Immobilienfonds auf Rekordkurs

Verwaltetes Vermögen in Coronazeiten so hoch wie nie - Scope setzt Ratings herunter

Immobilienfonds auf Rekordkurs

Die Ratingagentur Scope wertet Immobilienfonds als Stabilitätsanker für Anleger in der Coronakrise. Doch wegen der erhöhten Risiken durch die Pandemie verschlechtern sich viele Ratings.sto Frankfurt – Ungeachtet der Corona-Pandemie befinden sich die offenen Immobilienfonds in Deutschland auf Rekordfahrt. Wie die Ratingagentur Scope Analysis in ihrer aktuellen Marktstudie zu dem Anlagesegment festhält, lag das verwaltete Vermögen der Vehikel per Ende März bei rund 112 Mrd. Euro – und damit so hoch wie nie. Im Gegensatz zu Aktienfonds, die bei den Börsenturbulenzen deftige Mittelabflüsse zu verkraften hatten, gab es bei den Immobilienpendants sogar Mittelzuflüsse von 4 Mrd. Euro im Auftaktquartal. Der positive Trend hat Scope zufolge bis Ende Mai angehalten. Auch mit Blick auf die Performance können sich die Produkte sehen lassen: Während andere Anlagesegmente vor allem im März zum Teil drastische Verluste hinnehmen mussten, blieb die durchschnittliche Performance der offenen Immobilienfonds im ersten Quartal positiv.Trotz der stabilen Lage der Produkte stufte die Ratingagentur ihre Bewertungen aufgrund der gestiegenen Risiken und der gesunkenen Ertragsaussichten für zwölf Fonds herab. “Die Covid-19-Krise ist ohne Zweifel für die Immobilienfonds die größte Herausforderung seit der Finanzkrise”, erklärte Sonja Knorr, Leiterin Alternative Investments. Drei Fonds konnten ihr Rating halten. Das durchschnittliche Rating der Fonds liegt bei “a” – was aus Anlegersicht eine gute risikoadjustierte Rendite erwarten lässt, wie von Seiten Scopes betont wird. Anleihen von Emittenten mit hoher Bonität etwa bringen dem Anleger deutlich weniger ein. Insbesondere Fonds mit Schwerpunkt Einzelhandel und Hotelbranche wurden schlechter bewertet. “Diese beiden Segmente wurden von der Pandemie massiv getroffen, weil monatelang Kunden ausblieben”, sagt Knorr.Die 20 untersuchten Fonds verfügten den aktuellsten Daten zufolge über ausreichend liquide Mittel von durchschnittlich knapp 20 % des Fondsvermögens, das entspricht dem Niveau der Vorjahre. Die im Jahr 2013 eingeführten Mindesthalte- und Kündigungsfristen seien ein wesentlicher Grund für die stabile Liquiditätssituation der Fonds, betont Scope. Diese waren als Folge der Finanzkrise 2008/09 eingeführt worden, nachdem 18 offene Immobilienfonds mit einem Vermögen von rund 26 Mrd. Euro aus Liquiditätsgründen geschlossen und später abgewickelt wurden. “Mit anderen Worten: Die Branche der offenen Immobilienfonds hat es geschafft, das Volumen der abzuwickelnden Fonds mit Mittelzuflüssen in bestehende und neu aufgelegte Fonds nicht nur zu kompensieren, sondern mittlerweile sogar deutlich zu übertreffen”, so Scope. Geringere VolatilitätAngesichts der fortdauernden Mittelzuflüsse gehen die Experten für das laufende Jahr von einer Stagnation bis leichten Steigerung des verwalteten Vermögens aus. Neben den Mindesthalte- und Kündigungsfristen sei die deutlich geringere Volatilität der Anteilspreise offener Immobilienpublikumsfonds im Vergleich etwa zu Aktienanlagen der Grund für die stabile Situation bei den Produkten. Hierfür sorge unter anderem die konservative Bewertungspraxis der deutschen Immobiliengutachter, lobt Scope. Diese stelle auf nachhaltig erzielbare Werte ab und glätte damit Marktausschläge nach oben und unten. Scope erwartet allerdings nicht, dass die außergewöhnlich hohen Mittelzuflüsse des Vorjahres