Immobilienwirtschaft am Anfang eines neuen Zyklus

Es ist nun auch an den Banken Lösungen zu finden, die das Klimarisiko mindern und eine kohlenstoffarme Zukunft fördern

Immobilienwirtschaft am Anfang eines neuen Zyklus

Zum Herbst 2020 steht der Immobilienmarkt im Zeichen von Covid-19 und der Folgen – mit unterschiedlichen Auswirkungen auf die Teilmärkte und Prognosen für ein herausforderndes Jahr 2021. Gleichwohl haben die Themen Klimawandel und Umweltschutz nicht an Bedeutung verloren. Nachhaltiges Wirtschaften erhält auch durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie neue Dimensionen. Die Krise hat die Bedeutung von Nachhaltigkeit für Anleger sogar noch erhöht. Klare Bedingungen nötigDamit einhergehend ist der Markt für nachhaltige Anlagen bereits stark gewachsen. Auch wenn bereits ein Umdenken eingesetzt hat und erste “grüne” Initiativen Wirkung zeigen – eine übergreifende Lösung wie die Emissionsminderungsziele erreicht werden können, gibt es momentan noch nicht. Es bedarf hierzu klarer Rahmenbedingungen und der Unterstützung aller Stakeholder. Durch sinnvolle Investitionen kann der Immobiliensektor dazu beitragen, die Klimaziele zu erreichen. Wir stehen erst am Anfang eines neuen Zyklus. Auf diesem “grünen” Weg können Banken als Emittent, Berater, Mittler und Mediator die Finanzierung und Kapitalbeschaffung begleiten.Das richtungsweisende Pariser Abkommen hat den Weg für eine Reihe von energie- und klimapolitischen Zielen geebnet, und gleichzeitig das Bewusstsein für die Rolle geschärft, die alle Interessengruppen der Finanzindustrie im Kampf gegen den Klimawandel spielen müssen. Eine Vielzahl politischer Initiativen zielen auf die Immobilien- und Bauwirtschaft ab, um den Ressourcenverbrauch und die Emissionen der Branche zu begrenzen. Damit der Kapitalmarkt seiner Lenkungswirkung auch gerecht werden kann, braucht es intelligente und marktgerechte Regelungen, die bei allen weiteren politischen Vorhaben im Vordergrund stehen müssen. Im Gegenzug muss auch der Immobiliensektor sicherstellen, dass er die Nachfrage der Investoren nach nachhaltigen Geschäftsmodellen erfüllt, um in einer sich wandelnden Welt als attraktive Anlageklasse positioniert zu bleiben. Immobilien bleiben beliebtIn den Portfolien von Pensions- und Investmentfonds sind Immobilieninvestitionen beliebt, da höhere Renditen als am Bondmarkt erzielt werden können. Zudem bieten sie ein stabiles Einkommen und Inflationsschutz. Zusammen mit der anhaltenden Urbanisierung weltweit ist auch das Investitionspotenzial in Immobilien in die Höhe geschossen. Dabei trägt der Gebäudesektor in einem nicht unerheblichen Maße zum Energieverbrauch und damit CO2-Austoß bei. Tatsächlich verbraucht das Bauwesen rund 40 % der weltweiten Energie und trägt bis zu 30 % der globalen jährlichen Treibhausgasemissionen bei. Hier besteht dringender Handlungsbedarf – zumal Investoren, die einen aktiveren Ansatz für das Management von Umwelt-, Sozial- und Governance-Belangen (ESG) signalisiert haben, kohlenstoffintensive Sektoren, wie den Immobiliensektor, stärker unter die Lupe nehmen.Investitionshemmnisse, wie mangelnde Transparenz, geringe Liquidität oder der Mangel an entwickelten Kapitalmärkten in den Schwellenländern kennzeichnen im Weiteren den Sektor. In den Anlagestrategien ist das Schlüsselthema Nachhaltigkeit dabei immer mehr in den Mittelpunkt gerückt. Dieses Bewusstsein kann erhebliche Auswirkungen auf Liquidität und Vermögenswerte haben. Von den Nachhaltigkeitsbestrebungen hängen mithin die Zukunftsfähigkeit und Glaubwürdigkeit der Immobilienwirtschaft als Ganzes ab. Der Immobilienbereich ist bei Natixis einer der vier Schlüsselsektoren der Investmentbank – mit einer soliden und anerkannten Expertise in der Finanzierung der Immobilienwirtschaft. Dies belegt auch seit drei Jahren in Folge der erste Platz als Book-runner für Immobilienfinanzierung in der EMEA-Region im Dealogic-Ranking.Angesichts der Veränderungen in der Immobilienbranche ist nachhaltiges Handeln mehr denn je der oäêkonomischen Vernunft geschuldet. Die Banken und Finanzierer können dies nur indirekt, denn sie bauen keine “green buildings” und renovieren keine Gebäude selbst. Was sie jedoch leisten können, ist Anreize zu schaffen, sei es über “grüne” Immobilienfinanzierungen, bei denen sie ihren Kunden günstigere Konditionen anbieten als bei der Finanzierung herkömmlicher Immobilien, oder bei der Kapitalbeschaffung und der Emission grüner Schuldverschreibungen sowie ökologisch nachhaltiger oder sozialer Pfandbriefe. Natixis emittiert nicht nur selbst, sondern