Immobilieninvestoren schielen auf Infrastrukturprojekte

Heute schon oft als gemeinsame und zusammengehörige Anlageklasse gesehen - Markteintrittsbarrieren bisher sehr hoch - Energiewende als Push-Faktor

Immobilieninvestoren schielen auf Infrastrukturprojekte

Von Quartal zur Quartal wächst die Aufmerksamkeit zum Thema Infrastruktur beziehungsweise Investitionen in diese Hardware. Marktinformationen zu dieser “Asset-Klasse” nehmen gleichwohl nicht in demselben Umfang und derselben Geschwindigkeit zu. Eine faszinierende Gemengelage folglich für diejenigen, die sich als Pioniere in das dabei zu erwartende Rendite-/Risikoprofil vorwagen. Stabilität gesuchtEtliche traditionelle Immobilieninvestoren schielen aktuell auch auf diesen Nachbarzweig und versuchen ein Investmentprofil abzuleiten. In dieser Dynamik spiegelt sich nicht zuletzt die globale Herausforderung aller Investoren auf der Suche nach Stabilität im Portfolio wider, kombiniert mit der Langlebigkeit von Assets und der Erweiterung des traditionellen Investmentspektrums. Das Wort Risikoabsicherung muss an dieser Stelle ebenfalls fallen. Eine ideale Balance zwischen Chancen und Risikobeherrschung, so scheint es.Dabei gilt es allerdings zu Beginn eine vermeintlich einfache Frage zu beantworten: Was ist denn eigentlich Infrastruktur? Schnell wird klar: “Das” Infrastrukturinvestment gibt es nicht. Wir definieren sechs unterschiedliche Infrastrukturcluster, welche die Bereiche Verkehr, Kommunikation, Energie, institutionelle Infrastruktur, soziale Infrastruktur sowie Infrastruktur der Ver- und Entsorgung umfassen. Die Chancen und Risiken stellen sich demzufolge je nach Teilmarkt unterschiedlich dar.Allen gemeinsam ist gleichwohl die Stabilität der erwarteten Cash-flow. Allerdings sind die Markteintrittsbarrieren für Newcomer in diesen Segmenten bisher noch sehr hoch. Wir sind gleichwohl sehr optimistisch, was die weitere Marktentwicklung betrifft. Die Abweichung der aktuellen Immobilienquoten von den Zielallokationen und erst recht von der optimalen Allokation impliziert eine starke Immobiliennachfrage in den kommenden Jahren. Aktuell hilft ein Blick auf die Investitionen in Infrastrukturprojekte: Die Anzahl der aufgelegten Infrastrukturfonds stieg nach 2009 wieder deutlich an, das aggregierte Fondsvolumen blieb über die Zeit hinweg stabil. Ursächlich hierfür sind nicht zuletzt die Ereignisse der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise: So besitzen Infrastrukturinvestments Eigenschaften, die Investoren nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre nun vermehrt suchen: sichere, konstante und langfristig planbare Cash-flows, die von makroökonomischen Zyklen weitgehend entkoppelt sind und nicht mit den Renditen anderer Anlagen korrelieren. Klassische Infrastrukturanlagen wie Mautstraßen, Häfen, Flughäfen oder Telekommunikations- und Energienetze weisen häufig monopolistische oder oligopolistische Strukturen auf und sind fundamental für das Funktionieren einer Volkswirtschaft. Daher sollte die Nachfrage nach diesen Gütern bzw. Dienstleitungen weitgehend stabil und unelastisch sein – daraus resultiren stetige und sichere Cash-flows. Stark regulierte SektorenDer oftmals hohe Grad an Regulierung verspricht ein zusätzliches Maß an Sicherheit in Form staatlich gewährleisteter Erträge. Der Sektor der erneuerbaren Energien (in Deutschland) mit garantierten Einspeisevergütungen ist ein klassisches Beispiel hierfür. Die aus