Instituten fehlen Datenanalyse-Fähigkeiten
bg Frankfurt
– Die Banken stehen weiterhin vor nicht unbeträchtlichen Hürden im digitalen Banking. Wie dem „World Retail Banking Report 2022“ von Capgemini und Efma zu entnehmen ist, ist eine Mehrheit der Führungskräfte in den Instituten besorgt über ungenügende Datenanalyse-Fähigkeiten. Das ist ein Problem, da sich 75% der Teilnehmer der Kundenstudie weltweit (70% der deutschen Teilnehmer) von kostengünstigen und durchgängigen Angeboten der Fintechs angezogen fühlen, die damit die Messlatte für das Digitale-Bank-Erlebnis hochlegen würden, heißt es in einer Mitteilung zur Studie. Und da die traditionellen Institute den Banking-Bedürfnissen der digitalen Kundschaft derzeit nicht entsprechen können, sind sie mit erhöhter Wechselbereitschaft ihrer Klientel sowie Einbußen beim Ertrag pro Kunde konfrontiert.
Um ihr Potenzial hier besser ausnutzen zu können, raten die Experten, „dringend stärker auf Daten und künstliche Intelligenz zu setzen“, um individuell zugeschnittene Angebote machen zu können. Eine grundsätzliche Erkenntnis der Studie: Der Aufschwung der Fintechs habe zu einem Paradigmenwechsel bei den Erwartungen der Verbraucher an ihre Bankgeschäfte geführt. Das stelle die Einnahmen und letztlich die Relevanz vieler traditioneller Anbieter in Frage. Das ist harter Tobak, illustriert aber vor allem, dass die Banken Tempo machen müssen bei der digitalen Transformation. Denn fast die Hälfte der Befragten gab an, dass ihre derzeitigen Bankbeziehungen weder lohnend (49%) seien noch sie sich emotional mit ihrem Institut verbunden fühlen (48%).
Geschäftsmodell prüfen
Die Retailbanken sind also gezwungen, ihre Geschäftsmodelle zu überdenken, und sollten eigene Informationen über ihre Kunden gewinnen, die sie dann für ein wettbewerbsfähigeres digitales Marketing nutzen könnten, heißt es. Eine verbesserte Datensteuerung in Kombination mit künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen (ML) eröffne neue Möglichkeiten, um Kunden zu identifizieren, zu binden und mit Echtzeit-Erlebnissen zu begeistern, raten die Experten. Allerdings fehlten vielen Banken derzeit die Kapazitäten zur Verarbeitung der Menge an Kundendaten. In der Studie gaben 95% der Bankmanager an, dass veraltete Systeme und Kernbankplattformen die Bemühungen zur Optimierung von Daten und kundenorientierten Wachstumsstrategien behindern. 70% gaben darüber hinaus an, dass es ihnen an Ressourcen zur Verarbeitung und Analyse von Daten fehlt (siehe Grafik). Retailbanken müssten ihre Geschäftsmodelle überdenken und umstrukturieren, sagt Klaus-Georg Meyer, Leiter Business Technology Innovation bei Capgemini Financial Services in Deutschland. „Es geht darum, die gleichen personalisierten, lebensstilorientierten Ökosysteme anzubieten, die Kunden von ihren digitalen Interaktionen außerhalb der Bankenwelt kennen und erwarten. Sie werden das Spiel an die agilen Fintechs verlieren, wenn sie es nicht schaffen, für ihre Kunden die Diskrepanz und die auffällige Inkonsistenz zwischen dem digitalen und dem physischen Bankerlebnis aufzulösen.“
Schwierige Ökosystempartner
Auch die Umsetzung von plattformbasierten Modellen stellt Banken vor Probleme. In der Umfrage unter den Bankmanagern zeige sich, dass 78% Sorgen über die Kannibalisierung von Produkten durch Ökosystempartner haben, heißt es. 72% befürchten eine Verwässerung ihrer Marke – und bei den in Deutschland befragten Managern sind die Bedenken im Zusammenhang mit Ökosystempartnern sogar noch größer: 84% machen sich Gedanken über Auswirkungen auf Produkte und 76% sorgen sich um ihre Marke.
Der „World Retail Banking Report 2022“ stützt sich auf zwei primäre Quellen: die Global-Voice-of-the-Customer-Umfrage 2022 mit 8051 Befragten (davon 357 deutsche Bankkunden) und die Executive-Umfragen und Interviews 2022 mit 142Führungskräften aus dem Bankensektor.