IM BLICKFELD

In Italien kommen immer mehr faule Kredite auf den Markt

Von Thesy Kness-Bastaroli, Mailand Börsen-Zeitung, 5.7.2017 Zwar kann Italiens Bankenproblem Numero Uno, die Non-Performing Loans (NPL), noch nicht im laufenden Jahr gelöst werden. Beim Bankenfachverband ABI wird erwartet, dass man das Phänomen der...

In Italien kommen immer mehr faule Kredite auf den Markt

Von Thesy Kness-Bastaroli, MailandZwar kann Italiens Bankenproblem Numero Uno, die Non-Performing Loans (NPL), noch nicht im laufenden Jahr gelöst werden. Beim Bankenfachverband ABI wird erwartet, dass man das Phänomen der NPL in drei bis vier Jahren voll in den Griff bekommen wird. Dabei ist derzeit zweifellos Bewegung in den Markt gekommen.So soll der Bankenrettungsfonds Atlante in Kürze 27 Mrd. Euro Netto-NPL der Krisenbank Monte dei Paschi di Siena übernehmen. Auch sollen rund 18 Mrd. Euro ausfallgefährdeter Kredite bei den beiden Problembanken Banca Popolare di Vicenza und Veneto Banca in den nächsten Wochen in eine Bad Bank ausgegliedert werden. Zudem gibt es bereits Banken, die mit dem NPL-Handel bestens verdienen. Etwa die kleine Banca Ifis aus Mestre bei Venedig oder aber die Bad Bank SGA von Banca di Napoli. Während 2016 nach Schätzungen der Berater von PricewaterhouseCoopers (PwC) NPL im Werte von 30 Mrd. Euro ausgegliedert wurden, schätzen Experten den Markt 2017 auf 70 bis 80 Mrd. Das ist weit mehr, als noch zur Jahreswende mit 50 Mrd. Euro angenommen wurde.In einer Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft EY werden die überfälligen Kredite der italienischen Banken per Ende September 2016 mit 329 Mrd. Euro angegeben. Davon gelten 198 Mrd. Euro als notleidend. Seitdem dürften diese Zahlen leicht zurückgegangen sein. Sie sind nach einem zehnjährigen Aufwärtstrend 2016 erstmals rückläufig gewesen. Die Netto-NPL sind 2016 von 87 auf 78 Mrd. Euro gesunken. Im laufenden Jahr hat sich die sinkende Tendenz den jüngsten Angaben der Banca d’Italia zufolge verstärkt.Den Start machte im laufenden Jahr Unicredit. Mit der Ausgliederung von bis zu 18 Mrd. Euro, die noch großteils von der 2008 übernommenen römischen Bank Banca Capitalia stammten, sorgte Unicredit-Chef Jean Pierre Mustier für reinen Tisch. Die 27 Mrd. Euro NPL, welche Monte dei Paschi di Siena zu einem geschätzten Preis von 29 % des Nominalwertes an den Bankenrettungsfonds Atlante ausgliedern soll, waren bereits von Branchenkennern vorausgesagt worden. Nicht aber die 18 Mrd. Euro, welche die beiden Volksbanken vom Veneto und Vicenza in eine Bad Bank übertragen werden. Diese soll dann vom Staat geführt werden. Weitere ausfallgefährdete Kredite der beiden Banken sollen ab 2017 von Intesa Sanpaolo übernommen bzw. in deren Bad Bank von Banco di Napoli transferiert werden. Neben diesen beiden Großoperationen sind jedoch noch zahlreiche andere in der Pipeline. Wie etwa die 10 Mrd. Euro NPL der Rev, der Bad Bank der vier mittelitalienischen Banken (Banca Marche, Banca Etruria, Carifer und Carichieti). Diese wurden vor zwei Jahren in eine Good Bank (die von Ubi Banca zum symbolischen Preis von 1 Euro übernommen wurde) und eine Bad Bank (Rev) gespalten. Auch die Krisen-Sparkassen von Rimini, Cesena und S. Miniato werden mindestens 2,5 Mrd. Euro ausfallgefährdeter Kredite abgeben. Angeblich soll Atlante auch diese NPL übernehmen. Auch die Sparkasse von Genua (Carige), die erst kürzlich eine Kapitalerhöhung von 500 Mill. Euro beschlossen hatte, muss den Abbau der NPL beschleunigen. Das hat die EZB gefordert. 