Investoren suchen nach dem Renditekick

Auf der Immobilienmesse Mipim dürfte sich der Trend zu mehr Risiko verdeutlichen - Finanzierer ziehen mit - Wettbewerb nimmt weiter zu

Investoren suchen nach dem Renditekick

Die Immobilienmesse Mipim, die 2015 vom 10. bis 13. März in Cannes stattfindet, gilt traditionell als erstes Stimmungsbarometer für die globalen Immobilienmärkte im laufenden Jahr. Der Trend zu mehr Risiko bei Standort, Objektqualität und Nutzungsart dürfte sich dort verstärkt zeigen.Von Thomas List, FrankfurtDas Wetter wird sich in Cannes in der neuen Woche eintrüben, glaubt man der Wettervorhersage. Mit ein bisschen Regen an der Côte d’Azur dürften die Besucher der Immobilienmesse Mipim aber zurechtkommen. Immerhin soll es warm werden, tagsüber 17 Grad, und die Stimmung gut sein, gerade in Hinblick auf Lage und Ausblick der Immobilienmärkte. Davon ist nicht nur Marcus Zorn, Deputy CEO von BNP Paribas Real Estate Deutschland, überzeugt. Erster großer BranchentreffDie Mipim, die in diesem Jahr vom 10. bis 13. März stattfindet, gilt nicht nur als das erste große internationale Branchentreffen im Jahr, sondern auch als das wichtigste neben der Expo Real, die traditionell im Oktober nach München lädt. In Cannes sind vor allem Investoren und weniger Nutzer vertreten, und immer mehr das Top-Management. Die Mipim gilt immer noch als internationaler als die Expo Real.Und über was wird in Cannes geredet? Deutschland bleibe “top of the list”, sagt Helaba-Immobilienvorstand Jürgen Fenk, neben Großbritannien (London) und, mit etwas Abstand, Paris oder Zielen wie Stockholm, Helsinki oder Prag und Warschau. Der hiesige Immobilienmarkt sollte auch 2015 “ein gefragtes Ziel für ausländische Immobilieninvestoren bleiben”, meint Deka-Immobilien-Geschäftsführer Torsten Knapmeyer. Denn: “Die Aussichten für den gewerblichen Immobilienmarkt in Deutschland sind weiterhin positiv”, wie DG-Hyp-Vorstandsvorsitzender Georg Reutter sagt.Für Marcus Zorn, Deputy CEO von BNP Paribas Real Estate Deutschland, bleibt Deutschland 2015 die Lokomotive Europas. Er verweist auf wachsende Beschäftigungszahlen, eine sinkende Arbeitslosigkeit, steigende Konsumausgaben und nicht zuletzt sich aufhellende gesamtwirtschaftliche Wachstumsperspektiven. Gerade für internationale Investoren, die auf der Mipim ja besonders häufig anzutreffen sind, bieten sich damit interessante Perspektiven. Zorn beobachtet insbesondere bei Anlegern aus Asien und dem Nahen Osten eine zunehmende Kauflust.Clemens Schäfer, Geschäftsführer der Rreef Spezial Invest GmbH (Deutsche Bank), erwartet im Zuge einer zunehmenden Risikoneigung mehr Interesse an bisher noch illiquideren Märkten wie Ungarn und Tschechien. Und Deutsche-Hypo-Vorstandssprecher Andreas Pohl weist darauf hin, dass internationale Investoren von günstigen Wechselkursen profitierten. Außerdem seien die Immobilienpreise in Städten wie New York oder London schon sehr stark gestiegen.Die meisten Beobachter erwarten, dass das Transaktionsvolumen am gewerblichen Immobilienmarkt in Deutschland mindestens das Niveau des Vorjahres von 40 Mrd. Euro erreicht. Achim Degen, CEO von Colliers International Deutschland, geht sogar davon aus, dass diese Marke nochmals überschritten wird, sofern es gelingt, auf der Angebotsseite genügend Volumen zu identifizieren.Für Frank Pörschke, Deutschlandchef von Jones Lang LaSalle (JLL), stellt sich angesichts der “Masse an Anlage suchendem Kapital” die Frage, wie sich Anlageschwerpunkte verschieben: “Diskutiert werden risikofreudigere Investments, Investments in B-Standorte oder Portfoliotransaktionen.” Auch Zorn spricht von einem sich fortsetzenden Trend zunehmender Core-plus- und Value-add-Transaktionen sowohl bei Portfolioverkaufen als auch bei Einzeldeals.Daniel Ajzensztejn, Partner