FRAGEBOGEN

"Ich hatte privat noch nie eine Bundesanleihe"

Henning Gebhardt

"Ich hatte privat noch nie eine Bundesanleihe"

Herr Gebhardt, wann und womit haben Sie Ihr erstes eigenes Geld verdient?Mit 14 Jahren. Ich habe Werbezeitschriften ausgetragen.Wofür haben Sie es ausgegeben?Für Basketballschuhe und meine erste LP von Depeche Mode. Damals kamen zum ersten Mal richtige Basketballschuhe auf den Markt, und die waren ganz schön teuer. Es war ein tolles Gefühl, sich die leisten zu können.Was war ihr erstes Investment an den Märkten?Zehn Aktien von Philips. Der Gegenwert betrug knapp 400 Mark. Ich habe sie mit einem Gewinn von insgesamt vier Mark nach einigen Tagen verkauft. Der Preis war ein genervter Kundenberater. Da es ja noch kein Internet gab, habe ich mehrmals täglich bei ihm angerufen und mich nach dem Kurs der Aktie erkundigt.Was war ihr erfolgreichstes Investment?Die Aktien von Fresenius und BASF. Beide habe ich nach der Lehman-Krise gekauft. Ich wurde vor einiger Zeit darauf aufmerksam, welche “Dauerläufer” diese beiden Unternehmen sind. Ich habe die günstige Gelegenheit genutzt und sie seitdem nicht mehr “angefasst”.An welches Fehlinvestment erinnern Sie sich?Ein Optionsschein von Honda. Ich habe mich in den 90er Jahren von der Japan-Euphorie anstecken lassen. Leider war die Rally genau dann vorbei. Das war keine gute Idee, aber hat mir gezeigt, dass man vorsichtig sein sollte, wenn ein Markt “heiß läuft”.Treffen Sie Ihre private Anlageentscheidungen allein, oder beraten Sie sich mit jemandem?Privat alleine, ansonsten bin ich es gewöhnt, im Team zu diskutieren – so kommt man auch zu besseren Entscheidungen. Gibt es eine bestimmte Anlagestrategie, die Sie verfolgen?Ich hatte privat tatsächlich noch nie eine Bundesanleihe. Warum auch? Langfristig sind Aktien den meisten anderen Anlageformen überlegen. Mir ist das Risiko bewusst, und ich kann die Schwankungen sehr gut aushalten. Ich investiere überwiegend in Aktien von Unternehmen, die von einem strukturellen Langfristtrend profitieren. Zudem beobachte ich genau mein eigenes Konsumverhalten. Meist ist das kein schlechter Ratgeber.Welche Kennzahlen sind für Sie wichtig, wenn Sie sich ein Wertpapier näher anschauen?Die Bewertung relativ zum Wachstum ist eine wichtige Kennzahl. Zudem spielen die Dividendenrendite und vor allem die Möglichkeit, die Dividende zu steigern, eine wichtige Rolle. Wirkliche Value-Aktien vermeide ich. Das macht übrigens Warren Buffett genauso. Haben Sie bei der Geldanlage ein Vorbild?Nein, aber ich habe mir genau angesehen, mit welchen Strategien erfolgreiche Investoren Erfolg gehabt haben. Es gibt viele Wege zum Ziel.Ihr Motto beim Investieren lautet?The trend is your friend and never catch a falling knife.Welches Buch sollten Anleger gelesen haben?”Market Wizards” von Jack D. Schwager. Es ist eine Zusammenstellung der erfolgreichsten Strategien. Das Buch ist mittlerweile aber nicht mehr so leicht zu bekommen.Welches Wertpapier oder welche Assetklasse würden Sie auf Jahressicht empfehlen?Nach der Wahl in Frankreich europäische Aktien. Vorher ist die Unsicherheit zu groß, dass Le Pen an die Macht kommt. Sollte das passieren, stehen Europa noch unruhigere Zeiten bevor.Sie haben eine Million Euro und müssen diese mit einem Anlagehorizont von zehn Jahren investieren. Wie würden Sie das Geld anlegen bzw. aufteilen?Zuerst in eine Wohnung und den Rest zu zwei Dritteln in Aktien und einem Drittel in Unternehmensanleihen, global gestreut. Ein bisschen “Homebias” stört aber nicht. Deutsche Anleger sind damit nicht so schlecht gefahren. Die Währungsentwicklung kann einen entscheidenden Einfluss auf den Erfolg haben. Die nächsten zehn Jahre werden für uns Anleger eine große Herausforderung, da sieben Jahre Aufschwung hinter uns liegen, zur Zeit die Zinsen sehr tief sind, sich die globale politische Architektur verschiebt und es viele strukturelle Veränderungen gibt.