„Wir sind uns einig, dass man etwas tun muss“
IM GESPRÄCH: Hinrich Holm
„Wir sind uns einig, dass man etwas tun muss“
Die Investitionsbank Berlin sondiert Kooperationen mit anderen Förderbanken bei der Transformationsfinanzierung – Neues Fintech-Büro am Start
Von Andreas Heitker, Berlin
Die Investitionsbank Berlin (IBB) sondiert nach Angaben ihres Vorstandsvorsitzenden Hinrich Holm aktuell Kooperationsmöglichkeiten mit den Förderbanken aus Ostdeutschland bei der Transformationsfinanzierung. Wie Holm im Gespräch mit der Börsen-Zeitung erläuterte, sind in die Gespräche auch private Banken, die in der Region tätig sind, sowie der Verband der kommunalen Unternehmen (VkU) einbezogen. „Wir sind uns einig, dass man etwas tun muss“, betonte er.
Holm verwies zur Begründung auf die Größe des Transformationsbedarfs in der Wirtschaft – nicht nur in Berlin. Der Austausch soll nach seinen Worten helfen, die Anforderungen innerhalb der Peergroup abzugleichen, Ideen für die Umsetzung von Ideen für die grüne Transformation in den Unternehmen auszutauschen und natürlich auch mögliche gemeinsame Deals auszuloten.
Auch Verbriefungen ein Thema
Dabei steht bei den Berlinern insbesondere die Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) im benachbarten Potsdam im Fokus. „Die Möglichkeiten der Förderbanken, bei der Transformation aktiv zu werden, sind aufgrund ihrer Struktur sehr verschieden“, erläutert Holm. „Die IBB hat ebenso wie die Investitionsbank Brandenburg auch ein eigenes Geschäft und kann damit die Metropolregion Berlin-Brandenburg gemeinsam unterstützen.“ Es gab nach Angaben von Holm bereits mehrere Treffen. „Wir sprechen dabei auch mit den großen privaten Instituten, wie die Deutsche Bank, die Commerzbank oder BNP“, erläuterte er. „Es geht dabei unter anderem auch um Themen wie Verbriefungen.“
Die IBB rechnet allein für Berlin mit einem Finanzierungsbedarf für die Transformation von knapp 12 Mrd. Euro in den nächsten zehn Jahren. Bis zur anvisierten Klimaneutralität im Jahr 2045 sind nach Berechnungen des Förderinstituts sogar Mehrausgaben von insgesamt 45 Mrd. Euro notwendig. „Da ist auch die IBB zunehmend gefordert“, so Holm. „Mehr als 80% der Finanzierung muss allerdings aus der Privatwirtschaft kommen.“
Debatte um Treuhandkreditfonds
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klima- und Transformationsfonds im vergangenen November hat auch für die IBB, die gerade 100 Jahre alt geworden ist, vieles verändert. „Vor dem Urteil hatten viele Unternehmen auf Fördergelder aus den Klimafonds des Bundes oder des Landes Berlin gehofft“, sagt Holm. Nach dem Urteil seien Darlehensangebote wieder gefragter geworden, was Auswirkungen auf die Rolle der Förderbanken insgesamt habe. „Seither ist mein Terminkalender mehr als voll.“
Ebenso wie die Bundesregierung ringt aber auch das Land Berlin damit, wie die grüne Transformation nach dem Karlsruher Urteil noch unterstützt werden kann. In der Hauptstadt wird die Möglichkeit eines Treuhandkreditfonds diskutiert. Mit diesem soll der Senat ein Darlehen an die IBB vergeben, aus dem die Förderbank dann wiederum Kredite an Unternehmen vergeben könnte. Beim Kreditfonds liege immer die Betonung auf Rückzahlung und Zins, heißt es. In Verbindung mit dem Gegenwert, der durch die Investition entstehe, sei das Instrument schuldenbremsenkonform. Auch Holm verweist auf die Idee des Treuhandkreditfonds. Er stellt zugleich aber klar: „Wir glauben, dass insbesondere kommunale Unternehmen genug Ergebnis erwirtschaften, um die Transformation selbst bezahlen zu können. Die Ertragskraft der Stadtwerke müsste dafür reichen.“
IBB strukturiert die Finanzierung der Rekommunalisierungen in Berlin
Die IBB hat für das Land Berlin bereits bei mehreren Rekommunalisierungen die Finanzierung strukturiert: bei den Wasserbetrieben, den Stromnetzen und zuletzt im Mai beim 1,4 Mrd. Euro teuren Rückkauf der Fernwärme. Das Land kann aktuell außerdem noch die Vattenfall-Anteile des Berliner Gasversorgers Gasag erwerben. Das Problem, auf das Holm aber auch hinweist: Die anderen Anteilseigner Eon und Engie wollen ihre Anteile an der Gasag behalten.
Fintech-Förderung im Fokus
Zu den Fokusthemen der IBB gehört neben der Transformationsfinanzierung und dem sozialen Wohnungsbau auch die sehr lebendige Fintech-Szene der Stadt mit über 160 Unternehmen und 13.000 Arbeitsplätzen. „Berlin hat ein richtig gutes Ökosystem für Start-ups“, sagt Holm, der Berlin als Magnet für Investoren und Unternehmensgründer bezeichnet. „Der Hauptgrund ist meiner Meinung nach, dass die Stadt noch nicht so fertiggebaut ist wie etwa die Finanzmetropole Frankfurt. In Berlin gibt es immer noch viel Raum, um sich zu entwickeln.“ Hinzu komme der starke Wissenschaftsstandort und die kulturelle Offenheit.
Neues House of Finance and Tech
Die IBB eröffnet nun Anfang September – zunächst als alleinige Trägerin – das sogenannte House of Finance and Tech mit einem Büro mitten in Kreuzberg. Es soll nach den Worten von Holm ein Digital-Hub und zentrale Anlaufstelle für die Fintechs werden. „Es soll den Austausch fördern und vor allem den Zugang zu den Behörden rund um Genehmigungsverfahren, Aufsicht, Steuern und Mitarbeitergewinnung bündeln. Auch die Finanzausbildung wird ein Thema sein.“
Die Anschubfinanzierung kommt aus dem Landeshaushalt. Mittelfristig soll der Hub aber ohne Unterstützung auskommen. Ein Förderverein, dem unter anderem Banken und Fintechs angehören, werden Anteile erwerben. Nach Angaben von Holm wird der Ex-Bundesbank-Vorstand Joachim Wuermeling Kuratoriums-Vorsitzender. Und Expertise habe man auch bei der Leitung des Büros gewonnen – mit Sebastian Schäfer, der schon das Techquartier in Frankfurt aufgebaut hat.
Die gerade 100 Jahre alt gewordene Förderbank des Landes Berlin will sich mit weiteren Förderinstituten aus Ostdeutschland verbünden, um dem milliardenschweren Finanzierungsbedarf für die grüne Transformation besser begegnen zu können. Im Fokus der IBB steht aber auch die lebendige Fintech-Szene in der Hauptstadt.