Offenlegungsberichte

Immobilien­risiken bedrohen vor allem Genobanken

Das Szenario eines Preisverfalls am deutschen Immobilienmarkt muss vor allem Genossenschaftsbanken beschäftigen. Sie weisen laut einer Studie von Zielke Research das größte Exposure dort auf.

Immobilien­risiken bedrohen vor allem Genobanken

bn Frankfurt

– Mit einem Verfall der Immobilienpreise droht in Deutschlands Bankensektor den Volks- und Raiffeisenbanken am meisten Ungemach. Sparkassen müssen derweil vor allem eine Rezession und Un­ternehmensinsolvenzen fürchten. Marktturbulenzen wiederum schlügen am deutlichsten bei den großen Privat- und Landesbanken zu Buche, da diese sektorweit den höchsten Anteil an operationellen sowie Marktrisiken aufweisen. Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken dagegen haben vor allem Kreditrisiken auf der Bilanz. Dies sind zentrale Ergebnisse einer Analyse der Offenlegungsberichte für 2020 von bundesweit 110 Kreditinstituten, konkret 58 Sparkassen, 20 Genossenschaftsbanken und 32 großen Privat- und Landesbanken, durch das Researchhaus des selbstständigen Analysten Carsten Zielke.

Der Studie zufolge, deren Ergebnisse der Börsen-Zeitung vorab vorliegen, entfallen bei den Volks- und Raiffeisenbanken durchschnittlich 44% aller Expo­sures mit Laufzeiten von mehr als fünf Jahren auf Risikopositionen im Immobilienmarkt. Bei großen Banken sind es 9%.

Die Situation am Immobilienmarkt ist außergewöhnlich: Jahre einer ultralaxen Geldpolitik haben einen Boom am Immobilienmarkt entfacht. Nach Angaben des Verbands deutscher Pfandbriefbanken (VDP) sind die Immobilienpreise in Deutschland im Schlussquartal 2021 binnen Jahresfrist um 8,4% geklettert, der VDP-Immobilienpreisindex erreichte einen Höchstwert. Der Bundesbank zufolge lagen die Immobilienpreise in den Städten 2021 zwischen 15% und 40% über dem Preis, „der durch soziodemografische und wirtschaftliche Fundamentalfaktoren angezeigt ist“.

Hohe Konzentration

Vor diesem Hintergrund wirken die Exposures mancher Banken in der Tat bemerkenswert. Als die beiden Häuser unter den 110 untersuchten Instituten mit den höchsten Risiken im Immobiliensektor, gemessen an den entsprechenden Exposures mit Laufzeiten von mehr als fünf Jahren, weist die Studie die Sparda-Bank Baden-Württemberg sowie die Sparda-Bank West aus – mit Werten von 76% bzw. 70% (siehe Tabelle).

Aufgrund des hohen Engagements im Immobiliensektor würde ein Anstieg der Zinsen die Risikoaktiva der Volks- und Raiffeisenbanken am stärksten treiben, wie Zielke festhält. Dagegen überraschen gerade die großen Banken, weil sie sich relativ immun gegenüber einem Zinsanstieg zeigen. „Große Banken scheinen sich dagegen gehedgt zu haben“, heißt es in der Studie mit Blick auf das Zinsänderungsrisiko. Überhaupt setzen Sparkassen und vor allem die großen Banken demnach eher auf kurzfristige Finanzierungen bzw. auf Verbriefungen. Große Banken würden dagegen am stärksten unter fallenden Zinsen leiden. Ihre Risikoaktiva würden sich dadurch stärker als bei den Sparkassen und Genossenschaftsbanken erhöhen, weshalb sie mehr Risikokapital vorhalten müssten.

Bei den Sparkassen konzentrieren sich die Risiken dagegen im Unternehmenssektor. Zudem sei ihr Verschuldungsgrad der höchste, heißt es. Sektorweit zeigt indes ein genossenschaftliches Institut den höchsten Anteil an Unternehmensforderungen mit einer Laufzeit von mehr als fünf Jahren: Die GLS Gemeinschaftsbank kommt auf rund 50%. Große Banken haben wiederum bei den operationellen Ri­siken ihre Achillesferse. Bei der Hamburg Commercial Bank entfallen 77,3% der Risikoaktiva auf diese Kategorie, bei der Apobank 74,7%, bei der Aareal Bank 70,8%. Für die Deutsche Bank wird sogar ein Wert von 77,5% ermittelt, allerdings ist dieser im Vergleich zu den anderen Banken überzeichnet. Aus Gründen der Vereinheitlichung hat Zielke Research zudem eine andere Abgrenzung vorgenommen als die sich in unterschiedlichem Ausmaß interner Modelle bedienenden Banken.

Wo deutsche Banken besonders stark engagiert sind1
Banken mit dem höchsten Immobilienexposure (> fünf Jahre)2Banken mit dem höchsten Anteil an Unternehmenskrediten (> fünf Jahre)2
Volks- u. RaiffeisenbankenExposure (%)1Volks- u. RaiffeisenbankenExposure (%)1
Sparda-Bank Baden.-Württ.76,34GLS Gemeinschaftsbank49,72
Sparda-Bank West70,30Berliner Volksbank40,03
Sparda-Bank Südwest65,41VerbundVolksbank OWL31,09
Sparda-Bank München57,94Wiesbadener Volksbank29,26
SparkassenSparkassen
Sparkasse Neuss56,77Sparkasse Bochum40,31
Haspa54,22Sparkasse Bremen36,98
Taunus Sparkasse49,72Sparkasse Osnabrück36,63
Sparkasse Essen49,01Sparkasse Holstein36,31
große Bankengroße Banken
Banco Santander43,12J.P. Morgan AG94,39
HSBC36,72Hamburg Commercial Bank72,92
LBS Südwest25,93KfW (Ipex) 65,53
ING Group18,20Oldenburg. Landesbank61,37
1) Basis: Analyse der Offenlegungsberichte von 110 Instituten für 2020 durch Zielke Research2) Anteil am Gesamtrisiko-Exposure mit mehr als fünf Jahren LaufzeitBörsen-Zeitung
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