berät und begleitet Kunden dabei eigene “green bonds”, “green loans” oder nachhaltigkeitsgebundene Darlehen zu begeben. Bei den VorreiternIn der grünen und nachhaltigen Finanzierung von Immobilien nimmt Natixis eine Vorreiterrolle ein. Aktuell hat die Pfandbriefbank im Dezember 2019 die Fremdfinanzierung für den Erwerb des Hochhausprojektes “Senckenberg-Turm” im Frankfurter Westend durch die NAS Invest in Höhe von 160 Mill. Euro arrangiert. Die Fertigstellung des 106 m hohen “grünen” Turms im bekannten Senckenberg-Areal wird 2021 erwartet. Mit dem für 2021 anstehenden Umzug ins “grüne” Bürohaus “21 West” im Senckenberg-Quartier lebt die Bank selbst ihr Engagement für Klima und Umwelt. Regional fördert die Natixis Pfandbriefbank zudem den nachhaltigen Umgang mit Ressourcen und unterstützt in einer mehrjährigen Patenschaft den Erhalt der Biodiversität auf dem Frankfurter Lohrberg.Als Pionier auf dem Markt für Verbriefungen von umweltfreundlichen Immobilien hat die Bank bereits im Juli 2017, in Zusammenarbeit mit Ivanhoé Cambridge und Callahan Capital Properties, die erste durch eine gewerbliche Hypothek gesicherte Verbriefungstransaktion im Bereich der umweltfreundlichen Immobilien ausgegeben. Die Transaktion umfasste eine grüne, spezifische Tranche von 72 Mill. Dollar zur Finanzierung eines Hypothekendarlehens von 358,6 Mill. Dollar, das Ivanhoé Cambridge für den Erwerb der 85 Broad Street im New Yorker Finanzbezirk Wall Street zur Verfügung gestellt wurde. Die Ratingagentur für nachhaltige Investitionen oekom research AG überprüfte alle hypothekarisch gesicherten Wertpapiere und bestätigte die Ausrichtung der Transaktion auf grüne Prinzipien. Das Gebäude selbst verfügt zudem über ein LEED-Zertifikat in Platin für die Einhaltung von Umweltkriterien. Innovative WegbereiterDas Jahr 2020 war maßgeblich für Umwelt-, Sozial- und Governance- (ESG)-Strategien im gesamten Finanzsektor. Klar ist, dass Banken bei allen Geschäftsaktivitäten übergeordnete nachhaltige Ziele inte-grieren und gewährleisten müssen. Als einer der Vorreiter im Finanzsektor unterstützt Natixis diese Vorhaben mit Margensenkung durch die Einführung des grünen Gewichtungsfaktors (Green Weighting Factor, GWF). Der innovative interne Mechanismus weist Kapital zur Finanzierung von Geschäften auf der Grundlage ihrer Klimaauswirkungen zu. Im Rahmen dieses Mechanismus werden die analytischen risikogewichteten Aktiva (RWA) bei grünen Geschäften um bis zu 50 % reduziert, während die analytischen RWA von Anlagen, die negative Auswirkungen auf Umwelt und Klima haben, um bis zu 24 % erhöht werden.Der GWF wird sich daher auch auf Immobilieninvestitionen und -finanzierungen auswirken und die Entwicklung hin zu nachhaltigeren und kohlenstoffarmen Projekten fördern. In Deutschland wird dies über Natixis eigene Hypothekenbank, der Natixis Pfandbriefbank AG, erfolgen, die Pfandbriefe in erster Linie zur Refinanzierung von gewerblichen Immobilien emittiert. Pfandbriefe können so ausgestaltet sein, dass sie einzig zur Finanzierung nachhaltiger Projekte beitragen. Unser Versprechen, den ökologischen Übergang zu unterstützen, schließt die Entwicklung des “Green and Sustainable Hub” ein. Das Ziel des Green Hubs ist, Innovationen zu fördern und Kunden in ihrem ökologischen und sozialen Umstellungsprozess zu unterstützen.Die europäischen Länder sind im Bereich Environment Social Governance sicherlich federführend. Investoren und Regierungen treiben Initiativen zur Förderung von grünen Finanzierungen und nachhaltiger Immobilienentwicklung voran. Die ersten Schritte sind gemacht. Damit die zarte Pflanze nachhaltig wächst und gedeiht und wir die im Pariser Abkommen festgelegten Ziele erreichen, muss jedoch noch viel mehr für die Entwicklung der grünen Wirtschaft getan werden.In dem Maße, wie nachhaltige Geschäftspraktiken zu einer Priorität für Investoren werden, kann der Bedarf an zukunftsfähigen Immobilieninvestitionen zum Katalysator für die Integration von Nachhaltigkeit in das Herzstück des Sektors werden. Es wird sich zeigen, ob die Interessenvertreter aller Ebenen sich auf die Entwicklung und Umsetzung ökologisch nachhaltiger Anlagemöglichkeiten konzentrieren. Ein zentraler Baustein von nachhaltigen Finanzen sind entsprechende Finanzprodukte. Es ist nun auch an den Banken, neue Wege aufzuzeigen und die richtige Struktur für Immobilienfinanzierungs- und Investitionslösungen zu finden, die dazu beitragen, das Klimarisiko zu mindern und eine kohlenstoffarme Zukunft zu fördern. Dirk Brandes, Vorstandsmitglied der Natixis Pfandbriefbank AG