der monopolistischen Struktur resultierende Preissetzungsmacht stellt bei manchen Infrastrukturinvestments darüber hinaus noch einen potenziellen Inflationsschutz dar. Wie hoch die Allokation von Infrastruktur sein sollte, ist von vielen Faktoren wie beispielsweise dem Anlagehorizont, der Zielrendite, der Risikoaversion oder der Risikodefinition abhängig. Daher schwanken die theoretisch ermittelten Infrastrukturallokationen in einer Spanne von 0 % bis fast 50 %. Aufgrund ihrer risikoarmen und diversifizierenden Eigenschaften wird jedoch gerade für konservative und risikoaverse Investoren, die ihre Portfolios in Abschwungphasen vor Wertverlusten schützen möchten, eine Allokation zwischen 10 % und 20 % empfohlen. Einige Investoren, besonders in den USA und Kanada, halten bereits bis zu 15 % oder mehr Infrastruktur in ihren Portfolios und peilen Werte jenseits der 20 % an. Viele Institutionelle – gerade in Europa – sind noch deutlich unterinvestiert und setzen ihre Portfolios einem zu hohem Staatsanleihenrisiko aus. Durch ihre geringe Korrelation mit Staatsanleihen könnte Infrastruktur hier als ergänzendes Asset zur Portfoliodiversifikation beitragen.Oftmals bedarf es eines externen Effektes oder gar epochalen Ereignisses, damit sich ein Markt überhaupt strukturell entwickelt. In Deutschland scheint dies zumindest unter den politischen Entscheidungen nach der Causa Fukushima der Fall zu sein. Sämtliche Kommentatoren und Strategen unterstellen vor allem Investitionen unter der Überschrift “erneuerbare Energien” ein großes Marktpotenzial. Fällt das Stichwort Energiewende, denken die meisten Deutschen primär an den Ausbau von Wind- und Solarenergie. Wahrscheinlich sogar zu Recht, denn diese Objekte sieht man zumeist im Landschaftsbild.Doch das Spektrum an Infrastruktur reicht deutlich weiter. Um die Klimaschutzziele zu erreichen, genügt es nicht, einfach nur mehr regenerative Energie zu erzeugen. Es werden zusätzlich zwei wesentliche Dinge geschehen müssen: Zum einen ist der Umbau des Stromnetzes erforderlich, zum anderen die Zwischenspeicherung der erzeugten Energie. Das heutige Netz ist nicht einmal für die bereits jetzt erzeugten regenerativen Energien optimiert – und bei Weitem nicht alle regenerative Energie kann eingespeist werden, die eingespeist werden könnte. Ein geradezu klassicher Flaschenhalseffekt wird im Jahr 2 der Energiewende sichtbar. Gerade deshalb tut Aufklärung not. Gewaltige Umbau- und Investitionsmaßnahmen kommen auf Deutschland zu. Kommunikation und Transparenz sind dabei die beiden notwendigen Elemente, wenn der Umbau gelingen soll. Denn mit dem Übergang auf eine nachhaltige Energiewirtschaft, die bisher vorrangig auf Windenergie und Photovoltaik beruht, nimmt der Bedarf an Speicherkapazität für elektrische Energie zu, wenn gleichzeitig Kapazität auf der fossilen Seite reduziert werden soll. Den entscheidenden Anteil wird dabei offensichtlich die Windenergie haben. Aber ohne zentrale Speicher ist die Versorgungssicherheit bei unsteten Windverhältnissen nicht gewährleistet. Netze und Energiespeicher stellen damit ein Schlüsselelement bei der Umsetzung der beschlossenen Energiewende dar. Netz muss ausgebaut werdenDas Netz, das wir heute kennen, ist auf eine Versorgung durch vergleichsweise wenige Großkraftwerke ausgerichtet. Es läuft von dort wie eine Einbahnstraße zum Kunden. Im Energiesystem der Zukunft jedoch wird ein Mix aus zentralen und dezentralen erneuerbaren Energien