Immobilienmarkt

Investoren erwarten bei Wohnungen Preisrückgänge

Deutsche Wohnimmobilien sind bei Investoren beliebt, trotz hoher Kosten und strenger Regulierung. Damit das Interesse weiter wächst, müssten aber die Preise weiter sinken.

Investoren erwarten bei Wohnungen Preisrückgänge

Im Gespräch: Iris Schöberl und Stefan Haas

Investoren erwarten bei Wohnungen Preisrückgänge

Assetmanager verweisen auf höhere Rendite anderer Assetklassen – Strenge Anforderungen bei Projektentwicklungen

Von Thomas List, Frankfurt

Iris Schöberl, Managing Director Germany bei Columbia Threadneedle Investments, berichtet im Gespräch mit der Börsen-Zeitung von Interesse der Investoren am deutschen Wohnimmobilienmarkt. Aber: „Die von Investoren geforderten Renditen liegen mindestens zwei Prozentpunkte über der risikolosen Anlage, also bei 4,5 bis 5,0%. Solche Ausschüttungsrenditen können Sie in Deutschland nicht erzielen.“

Höhere Renditen locken

Stefan Haas, Geschäftsführer und als Global Head of Real Estate verantwortlich für die globalen Immobilienaktivitäten der Meag, des Assetmanagers der Munich Re, unterstreicht diesen Aspekt, indem er auf andere Assetklassen mit höheren Renditen verweist. Allerdings hätten sich die Kaufpreise seit der Zinswende deutlich reduziert. „Davor lagen die Kaufpreisfaktoren weit jenseits von 30 für qualitativ hochwertige Anlagen in Metropolregionen, inzwischen unter 25. Haas sieht erst durch diese Preiskorrekturen wieder vermehrtes Interesse an deutschen Wohnimmobilien. „Viele Investoren haben feste Vorgaben für Mindestrenditen. Die kommen jetzt wieder in Reichweite.“ Schöberl stimmt zu: „Die Preise müssten noch etwas fallen, damit Investoren mehr Wohnungen kaufen.“

Das reicht allerdings noch nicht, betont Haas. „Man muss die richtigen Produkte finden, was gerade angesichts des hohen Stellenwerts von ESG nicht einfach ist. Sehr gute Lage- und Objektqualitäten sind für uns dabei weiterhin unerlässlich.“ Schöberl verweist noch auf ein weiteres Kaufhindernis: die Ziel-Immobilienquoten, die bei vielen Investoren bereits (fast) erreicht seien.

Schöberl, deren Gesellschaft im Auftrag in- und ausländischer institutioneller Kunden für 1,7 Mrd. Euro am deutschen und europäischen Wohnimmobilienmarkt investiert ist, kündigt für die nächsten Wochen zwei Investments für insgesamt rund 42 Mill. Euro an. „Dafür hat unser Fonds CT Europe Residential noch dry powder, und auch für weitere Fonds befinden wir uns im Fundraising.“

Kostengünstige Wohnung gesucht

Mieter suchen hierzulande in erster Linie preiswerten Wohnraum. Der ist im frei finanzierten Wohnbau praktisch nicht mehr darstellbar. Sind daher staatliche Förderungen der Ausweg aus der Misere? Schöberl und Haas sind aus Investorensicht skeptisch. Laut Haas sind Neubauprojekte ohne einen vorgegebenen Anteil öffentlich geförderten Wohnraums heute fast nicht mehr möglich. „Eine gewisse Quote ist für uns kein Thema. Allerdings kommt ein rein geförderter Wohnungsbau nicht in Betracht.“

Investoren bräuchten einen Ausgleich für das begrenzte Potenzial geförderter Wohnungen bei Mietpreissteigerungen. Sonst sind andere Anlagen hinsichtlich des Chancen-Risiko-Profils interessanter. Haas verweist auch auf bürokratische Hemmnisse. „In einer deutschen Großstadt hat die Kommune je nach Förderungsmodell ein Belegungsrecht. Bis ein Vorschlag dort geprüft ist, vergehen teilweise sechs Wochen. In der Zwischenzeit haben viele Mietinteressenten bereits eine andere Wohnung gefunden, und die Leerstandskosten gehen zu Lasten des Eigentümers.“

