Immobilien sorgen für Stabilität im Portfolio

Defensive Strategien sind weiterhin sinnvoll - Bei opportunistischen Investitionen braucht es Geduld

Immobilien sorgen für Stabilität im Portfolio

In einem politisch und gesamtwirtschaftlich unsicheren Umfeld spielen Immobilien eine wichtige stabilisierende Rolle im Investitionsportfolio. Das gilt auch und speziell in Zeiten nach dem Brexit, Ausgangspunkt jener weltweiten Verunsicherung, die das Jahr 2016 nicht erst seit dem 23. Juni erfasst hat.Das Risikoniveau bei Immobilieninvestments steigt mit den Bewertungen von “Core”. Die Turbulenzen in den Kapitalmärkten könnten renditestärkere Kaufgelegenheiten von notleidenden Verkäufern eröffnen. Das Risiko steigender Zinsen wurde durch die Brexit-Abstimmung größtenteils ausgeräumt. Auf “Spread”-Grundlage scheinen Immobilien gegenüber erstklassigen Staats- und Unternehmensanleihen angemessen oder günstig zu sein. Für Core-Immobilien ist jedoch in einigen Ländern mit schwächeren Fundamentaldaten mit höheren Preisen zu rechnen – eine Verbindung, die in den nächsten zwei bis drei Jahren nicht zu hohen zweistelligen Renditen für Core-Immobilien führen dürfte. Gleichzeitig dürften Performancebeiträge im Bereich von 4 % bis 7 % mit wenig Fremdfinanzierung für viele risikoscheue Investoren ausreichend sein.Es ist noch zu früh, um zu beurteilen, wie oder wo es genau zu Kapitalverknappungen kommen wird. Es ist jedoch damit zu rechnen, dass diese zuerst in Großbritannien und in der EU ans Tageslicht treten werden, die vom Brexit am stärksten betroffen sein werden. Die Sorge um die Liquidität nimmt weltweit zu, insbesondere auf Seiten nervöser Privatinvestoren.Die konjunkturellen, Kapitalmarkt- und politischen Ereignisse des ersten Halbjahres haben die Notwendigkeit defensiver Strategien bestätigt. Unvorhergesehene Ereignisse auf den Kapitalmärkten rollen weiterhin über die globalen Aktien- und Anleihemärkte hinweg. Immobilien sind nicht immun gegen diese starken Kräfte – eine kontinuierliche und verlässliche Versorgung mit Fremd- und Eigenkapital ist notwendig, um die in vielen Ländern seit sechs Jahren anhaltende Steigerung der Immobilienwerte noch ein oder zwei Jahre lang fortzusetzen.Nach der Erholung der Aktien im zweiten Quartal von ihrem Stillstand Mitte Februar und dann nochmals in den zwei Wochen nach dem kurzen Brexit-Einbruch hat die Angst vor einem Denominator-Effekt nachgelassen. Der zaghafte Aufschwung der meisten Large-Cap-Aktien-Indizes deutet darauf hin, dass immer noch viel Kapital auf Immobilien abzielt. Derweil sorgt das “Lower for longer”-Mantra (längerfristig niedrige Zinsen) auf dem Anleihemarkt in allen kapitalintensiven Branchen weiterhin für Turbulenzen. Erstmals in der Finanzgeschichte gibt es in sieben wichtigen Ländern Negativzinsen. Ansturm auf SicherheitZudem wurden die geldpolitischen Lockerungsmaßnahmen der Zentralbanken in der EU und in Japan auf Unternehmensanleihen und andere private Kreditinstrumente ausgedehnt. All das bedeutet, dass Investoren weniger Orte finden, wo sie sichere, positive Renditen erzielen. In der Folge wenden sich Pensionsfonds und Versicherungsgesellschaften langfristigen Anleihen in Australien, Kanada, den USA und bis vor kurzem Großbritannien zu. Diese Länder erscheinen alle attraktiv im Blick auf ihre Fähigkeit, im positiven Bereich zu bleiben. Doch der Ansturm auf Sicherheit lässt die Renditen in diesen Ländern mit positiven Zinsen auf ein historisches Tief fallen. Mehr als 30 % des Universums erstklassiger Staatsanleihen bieten Investoren derzeit keine oder negative Renditen. Diese Situation könnte ebenfalls Druck nach unten auf erstklassige Unternehmensanleihen und Core-Immobilien ausüben.Alles in allem bildet ein Stakkato alarmierender Schlagzeilen den Hintergrund eines risikoscheuen Investitionsumfeldes. Stabile Immobilien auf den wichtigen Märkten werden wahrscheinlich die nach stabilem laufendem Ertrag strebenden Kapitalströme aufnehmen. Es wird etwas Zeit brauchen, bis sich Gelegenheiten mit einem opportunistischen, das heißt höherem Risiko-/Renditeprofil auftun, aber wir glauben, dass