ING Deutschland fährt Risikovorsorge hoch
ING fährt Risikovorsorge hoch
Geringere Zinseinnahmen und höhere Kosten drücken Gewinn um 14 Prozent – Bank erzielt dennoch zweitbestes Ergebnis
fir Frankfurt
Die ING hat 2024 weniger verdient als im Jahr zuvor. In Deutschland fiel der Gewinn um 14% niedriger aus, weil die Kreditrisikovorsorge stieg und der Zinsüberschuss schrumpfte. Der neue CEO Lars Stoy gab sein Debüt und setzt auf Kontinuität.
Die ING Deutschland hat im vergangenen Jahr 14% weniger verdient, aber das nach eigenen Angaben zweitbeste Ergebnis der 60-jährigen Unternehmensgeschichte eingefahren. Im Vergleich mit dem Rekordjahr 2023 gab der Vorsteuergewinn auf 2,2 Mrd. nach, was vor allem dem Treiber Risikovorsorge geschuldet gewesen sei, wie Finanzvorständin Nurten Erdogan am Donnerstag in der Bilanzpressekonferenz in Frankfurt ausführte.
Sie präsentierte die Jahreszahlen zusammen mit dem neuen Vorstandschef Lars Stoy. Der Ex-Deutschbanker hat am 1. Januar die Nachfolge von Nick Jue angetreten, der den Vorstandsvorsitz der NIBC Bank in Den Haag übernommen hat.
Fast 10 Millionen Kunden
Der ist im vergangenen Jahr knapp an dem für 2025 angepeilten Ziel von 10 Millionen Kunden in Deutschland vorbeigeschrammt. Nachdem netto gut 570.000 Kunden hinzugewonnen worden seien, zähle ING hierzulande aktuell insgesamt 9,9 Millionen. Die Zahl der Hausbankkunden, also jener, die ein Girokonto mit monatlichem Geldeingang plus mindestens ein weiteres Produkt der ING nutzen, stieg um 290.000 auf 3 Millionen.
Den Wachstumskurs will Stoy fortsetzen. Zum einen möchte er weitere Menschen von der ING überzeugen, zum anderen die Kundenbeziehungen vertiefen. Wie bisher seien beispielsweise Zinskampagnen geplant, die sich bewährt hätten, um neue Kundschaft zu bekommen. „Das hat gut geklappt in der Vergangenheit, und wir sehen überhaupt keinen Grund, das zu verändern.“
App als „Dreh- und Angelpunkt“
Prozesse sollen verstärkt digitalisiert und so die Kundenzufriedenheit durch gänzlich friktionsloses, schnelleres und bequemeres Banking erhöht werden. „Wir sind fest davon überzeugt, dass die App künftig Dreh- und Angelpunkt der Kundenbeziehung werden wird“, sagte Stoy.
Neue Möglichkeiten böte Personalisierung, indem auf Data Analytics und KI zurückgegriffen werde. Wohin die Reise geht, führte er am Beispiel der sogenannten Mobile Primary Customer aus, die ihre Bankgeschäfte über mobile Geräte abwickeln. Gehörten in den Niederlanden 50% der ING-Kunden dazu, so seien es in Deutschland nur rund 25%. „Wir haben immer gesagt, die App ist die neue Bankfiliale. Es wird intensiv daran gearbeitet, das hinzubekommen“, so Stoy.
Provisionsüberschuss legt zu
Nach dem Rekordjahr 2023, das von einem hohen Zinsüberschuss und niedriger Risikovorsorge geprägt war, fiel das Ergebnis nun deutlich niedriger aus. Daran änderte auch der Anstieg des Provisionsüberschusses um 22% auf gut 500 Mill. Euro nichts. Als Gründe für den Zuwachs nennt ING höhere Volumina an vermittelten Baufinanzierungen durch die Tochter Interhyp, mehr Wertpapiertransaktionen sowie höhere Erträge im Firmenkundengeschäft.
Zinsaufwand schießt hoch
Der Zinsüberschuss lag den Angaben zufolge mit 3,56 Mrd. Euro um 4% unter dem Rekordwert von 2023. Die Zinserträge stiegen zwar um gut ein Zehntel auf 10,9 Mrd. Euro, doch die Anhebung von Zinsen auf Spareinlagen trieben die Zinsaufwendungen um 20% auf 7,3 Mrd. Euro.
Zu möglichen Zukäufen, wie sie Konzernchef Steven van Rijswijk jüngst in Deutschland und anderen Ländern Europas ins Spiel gebracht hatte, sagte Stoy, in erster Linie organisch wachsen zu wollen. „Wenn es denn auf dem Weg mal Opportunitäten gibt, die unsere Strategie arrondieren würden, dann würden wir uns das ansehen und möglicherweise auch umsetzen. Plan A ist aber organisches Wachstum.“
Konzern verdient weniger
Im Gesamtkonzern fiel der Gewinneinbruch nicht gar so hoch aus. Vor Steuern verdiente ING mit 9,3 Mrd. Euro 11% weniger als 2023, nach Steuern mit 6,4 Mrd. Euro 12% weniger. Die Gesamterträge hielten die Niederländer trotz geringerer Zinseinnahmen bei 22,6 Mrd. Euro stabil. Den Provisionsüberschuss steigerten sie um 11,5% auf nun 4 Mrd. Euro. Die Risikovorsorge nahm auf 1,2 Mrd. Euro zu, mehr als das Doppelte des Vorjahres (520 Mill. Euro), und die Kosten erhöhten sich um 5% auf 12,1 Mrd. Euro.
Zufrieden zeigte sich van Rijswijk: „Wir freuen uns über unsere guten Ergebnisse", ließ er sich in einer Mitteilung zitieren. Dabei verwies er unter anderem darauf, das Wachstum beschleunigt und die Erträge diversifiziert zu haben sowie Pläne zu Verbesserung der Effizienz stetig voranzutreiben.