ESMA sieht „hohe Risiken“ aus Bewertung

Anleger fliehen aus Immobilienfonds

Die Anleger ziehen immer mehr Geld aus offenen Immobilienfonds ab. Allein im Juli verzeichnen Publikumsprodukte ein Minus von 729 Mill. Euro, wie die Bundesbank festhält. Die EU-Aufsicht ESMA sieht bereits Risiken für den Sektor.

Anleger fliehen aus Immobilienfonds

Anleger fliehen aus Immobilienfonds

In einem Jahr fließen fast 4 Mrd. Euro ab – ESMA warnt vor Bewertungsrisiken

jsc Frankfurt

Der Druck auf deutsche Immobilienfonds nimmt zu: Im Juli zogen Anleger netto 729 Mill. Euro aus offenen Publikumsfonds ab und damit so viel wie noch nie seit Beginn der Abflussserie vor einem Jahr, wie aus Daten der Deutschen Bundesbank hervorgeht. Seit August 2023 sind damit bereits netto 3,6 Mrd. Euro abgeflossen, nachdem das Segment über Jahre hinweg durchgehend Geld eingesammelt hatte.

Seit der Zinswende 2022 ist das Geschäft der Branche schwierig geworden: Erst verloren offene Immobilienfonds im Verhältnis zu Zinsangeboten an Attraktivität, ehe Abwertungen zunehmend die Renditen nach unten zogen. Insgesamt weisen die Fonds auf Jahressicht bis Ende Juli einen Wertverlust von 0,8% aus, wie der deutsche Fondsverband BVI festhält.

EU-Aufsicht sieht „hohe Risiken“

Die Probleme fallen auch dem EU-Wertpapierregulator ESMA auf. „Verspätete Preisanpassungen können zu drastischen Abwertungen führen“, hielt die Behörde vor wenigen Tagen in einem Risikobericht fest. Insgesamt stellt die Bewertung von Immobilien nach Einschätzung der Aufseher weiterhin ein „hohes Risiko“ für Märkte und Anleger dar. Damit wählt die ESMA die zweithöchste Stufe in einer vierstufigen Risikoskala.

Als Beispiel führen die Aufseher einen nicht genannten deutschen Fonds an, der im Juli einen Wertabschlag von etwa 17% berichtet habe – bekannt ist, dass der „UniImmo: Wohnen ZBI“ kurz zuvor eine „Sonderbewertung“ in gleicher Höhe verbucht hatte. Aber auch andere deutsche Fonds zeigen Probleme. So weisen etwa die Fonds der DWS-Reihe „Grundbesitz“, der „Fokus Wohnen Deutschland“ von Intreal und der „Leading Cities Invest“ von Kanam Grund auf Zwölf-Monats-Sicht negative Renditen aus. Die Immobilientochter der BNP Paribas löst derweil den 2020 lancierten „MacStone“ mangels Masse wieder auf.

Reform brachte Stabilität

Die Abflüsse wären vermutlich deutlich höher, wenn der Gesetzgeber nicht 2013 Mindesthalte- und Kündigungsfristen eingeführt hätte – eine Reaktion auf etliche Fondspleiten nach der globalen Finanzkrise 2008. Ein Großteil der Mittel in offenen Immobilienfonds ist durch eine Kündigungsfrist von einem Jahr gebunden, während Altanleger, die vor der Reform eingestiegen waren, kurzfristig bis zu 30.000 Euro abziehen können.

Das Volumen der Fonds erreicht heute 127,0 Mrd. Euro. Das ist weniger als zum Höhepunkt im Mai 2023, als 132,7 Mrd. Euro erreicht worden waren, aber deutlich mehr als zum Tiefpunkt im Januar 2015, als das Segment nach Fondsabwicklungen auf 77,9 Mrd. Euro geschrumpft war.

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