die Energieversorgung sichern müssen. Momentan werden beispielsweise küstenferne Offshore-Windanlagen in der Ost- und Nordsee entwickelt, Onshore-Windparks erfreuen sich zunehmender Beliebtheit in Deutschland, ebenso solarthermische Kraftwerke in Spanien und neue Wasserkraftwerke im Gebirge. All diese Standorte, so unterschiedlich sie sein mögen, haben eines gemeinsam: Sie liegen fernab der Ballungszentren, in die der erzeugte Strom transportiert werden muss. In Norddeutschland machen sich deshalb schon heute häufig Netzengpässe bemerkbar – Speicheranlagen können hier für eine deutliche Entspannung sorgen. Der Strom kann an windstarken Tagen weder vor Ort verbraucht noch über die bestehenden Nord-Süd-Stromleitungen abtransportiert werden. Erfolgt hier der Ausbau der Windkraftkapazitäten, wäre die Einspeisung der zusätzlich gewonnenen Energie ein Problem. Dementsprechend drängt gerade in Norddeutschland ein Ausbau des Höchstspannungsnetzes.In Bayern und Baden-Württemberg wiederum erfordert die steigende Zahl der Photovoltaikanlagen eine Verstärkung des Nieder- und Mittelspannungsnetzes. Gleichzeitig muss das künftige Stromnetz noch stärker vernetzt werden. Unzählige Dächer werden Sonnenstrom erzeugen, ebenso regionale kleine Windparks, Biogas- und Biomasseanlagen. Auch dieser Strom wird nicht vollkommen vor Ort verbraucht werden und verlangt nach einer großflächigen Verteilung, für die ein entsprechendes Netz die Voraussetzung ist. Die logische Konsequenz: Der Aus- und Umbau des Netzes und der Speicheranlagen wird Politik, Wirtschaft und Bürger in den kommenden Jahren vor enorme ökonomische Herausforderungen stellen. Ein Beispiel: 3 600 Kilometer Leitungen mit 380-kV-Spannung müssen nach Angaben der Deutschen Energie-Agentur bis 2020 bundesweit gebaut werden. Allein hierfür fallen jährliche Kosten von etwa 950 Mill. Euro an. Die Gesamtkosten für den Netzausbau werden bis 2020 sogar auf bis zu 50 Mrd. Euro geschätzt.Bereits das wirtschaftliche Ausmaß lässt vermuten: Es ist fast ausgeschlossen, dass diese Investitionen allein von Energieunternehmen und öffentlichen Trägern geschultert werden können. Vielmehr werden sich auch für private Investoren und Anleger in dieser Situation Anlagemöglichkeiten eröffnen. Sie werden den Netzaus- und Umbau mitfinanzieren, beispielsweise über Beteiligungsangebote an Infrastrukturinvestments. Bisher wurde im Zusammenhang mit Infrastrukturkategorien eher über Autobahnen oder beispielsweise Flughäfen gesprochen. Wir gehen davon aus, dass ein neuer Markt stärker in Erscheinung treten wird – der Markt für Energieinfrastruktur. Private und institutionelle Anleger partizipieren dann an den Kosten einerseits, aber auch an den Erlösen aus dem Netzaus- und Umbau andererseits. Auch Immobilienunternehmen und Investoren, die auf Immobilien fokussieren, werden hier eine Rolle spielen.Versicherungen beispielsweise, die in Immobilien als Teil einer diversifizierten Anlagestrategie investieren, sehen bereits heute Immobilien und Infrastrukturinvestments oft als eine gemeinsame, zusammengehörige Anlageklasse an. Insgesamt gilt zwar: Für viele Investoren war das Infrastruktursegment bislang ein Markt, der in Deutschland kaum wahrgenommenen wurde. Dies könnte sich aber nun ändern. Denn jetzt, mit der Energiewende, stehen zwangsläufig umfangreiche Investitionen in die Netze und Speicher an, und das Infrastrukturteilsegment “Energie” könnte zu einem Treiber der Entwicklung werden.