diese Gelegenheiten kommen werden. Die neuerliche Herabsetzung der globalen Wachstumsprognosen, der Inflationsrate und der Zinsen in 2016 hat zur Folge, dass das makroökonomische “Triple Low”-Umfeld – geringes Wachstum, geringe Inflation, niedrige Zinsen – noch ein paar Jahre weiter fortbestehen wird. Ein Herabschrauben der Wachstumsprognosen in China, den USA, Großbritannien und Australien trägt zu einer Verlängerung des “Lower for longer”-Umfeldes bei, was im Falle der EU und Japans möglicherweise bis zum Ende der Dekade anhalten kann. Die Einflüsse der MillennialsMit der Zeit werden langfristige Themen wie Demografie, Technologie und Urbanisierung (DTU) eine starke Nachfrage in Bereichen des Lebens, Arbeitens und der Freizeit dynamisieren, in denen Technologie-Unternehmen und Arbeitnehmer aus der Millennial-Generation dominieren. Diese DTU-Treiber könnten jedoch in einigen Ländern “pausieren”, bis der Nebel der Unsicherheit sich lichtet. Die etablierten Märkte sind zudem mittlerweile voll gepreist, das heißt künftiges Potenzial muss heute zum Teil schon mitbezahlt werden. Auf der Angebotsseite gibt es allerdings eine starke Reaktion. Investoren müssen eine Mischung von weniger offensichtlichen DTU-Treibern finden – entweder dadurch, dass sie in die nächste Reihe der Pionier-Bezirke vordringen, oder indem sie vorwegnehmen, wie sich die Haushalte der Millennial-Generation und der geburtenstarken Jahrgänge verhalten, wenn sie in den nächsten Lebensabschnitt eintreten.Die Generation der Millennials hat in den meisten Ländern deutlich mehr als die halbe Strecke auf dem Weg zur Berufsreife zurückgelegt. Die Ersten dieser Generation könnten bereit sein, eine Familie zu gründen oder die Entfernung zwischen ihrem Wohn- und Arbeitsort ein wenig zu vergrößern (selbst wenn man ihre deutlich spätere Bereitschaft zur Bildung eines eigenen Haushalts berücksichtigt). Im gleichen Zuge arbeitet eine alternde Erwerbsbevölkerung der Notwendigkeit folgend oder freiwillig immer länger. In den wohlhabenden Ländern sind die geburtenstarken Jahrgänge von einem Gesundheitswahn besessen, geben aber gleichzeitig immer mehr Geld für Reisen und Freizeit aus, wenn sie es sich leisten können.Alle diese Entwicklungen zeigen sich nun auf den internationalen Immobilienmärkten. Investoren sollten durch Vorgreifen dieser Entwicklungen in der Lage sein, gegenüber Investitionen in vollvermietete Core-Immobilien in gut etablierten Lagen eine Risikoprämie zu erwirtschaften. Obwohl “lower for longer” den voraussichtlichen Exitwert Core-schaffender Strategien in die Höhe treibt, könnte die Vermietung in einem Umfeld langsamen Wachstums schwieriger sein.Eine Folge des risikoscheuen Umfeldes und der sinkenden Renditen für Staatsanleihen ist, dass mehr Core-Immobilienmärkte auf der Welt in die Bereiche “fair value” (angemessen) oder “inexpensive” (günstig) zurückgefallen sind. Gleichzeitig könnten grenzüberschreitende und einheimische Kapitalquellen in vielen Ländern die Bandbreite ihrer Zielinvestitionen aus verschiedenen Gründen verringern.Eine Überprüfung der Finanzindikatoren von Immobilien über fünf, zehn und 20 Jahre zeigt deren Stabilität trotz der drastischen Wertkorrektur in den Jahren 2008 bis 2009. Diese langjährigen Finanzindikatoren von Immobilien, die der Assetklasse einen Platz in den Investmentportfolien der meisten Investoren eingebracht haben, sind sowohl für institutionelle als auch für private Investoren tröstlich. Die Grundlagen von Angebot und Nachfrage scheinen in den meisten großen Märkten mit wenigen Ausnahmen noch immer gut ausgewogen zu sein. Dennoch sind Immobilien untrennbar mit den allgemeinen Kapitalmärkten verbunden. Das bedeutet, dass ein Großteil des Risikos, das Immobilienwerten innewohnt, von der Möglichkeit herrührt, dass festverzinsliche Wertpapier- und Aktienportfolien ihr Spitzenniveau im Blick auf ihre Bewertung ebenfalls beinahe erreicht haben. Ein drastischer Kursverfall anderer Assetklassen würde die Liquidität zum Erliegen und die Immobilienwerte in Gefahr bringen.—Claus Thomas, Deutschlandchef von LaSalle Investment Management