleichsplattformen bewährt sich inmitten des Einbruchs des Kreditneugeschäfts: Zwar verzeichnete der Kreditplattformbetreiber Hypoport im vergangenen Jahr einen deutlichen Rückgang des Geschäfts, doch schlug sich das Unternehmen dabei etwas besser als der Gesamtmarkt, wie die Gesellschaft anlässlich der Zahlenvorlage für das zurückliegende Jahr am Montag mitteilte.
Die Plattform Europace, die überwiegend vom Baukreditgeschäft lebt, verzeichnete einen Rückgang des vermittelten Volumens um 7 % auf 96 Mrd. Euro. Das separate Privatkundengeschäft mit der Plattform Dr. Klein kommt ebenfalls auf ein Minus von 7 % auf 9,2 Mrd. Euro.
Der Gesamtmarkt sei derweil stärker unter Druck geraten, sagte Firmenchef Ronald Slabke am Montag im Gespräch mit Analysten. So reichte zwar die gesamte deutsche Kreditwirtschaft nach Zahlen der Bundesbank im vergangenen Jahr 257 Mrd. Euro an private Haushalte aus und damit 9% weniger als im Vorjahr. Der Einbruch sei aber tatsächlich höher, weil die Bundesbank die Daten um einige Wochen verzögert erfasst. Wird dieser Effekt berücksichtigt, liege der Rückgang bei etwa einem Fünftel, sagte Slabke. „Die Zeitverzögerung in den Bundesbank-Zahlen verwässert hier den objektiv vorhandenen Marktanteilsgewinn.“ Selbst die Rivalin Interhyp, die Mitte Februar einen Rückgang des vermittelten Geschäfts um 15% auf 29,0 Mrd. Euro meldete, habe nach dieser Rechnung ihren Marktanteil vermutlich ausbauen können, sagte er.
Prognose schockt Aktionäre
Gleichwohl befindet sich Hypoport in Turbulenzen. In der vergangenen Woche schreckte die Gesellschaft die Aktionäre mit der Prognose auf, dass der Umsatz im laufenden Jahr um bis zu 10% fallen könnte und der operative Gewinn (Ebit) um bis zu 30%. Dabei geht das Unternehmen von „einer teilweisen Normalisierung des Immobilienfinanzierungsmarktes im Jahresverlauf“ aus, wie Hypoport am Donnerstagabend ad hoc mitgeteilt hatte. Nachdem die Aktie am Freitag im Zuge der Mitteilung um 17% eingebrochen war, ging das Papier am Montag mit plus 4% auf 116,90 Euro aus dem Handel. Die Gesellschaft spricht rückblickend von einem „turbulenten Jahr“.
Im vergangenen Turnus erwirtschaftete Hypoport einen nahezu stabilen Umsatz von 455,5 Mill. Euro, aber ein halbiertes operatives Ergebnis von 24,7 Mill. Euro. Im vierten Quartal fuhr die Gesellschaft sogar einen Verlust ein. Ein schwaches Geschäft einerseits und Investitionen andererseits belasten das Ergebnis voraussichtlich auch im laufenden Jahr, wie Slabke sagte.
Ihre laufenden Kosten habe die Gesellschaft bereits gesenkt. Die Belegschaft zählt künftig nur noch rund 2300 statt zuvor 2600 Stellen. Im ersten Quartal diesen Jahres sollen die Kosten laut Unternehmen bei 50 Mill. Euro liegen, nachdem sie in allen vier Quartalen des Jahres 2022 jeweils zwischen 55 und 60 Mill. Euro rangierten.
Neben verschiedenen Immobilienkreditplattformen lebt Hypoport auch von der Vermittlung von Ratenkrediten und Versicherungen. Außerdem bietet das Unternehmen im Segment Immobilienplattform digitale Dienstleistungen rund um Immobilien an. Weil die Finanzaufsicht die Bewertung der Objekte per Videobesichtigung zeitweilig untersagte, habe Hypoport unnötig viel Geld in die Hand nehmen müssen, klagte Slabke. Dieses „Regulierungs-Wirrwarr“ und Investitionskosten drückten das Ergebnis der Sparte auf minus 12 Mill. Euro im Jahr 2022.
„Wachstumsmarkt“ voraus
Die aktuelle Talfahrt in der Wohnimmobilienfinanzierung dürfte laut Slabkes Prognose nach vier bis acht Quartalen überwunden sein. Bereits von 2024 an sollten Umsatz und Ebit wieder prozentual zweistellig wachsen, wie er ausführte. Zu den künftigen Treibern zählt das Unternehmen die Zuwanderung, eine wieder anziehende Zahl an Neubauten sowie politisch verordnete Investitionen in Energieeffizienz. Außerdem suchten gerade junge Familien nach Wohneigentum, und der Mietmarkt sei keine Alternative. Slabke: „Wir sind eigentlich in einem Wachstumsmarkt und stehen da am Anfang.“ Auch die Immobilienpreise dürften demnach absehbar wieder zulegen.
Zum Teil wuchs das Geschäft bereits im zurückliegenden Jahr: Über die Plattform Genopace, über die Genossenschaftsbanken Kredite vermitteln, wurden trotz Flaute im Markt 12,7 Mrd. Euro ausgereicht und damit 3% mehr als im Vorjahr. Derweil ging das vermittelte Volumen der Plattform Finmas, die von Sparkassen genutzt wird, um 7% auf 9,0 Mrd. Euro zurück. Die Zahlen deuteten auf ein insgesamt schwächeres Geschäft der Sparkassen im Vergleich zu den Genossenschaftsbanken hin, sagte Slabke. Der Verband DSGV präsentiert am Dienstag Zahlen für die Sparkassen-Finanzgruppe. Der BVR hatte bereits in der vergangenen Woche über ein rückläufiges Neugeschäft berichtet.
Hypoport | ||
Kennzahlen nach IFRS | ||
in Mill. Euro | 2022 | 2021 |
Umsatz | 455,5 | 446,3 |
Kreditplattform | 207,1 | 207,3 |
Privatkunden | 124,7 | 134,9 |
Immobilienplattform | 64,6 | 57,7 |
Versicherungen | 60,6 | 48,1 |
Holding/Überleitung | −1,6 | −1,7 |
Rohertrag | 249,5 | 249,5 |
Bruttoergebnis (Ebit) | 24,7 | 47,7 |
Konzernergebnis | 18,7 | 30,6 |
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