Immobilienaktien - die Alternative zum Objekt-Engpass

Angespannte Angebotssituation macht Direktanlage in Immobilien zu einer anspruchsvollen Aufgabe

Immobilienaktien - die Alternative zum Objekt-Engpass

“Kauft Land, Gott erschafft keines mehr” – dieses Mark Twain zugeschriebene Bonmot könnte als eine Art Bedienungsanleitung für die Asset Allokation inländischer institutioneller Investoren gelten. Durch direkte und indirekte Investments haben diese ihre Immobilienquoten in den letzten Jahren deutlich ausgebaut. Die seit längerem niedrigen, teils negativen Renditen für hoch geratete Euro-Anleihen sind dabei nur einer der Treiber.Für mittelgroße inländische Investoren gibt es aber in der “Operationalisierung” von gut diversifizierten Immobiliendirektinvestments einige Hürden: Nicht nur in Deutschland steht für die Diversifikation der hohen idiosynkratischen Risiken einzelner Direktanlagen aktuell nur eine begrenzte Anzahl von Objekten zur Verfügung, die eine befriedigende Wertbeständigkeit sowie akzeptable Ankaufsrenditen und Weitervermarktbarkeit bieten. Auch wenn das nicht für alle Sektoren und Länder gleichermaßen gilt, kann teilweise von einem “Objekt-Engpass” gesprochen werden. Deutlich steigende Mieten für Wohn- und Logistikimmobilien in Kombination mit historisch niedrigen Leerstandsraten belegen beispielhaft die teils angespannte Angebotssituation. Das ist gut für die Eigentümer, aber anspruchsvoll für Käufer. Transparent, einfach, liquideUm unmittelbar in Bestandsimmobilien investiert zu sein, bieten sich folglich hochliquide, börsennotierte Immobilienaktien an. Sie gewähren einen transparenten, einfachen und liquiden Zugang zur Anlageklasse. Zudem erlauben sie Investoren, die Hürden hoher Erwerbskosten oder regulatorischer Beschränkungen insbesondere bei internationalen Direktanlagen zu überwinden.Immobilienunternehmen, die klar definierte Anforderungen ihrer jeweiligen Aufsicht erfüllen, können die Zulassung zum Listing als REIT (Real Estate Investment Trust) beantragen.In den USA und Deutschland sind die Hauptkriterien für diese Zulassung: Verpflichtende Ausschüttung von mindestens 90 % der Nettoerträge. Mindestens 75 % des Unternehmensvermögens müssen in Immobilien, Hypothekendarlehen oder andere REITs investiert sein. Mindestens 95 % der Unternehmenserträge müssen aus Mieteinnahmen, Kreditzinsen oder Gewinnen aus Immobiliengeschäften (kein Handel) resultieren.Die Lizensierung als REIT befreit die Gesellschaften auf Unternehmensebene von der Steuer. Sie wird daher – überwiegend außerhalb Kontinentaleuropas — von der Mehrheit der Immobiliengesellschaften angestrebt.Immobilienaktien, beziehungsweise REITs stellen eine eigenständige, hybride Anlageklasse dar. Diese verbindet die Wertbeständigkeit und Ertragskraft von Immobilien mit der Liquidität – aber auch der Mark-to-Market-Bewertung und Schwankungsbreite des Aktienmarktes.REITs-Aktionäre sollten folglich eine zusätzliche Risikoprämie für ihr Investment im Vergleich zu einer Direktanlage erhalten. Die nachfolgende Grafik zeigt, dass dies in den letzten 20 Jahren eingetreten ist. Sie stellt die Wertentwicklung des Global Property 250 REITs US-Index im Vergleich zum NPI (NC REIF Property Index TR) zwischen Ende 1998 und 2018 dar. Letzterer bildet die Performance von direktgehaltenen US-Commercial Real Estate Investments institutioneller US-Investoren ab.Wenn niedrige oder negative Renditen wesentliche Treiber für eine verstärkte Allokation in Immobilien sind, gilt es die Sensitivität von REITs auf Zinsveränderungen oder Normalisierung der Geldpolitik der Notenbanken im Blick zu behalten.Steigende Zinsen könnten auf verschiedenen Ebenen Einfluss auf die perspektivische Bewertung und damit auf die zu erwartende Performance nehmen: über die jeweiligen langfristigen Kapitalmarktzinsen auf die Entwicklung der Cap Rates beziehungsweise den Cap Rate Spread auf die Leverage-Kosten in Abhängigkeit zur Verschuldungsrate, Zinsdeckungsquote und Fälligkeit des Fremdkapitals auf die Entwicklung der Mieterträge z.B. über inflationsindexierte VerträgeFür eine Zustandsbeschreibung der Zinssensitivität von REITs bietet sich der Blick auf den US-Markt an. Dieser weist die längste Datenhistorie und größte Informationstiefe auf. Seit dem Taper Tantrum in 2013 hat dort eine gewisse Normalisierung der Zinspolitik eingesetzt.Untersuchungen zur Korrelation zeigen, dass in den letzten 25 Jahren in ca. 87 % aller Fälle steigender US-Treasury-Renditen über einen rollierenden 12-Monatszeitraum die Wertentwicklung von REITs positiv war. Grundsätzlich gilt: In Fällen steigender Renditen aufgrund wirtschaftlicher Prosperität erzielen REITs eine positive Performance.Die Kapitalstruktur von REITs weist im Durchschnitt