Schöberl wiederum kauft nur Bestandsobjekte. Gefördertes Wohnen allerdings spielt für sie praktisch keine Rolle: In dem von ihr gemanagten Bestand befindet sich nur ein entsprechendes Objekt. Trotzdem gelte: „Wenn in einem Ensemble, das uns angeboten wird, Wohnungen mit Sozialbindung enthalten sind, haben wir damit kein Problem, weil wir langfristige Investoren sind.“ Dadurch wären solche Objekte aber im Ankauf nicht billiger. Denn nur durch die Förderung ließen sie sich überhaupt erst zu einem marktgängigen Preis anbieten, so Schöberl.   

Nur zu Höchstpreisen

Als Hemmschuh erweist sich häufig die Grundstückspolitik vieler Kommunen. „Städte verkaufen ihre Grundstücke nach wie vor an den Höchstbietenden“, beobachtet Haas. Das führe zu hochpreisigen Eigentumswohnungen. In Zusammenhang mit den kräftig gestiegenen Zinsen ergeben die hohen Grundstückspreise eine unheilvolle Mischung. Bei vielen Projektentwicklern, die ja in der Regel ihre Projekte nur mit einem deutlichen Fremdkapitalanteil verwirklichen können, stimmt die Kalkulation nicht mehr. Folge ist, dass sie trotz Baugenehmigung nicht bauen.

Schöberl fordert pragmatische Lösungen: „Gut wäre es, wenn die Kommunen offen für Vorschläge wären, ein oder zwei Stockwerke mehr zu bauen als bisher genehmigt. Dann würde sich das vergleichsweise teure Grundstück wieder rechnen.“ In ihren Gesprächen stößt die Assetmanagerin aber auf Kommunen, die dies nicht als ihr Problem ansehen. „So kommen wir aber nicht weiter. Denn dann wird nicht gebaut. Wir brauchen aber schnell Lösungen für dieses Problem“, fordert Schöberl.

Auf den Neubau kommt es an

Meag-Manager Haas weist auf die große Bedeutung des Neubaus hin. „Von den 400.000 neuen Wohnungen im Jahr, die die alte Bundesregierung sich als Ziel gesetzt hatte, sind wir weit weg.“ 2024 wurden 215.900 Wohnungen neu genehmigt, 17% weniger als im Jahr zuvor. „Die Schwierigkeiten in der Projektentwicklung haben sicher auch dazu beigetragen. Aber gegen die Wohnungsnot hilft nur: Der Neubau muss schneller und preiswerter realisierbar sein.“ Baugenehmigungen dauern nach wie vor (zu) lang. „Gerade jüngst haben wir darauf trotz Bauvorbescheids ein halbes Jahr gewartet.“

Und wie hilfreich sind neue Vorhaben wie der Gebäudetyp E, der einfaches Bauen durch den Verzicht auf gesetzlich nicht zwingende Baustandards ermöglichen soll? Schöberl, die auch Präsidentin des Spitzenverbands der deutschen Immobilienwirtschaft ZIA ist, winkt ab. „Der Vorschlag ist nicht durch das Parlament gegangen.“ Dazu kämen ungeklärte Haftungsfragen, die kein Investor akzeptieren würde. „So wie es jetzt ist, ist das Vorhaben kein Erfolg. Das hindert Institutionelle zu investieren. Sie investieren erst, wenn das Gesetz in Kraft getreten und klar ist, dass sie keine nicht kalkulierbaren Haftungsrisiken tragen müssen.“

Kein Vertrauen mehr

Ein großes Investitionshemmnis ist aber auch der plötzliche und unerwartete Stopp von Fördermitteln wie Ende 2023 bei der KfW. „Investment braucht Vertrauen“, betont Schöberl. „Solche Stopps schaffen aber kein Vertrauen.“ Als Assetmanager sei Columbia Threadneedle Investments davon zwar nicht direkt betroffen. Indirekt aber schon: „Wir machen deshalb keine Forward Deals mehr. Denn wenn bei einem Bauträger aufgrund unerwartet ausbleibender Fördermaßnahmen die Kalkulation nicht mehr stimmt und er Insolvenz anmeldet, stehen wir im Regen. Wir zahlen daher nur noch endfällig, also nicht mehr nach Baufortschritt.“

