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Ignazio Visco 70

bl - Unumstritten war Italiens Notenbankchef Ignazio Visco nie. Dass seine Amtszeit 2017 um sechs Jahre verlängert worden ist, verdankt der gebürtige Neapolitaner vor allem Staatspräsident Sergio Mattarella, der sich beim damaligen Premierminister...

Ignazio Visco 70

bl – Unumstritten war Italiens Notenbankchef Ignazio Visco nie. Dass seine Amtszeit 2017 um sechs Jahre verlängert worden ist, verdankt der gebürtige Neapolitaner vor allem Staatspräsident Sergio Mattarella, der sich beim damaligen Premierminister Paolo Gentiloni für ihn einsetzte. Er wollte damit verhindern, die Zweifel an der Stabilität des italienischen Bankensystems noch weiter wachsen zu lassen.Visco, der am morgigen Donnerstag 70 wird, kann also bis 2023 an der Spitze der Banca d’Italia bleiben. Dabei sind sich Experten einig, dass ihm das Format etwa seiner Vorgänger Tommaso Padoa-Schioppa oder Mario Draghi fehlt. Dem gerade abgetretenen Chef der Europäischen Zentralbank hatte Visco schon als stellvertretender Generaldirektor in Italiens Notenbank stets den Rücken frei gehalten und auch umstrittene Entscheidungen Draghis mitgetragen. Seinem Vorgänger blieb er im Laufe der letzten Jahre immer sehr eng verbunden. Ex-Premierminister Matteo Renzi und viele andere werfen Visco vor, während der Bankenkrise eine schlechte Figur gemacht zu haben und mitverantwortlich für den Zusammenbruch von zehn italienischen Banken zu sein. Er sei seiner Aufsichtspflicht nicht nachgekommen, habe zu spät gehandelt und damit zu einer Verschärfung der Krise beigetragen.Unter Druck stand Visco aber auch von Seiten der bis August amtierenden Populistenregierung aus Lega und 5 Sternen. Auf wiederholte Kritik des Notenbankchefs an der Regierungspolitik reagierte Rom mit einer Einschränkung der Unabhängigkeit der Zentralbank. So wurden etwa die Nominierungsbefugnisse Viscos innerhalb der Banca d’Italia eingeschränkt. Außerdem versuchte die Regierung, Zugriff auf die Goldreserven zu bekommen.Unter der jetzigen Mitte-Links-Regierung hat es Visco da vergleichsweise leicht. Der Vater von drei Kindern unterstützt wie sie den geldpolitisch sehr expansiven Kurs der Europäischen Zentralbank, fordert einen europäischen Schuldentilgungsfonds und eine flexible Handhabung des Stabilitäts- und Wachstumspakts, steht aber klar für die Einbindung des Landes in die Europäische Union und den Verbleib in der Eurozone.Visco ist ein alter Fahrensmann der italienischen Wirtschafts- und Währungspolitik und hat den Großteil seiner Karriere bei der Banca d’Italia absolviert. Nach dem Wirtschaftsstudium an der renommierten römischen La Sapienza promovierte er an der Wharton School in Philadelphia. 1972 kam er zur italienischen Notenbank und wurde dort Chef der volkswirtschaftlichen Abteilung. Von 1997 bis 2002 war er bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in Paris Chefvolkswirt und kehrte anschließend zur Banca d’Italia zurück. 2011 wurde er auf Vorschlag des damaligen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi Gouverneur der Notenbank.