bei Taylor Wessing in Hamburg, konstatiert ein steigendes Interesse an Immobilien an B-, C- oder D-Standorten. Das beherrschende Messethema werden für ihn Käufer sein, die “auf viel extremere Weise als bisher nach Kaufobjekten mit Qualität suchen”. Immerhin laufe der Markt noch nicht heiß, “weil es noch genügend Objekte an sekundären und an tertiären Standorten gibt”. Die Gefahr von Preisübertreibungen und Fehlinvestitionen ist aber nicht weit. Sie sei jetzt am größten, da Deutschland sich schon seit einiger Zeit weit oben im Zyklus befinde, sagt Deutsche-Hypo-Vorstandssprecher Pohl: “Wer jetzt in die falschen Immobilien investiert, kann bei einer Veränderung der derzeitigen Zins- und Liquiditätssituation später das Nachsehen haben, zum Beispiel, was Verkaufspreise oder Exit-Möglichkeiten angeht. Die Asset-Qualität bleibt das A und O.”Internationale Investoren werden hierzulande weiter in die Nutzungsarten Büro, Einzelhandel, Logistik und Hotels investieren, so Knapmeyer. “Dabei sollten bei Einzeltransaktionen Spitzenimmobilien im Bürobereich sowie Einzelhandelsobjekte in 1A-Lagen im Mittelpunkt stehen. Besonders in Deutschland erwarten wir zunehmend Portfolio-Transaktionen in allen genannten Assetklassen.” Degen, CEO von Colliers International Deutschland, weist darauf hin, dass auch Wohnimmobilien im Fokus Institutioneller bleiben.Bei der Finanzierung erwartet Aareal-Bank-Vorstand Dagmar Knopek eine weitere Intensivierung des Wettbewerbs und einen zunehmenden Margendruck. “Bisher eher verhalten oder gar nicht aktive Banken entdecken den deutschen Finanzierungsmarkt wieder für sich und bringen damit zusätzlichen Druck auf die eh schon schwachen Margen”, sagt Jörg Kupjetz, Partner bei Taylor Wessing in Frankfurt. “Ein Ende der Spirale ist aber wohl noch nicht erreicht, so dass dem Kreise der Immobilienfinanzierer ein harter Verdrängungswettbewerb und eine weitere Konsolidierung droht.”Bereits seit einigen Jahren zeichne sich in der Finanzierung eine zunehmende Bedeutung von Debt Funds und Versicherungen ab, beobachtet Knopek. Für die Aareal Bank eröffne dies die Möglichkeit, “neue Kooperationen mit Versicherungen, die auch als Investoren für Debt-Fonds in Frage kommen, einzugehen. Gerade bei Finanzierungen mit hohen Volumina werden diese erst als Konsortialfinanzierungen möglich. Die Riege der potenziellen Partner vergrößert sich nun.” Allerdings hätten Versicherer teilweise andere Anforderungen als Banken, etwa hinsichtlich der Laufzeit.Das Urteil über den Einfluss aktueller Krisen etwa in der Ukraine und in Griechenland auf das Messegeschehen ist für Knapmeyer eindeutig: “Dies sollte aus unserer Sicht keinen großen Einfluss auf die Mipim haben.” Für die Immobilien-Dienstleister Pörschke und Zorn gehören sie aber zu den Themen, über die auf der Messe gesprochen wird. JLL-Manager Pörschke drückt einen breiten Konsens aus, wenn er sagt: “Die Risiken sind da, ganz zweifellos. Das Verhalten der Akteure an den Immobilienmärkten beeinflussen sie aktuell aber nicht.” DG-Hyp-Chef Reutter weist aber auf mögliche längerfristige Effekte hin: “Konflikte und Krisen können die konjunkturelle Entwicklung durchaus negativ beeinflussen, mit entsprechenden Auswirkungen auf die Immobilienmärkte.” Kontakt- und ArbeitsmesseWie konkret wird denn nun auf der Mipim über Transaktionen gesprochen? Für Helaba-Vorstand Fenk ist die Mipim traditionell eher ein Marktplatz für Kontakte und Informationen und nur nachgeordnet für Verhandlungen und Abschlüsse, anders als etwa die Expo Real. Auch für Knapmeyer dient die Mipim in erster Linie als Informationsbörse – und als Möglichkeit, neue Produkte für Deka-Fonds zu finden. Hingegen erwartet BNP-Paribas-Real-Estate-Manager Zorn auch das Finalisieren kurz vor Abschluss stehender Käufe.