2,4 Mrd. Euro sollen noch in diesem Jahr ausgegliedert werden, nachdem erst kürzlich 950 Mill. Euro NPL verkauft wurden.Aber nicht bei allen Banken ist Eile mit dem Abbau ihrer ausfallgefährdeten Kredite geboten. Intesa Sanpaolo lässt sich Zeit. 2017 sollen 2 Mrd. Euro NPL an einen Fonds abgegeben werden. Der Preis soll sich auf den in der Bilanz festgesetzten Preis der NPL einpendeln. Banco BPM hat kürzlich der Fondsgesellschaft Algebris 693 Mill. Euro Brutto-NPL gegeben. Algebris zählt zu den aktivsten Käufern von NPL in Italien. Damit hat die Fusionsbank Banco BPM seit 2016 rund 2,5 Mrd. Euro abgetreten. Bis 2019 sollen weitere 8 Mrd. Euro NPL abgetreten werden. Schließlich hat auch Credito Valtellinese den Verkauf von 1,5 Mrd. Euro NPL im laufenden Jahr angekündigt.Die Voraussetzungen dafür, dass der Markt in Bewegung kommt, sind gegeben. Doch das ausschlaggebende Wort wird von der EZB gesprochen, welche die verschiedensten Ausgliederungspläne der italienischen Kreditinstitute noch absegnen muss. Auch herrscht derzeit für die einzelnen abzugebenden Kredite ein großes Preis-Wirrwarr. Es gibt NPL, welche von Immobilien garantiert werden und die zu einem Preis von 41 bis 43 % abgegeben werden. Aber andere NPL müssen sich mit einem Preis von unter 30 % begnügen.Derzeit sind mehrere Initiativen zum Abbau der notleidenden Kredite im Gang. EY testet derzeit eine elektronische Sekundärmarkt-Plattform für notleidende Kredite in Italien. Diese Plattform wurde von der Forderungsbörse Debitos entwickelt. EY Italien plant eine Kooperation mit Servicing-Dienstleistern wie der Debitos GmbH einzugehen, um offene Forderungen schnell und transparent zu verkaufen. Angeblich seien die Kreditportfolien dadurch innerhalb von drei bis acht Wochen handelbar, gegenüber drei bis acht Monaten im üblichen, traditionellen Verfahren.Zu den Protagonisten im Handel mit NPL zählt auch Banca Ifis aus Mestre (Venedig). Die von Egon Fürstenberg gegründete und von Giovanni Bossi geleitete, börsennotierte Bank mit einer Börsenkapitalisierung von 1,9 Mrd. Euro ist auf das Kreditgeschäft spezialisiert. Ifis Banca zählt zu den größten unabhängigen Plattformen für NPL in Italien und hat im Vorjahr ihren Gewinn auf 688 Mill. Euro im Jahresvergleich vervielfacht. Allein seit Jahresbeginn hat Ifis Banca NPL im Wert von 2 Mrd. Euro übernommen und in den letzten Tagen notleidende Kredite in Höhe von 250 Mill. Euro verkauft. Auch die Bad Bank des Banco di Napoli (SGA) macht mit notleidenden Krediten gute Geschäfte. Roberto Romagnoli, Chef der SGA, gilt als Goldjunge des italienischen Bankgeschäfts. Denn es ist ihm gelungen, von 6,3 Mrd. Euro notleidenden Krediten 5,6 Mrd. Euro einzutreiben. Experten erwarteten ursprünglich, dass nur Kredite bis zu 2,5 Mrd. Euro eingetrieben werden konnten. Die SGA wird nun auch einen Teil der Bad Loans der beiden Volksbanken aus Venetien übernehmen.