in Höhe von 10 Mrd. Euro in diesem Jahr erreicht werden.Die Nachfrage nach Immobilienfonds ist wegen solider Performancezahlen seit einigen Jahren so stark, dass Anbieter sich gezwungen sahen, die Anteilsausgabe zu reglementieren. Gegenwärtig arbeiten 10 der 20 betrachteten Fonds mit Kontingentierungen und sind damit nur eingeschränkt investierbar.Trotz möglicher Leerstände durch die begonnene Rezession und einen verstärkten Trend zum Homeoffice machen sich die Experten wenig Sorgen um die Zukunft der deutschen Immobilienfonds. Die Covid-19-Krise werde zwar auch den Büroimmobilienmarkt negativ beeinflussen, heißt es. Scope geht aktuell jedoch nicht davon aus, dass die Leerstände im Class-A-Bürosegment dauerhaft ansteigen. Das Risiko steigender Leerstände treffe vor allem auf Immobilien in weniger attraktiven Lagen zu.Die durch Covid-19 ausgelöste Konjunkturkrise hat nach Ansicht von Scope sehr unterschiedliche Auswirkungen auf die einzelnen Immobiliensegmente. Während der Lebensmitteleinzelhandel zu den wenigen Krisengewinnern gehört, leidet der stationäre Einzelhandel besonders im Textilbereich massiv. Der Strukturwandel hin zu E-Commerce beschleunigt sich und wird Scope zufolge zu weiter sinkender Flächennachfrage und niedrigeren Mieten führen. Die Hotel- und Tourismusbranche wurde durch die staatlichen Lockdown-Maßnahmen massiv getroffen. Allerdings dürften die damit verbundenen Einbußen nicht dauerhaft sein. Spätestens für 2022 erwartet Scope in diesem Bereich eine Normalisierung. Die Portfolios der bewerteten Fonds bestehen derzeit überwiegend aus Büroimmobilien (siehe Grafik). Der Nutzungsarten- und Branchenmix der einzelnen Fonds variiert jedoch deutlich. Das bedeute, dass auch die offenen Immobilienfonds den Folgen der Krise unterschiedlich stark ausgesetzt seien, hält Scope fest.Die regionale Aufteilung der Immobilienportfolios hat sich im vergangenen Jahr durch verstärkte Zukäufe in Deutschland deutlich verändert. Der größte Anteil der Ankäufe entfiel auf deutsche Objekte mit 45 % des gesamten Investitionsvolumens (rund 8 Mrd. Euro). Der Anteil der US-Immobilien ging dagegen im Vergleich zum Vorjahr drastisch von 12,6 % auf 3,0 % zurück. Angesichts der Unsicherheiten rund um den Brexit sank auch der Investitionsanteil von Immobilien im Vereinigten Königreich weiter auf 8,6 % von zuvor 10 %. In Bezug auf die Fondsperformance, die 2019 bei im Schnitt 3,1 % lag, rechnet Scope mit einem Rückgang und erwartet sie im Durchschnitt in einem Band zwischen 1,5 % und 2,0 % p. a. Zahlreiche Mieter strebten Nachverhandlungen im Zuge der Covid-19-Krise an, so die Begründung von Scope.Die Fondsmanager selbst sind optimistischer: In der von Scope unter 24 Fondsanbietern durchgeführten Umfrage von Ende März bis Anfang Mai rechneten zwei Drittel mit Performance-Werten zwischen 2,0 % bis 2,5 % in diesem Jahr. Zwei Drittel der befragten Anbieter beurteilten ihre Lage als gut. Kein Anbieter schätzte die Lage hingegen als sehr gut ein. Vor einem Jahr hatten 40 % die Lage als gut und sogar mehr als 40 % als sehr gut eingestuft. “Man sieht deutlich, wie sich die Coronakrise auf die Stimmung der Anbieter niederschlägt”, so Knorr. Neue Angebote kommenIn den vergangenen drei Jahren wurden insgesamt neun offene Immobilienpublikumsfonds neu aufgelegt. Diese Fonds verwalten bereits ein Vermögen von zusammen rund 5 Mrd. Euro. Weitere Produkte sind in Planung: In der Scope-Marktbefragung gab ein Viertel der Anbieter an, in den kommenden drei Jahren neue offene Immobilienpublikumsfonds aufzulegen.