Dagegen kann sich Haas bei Projekten Zahlungen nach Baufortschritt weiterhin gut vorstellen. Er stellt aber auch Bedingungen. „Wenn wir nach Baufortschritt zahlen, muss sich das im Preis widerspiegeln. Wir wollen dafür eine Verzinsung unseres in der Bauphase eingebrachten Kapitals.“ Grundbedingung für ein Engagement sei die hinreichend gute Bonität des Bauträgers, „die wir uns sehr genau ansehen“.

Und wie verhalten sich nun beide Assetmanager in Zukunft zum deutschen Wohnmarkt? Haas setzt weiter auf den Heimatmarkt: „Wir sind in Deutschland nach wie vor offen für Opportunitäten. Vor allem in den großen Städten und wo wir bereits einen nennenswerten Immobilienbestand haben.“ Neue Standorte kämen nur infrage, wenn sich eine kritische Masse für die laufende Steuerung und Verwaltung erreichen lasse.

Die Meag sieht aber auch über die Grenzen ins europäische Ausland, wo sie bisher nicht in Wohnbestände, sondern nur in Gewerbe investiert ist. „Auch da sehen wir uns die Renditen sehr genau an, auch wenn sie höher sind als hierzulande. Dafür gibt es je nach Standort eine Vielzahl unterschiedlicher Kriterien zu beachten, die wir zum Teil in Deutschland so nicht kennen.“

Mit Projektentwicklern im Gespräch

Um Wohnen in Europa zu erschließen, spricht Meag mit Projektentwicklern: „Wir sind bereit, in einer frühen Phase, aber nach Erteilung der Baugenehmigung, einzusteigen, um so eine höhere Rendite zu erzielen. Dafür nehmen wir auch kalkulierbare Risiken.“ Mehr als 5 oder 6% sei damit aber auch nicht zu erreichen, gibt Haas zu. „Wir sind kurz vor dem Abschluss einer Kooperation mit einem namhaften europäischen Projektentwickler. Diese soll als Blaupause dienen für weitere Städte und Länder.“

Columbia Threadneedle Investments plant, mit ihrem europäischen Wohnfonds CT Europe Residential in Italien und Spanien zu investieren, „weil dort die Mietregulierung nicht so überbordend ist“, so Schöberl. „Wir verfolgen mit unserem europäischen Fonds den Städteansatz. So schauen wir uns in Barcelona studentisches Wohnen und in Madrid ganz normalen Wohnungsbau an.“ Dafür stellen Investoren auch Kapital zur Verfügung.

USA als sicherer Hafen

Meag setzt bei Wohnen neben Deutschland und Europa noch auf die USA. „Dort haben wir in den vergangenen eineinhalb Jahren für ein Konzernmandat Wohnungen für eine knappe halbe Milliarde US-Dollar gekauft.“ Angesichts des großen Interesses will der Assetmanager auch Institutionelle außerhalb des Munich-Re-Konzerns sowie Family Offices beteiligen. „Die USA gelten heute als sicherer Hafen. Diese sehr risikoaversen Kunden wollen diversifizieren, in Währungen wie dem US-Dollar, aber auch geografisch.“ Beim Einkauf können Ankaufs-Renditen (IRR) von 8%, selbst für sehr gute Produkte erreicht werden. „Das ist in Europa mit vergleichbarem Risiko im Wohnungssegment nicht zu schaffen.“

Wohnungen sind bei institutionellen Investoren gefragt. Das haben die Zahlen des gewerblichen Transaktionsvolumens für 2024 gezeigt. Und doch befindet sich die Nutzungsart in schwerem Fahrwasser. Strenge Regulierung, hohe Bau- und Grundstückskosten und die gestiegenen Zinsen belasten die Investoren.

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