sowohl niedrige Verschuldungsraten, als auch hohe Zinsdeckungsquoten auf. Die durchschnittliche Restlaufzeit der Verpflichtungen ist seit der Finanzmarktkrise wieder auf das Niveau des letzten Zinserhöhungszyklus der Fed in den frühen 2000er Jahren angezogen. Steigende Renditen sollten daher nicht sofort auf die Entwicklung der Dividenden durchschlagen. Die Dividendenrendite von US-REITs liegt mit 4,2 % aktuell deutlich über derjenigen für klassische US-Large Caps und US-Mid Caps. Dies gilt auch für REITS der EMEA-Region (Europe, Middle East, Africa), deren Dividendenrendite mit 4,8 % diejenige des MSCI Europe (3,8 %) übersteigt.Bleibt zuletzt der Blick auf die Entwicklung der Cap Rates und des Cap Rate Spreads: Die Cap Rates sind über nahezu alle Sektoren seit Beginn der 2000er-Jahre tendenziell rückläufig. Ein Rückgang der Risikoprämie ist über alle Anlageklassen zu verzeichnen und spiegelt die globale Inflations- und demographische Entwicklung wider. Der Cap Rate Spread – also die relative Attraktivität – gegenüber Staatsanleihen hat seit dem deutlichen US-Zinsanstieg beginnend in 2015 abgenommen, liegt aber aktuell mit derzeit ca. 250 Basispunkten noch immer 150 Basispunkte über dem zyklischen Tief aus dem Jahr 2006. In den frühen 2000er Jahren und in der Phase der Finanzmarktkrise lag das Niveau bei über 400 Basispunkte. Wer einen signifikanten Anstieg der US-Zinsen nur in Verbindung mit einer nachhaltigen makroökonomischen Flankierung erwartet, der müsste keine Zins-Bewertungsrisiken für REITs befürchten. Operative Bewertungsrisiken zeigen sich derzeit ebenfalls nicht. Die in der jüngsten Vergangenheit zu verzeichnenden Preissteigerungen bei Commercial Real Estate waren wesentlich durch steigende operative Einkommen unterstützt.Ein weiterer wesentlicher Faktor für die perspektivische Wertentwicklung für REITs ist das Verhältnis des Net Asset Values (NAV) zum aktuellen Börsenwert. Ähnlich der Direktanlage basiert die Schätzung des NAV auf allgemeinen Annahmen, abgeleitet aus einem Multiplikator (Cap Rate) und den verfügbaren Vermietungsinformationen sowie Abstrahierungen auf einen entsprechenden Marktwert aus beobachteten Transaktionen. Abschließend wird noch der Leverage berücksichtigt. Durch hohe idiosynkratische Risiken bei einzelnen Immobilien, lange Verkaufsperioden und hohe Transaktionskosten ist es jedoch nicht sicher, dass dies auch einem realen Verkaufserlös entspricht. Im Gegensatz zu dem hieraus resultierenden “Smoothing-Bias” von einperiodigen Schätzwerten für Direktimmobilien und Fonds führt dies bei der Notwendigkeit täglicher Bepreisung an einem liquiden Markt zu einem deutlichen Unsicherheitsaufschlag und Volatilität. Ende Februar 2019 weisen laut einer S&P Global Market Intelligence – Analyse börsennotierte US-REITs im Durchschnitt einen geschätzten Discount von ca. 7,6 % auf. In einzelne Sektoren finden sich sogar noch deutlich höhere Werte wie beispielsweise bei Regional Malls (ca. 31 %), Office (16 %) und Shopping Center (16 %).Neben dem Charakter eines weitgehend inflationsgeschützten “Income-Investments” weisen REITs somit aktuell auch einen “Value”-Faktor auf.Wer vor dem Hintergrund der angeführten Gründe nunmehr in REITs investieren möchte, kann sich an einer gängigen Immobilienaktienbenchmark wie beispielsweise von FTSE EPRA Nareit oder auch Global Property Research (GPR) orientieren und diese kostengünstig passiv abbilden lassen.Der Global Property Research Global Top 100 Index (GPR Global 100 Index) repräsentiert beispielsweise die 100 liquidesten Immobilienaktien weltweit und deckt damit 70-80 % der globalen Marktkapitalisierung von REITs ab. Dessen Aufteilung in Subindices (America, EMEA, Asia Pacific) erlaubt eine zielgerichtete, zeitnah realisierbare regionale Ausrichtung der Allokation und ermöglicht zugleich auch eine sofortige und ausreichende sektorale Diversifikation über alle Arten der Immobiliennutzungen wie Wohnungen, Handel, Gesundheitswesen, Büros, Logistik oder auch Industrieimmobilien – ein Effekt, der für die meisten Investoren sonst nur über Poolfonds-Lösungen mit zeitlichem Vorlauf und vergleichsweise höheren Kosten realisierbar ist.Für Investoren, die über ein limitiertes Risikobudget verfügen, bietet sich die Kombination eines Basisportfolios aus passiv abgebildeten REITs einzelner Teilregionen mit einer quantitativen, auf modernen Mustererkennungsverfahren beruhenden Risikosteuerung an. Out-of-Sample-Tests belegen eine angemessene Partizipation an der langfristigen Wertentwicklung verbunden mit hohen ordentlichen Erträgen und deutlich reduzierten Volatilitäts- und Draw-Down-Kennzahlen. Carsten Schmeding, Vorstandsvorsitzender, Warburg Invest AG und Jens Pludra, Aktienfondsmanager, Warburg Invest AG