Investoren unterstützen sinnvolle und nachvollziehbare Engagements

Wenn Kennzahlen und Strategie passen, sind Anleger leicht von Mittelstandsanleihen zu überzeugen

Investoren unterstützen sinnvolle und nachvollziehbare Engagements

Vor kurzem läuteten in Stuttgart die Totenglocken für Mittelstandsanleihen: Die Börse Stuttgart schafft das Segment bondm ab, wird die darin notierten Wertpapiere auslaufen lassen und keine neuen Anleihen mehr annehmen. Die Vorwürfe aus Stuttgart: Zu viele Pleiten, zu viele enttäuschte Investoren. Emittenten, emissionsbegleitende Banken und Ratingagenturen hätten gemeinsam versagt. Unternehmen, deren Unternehmenszahlen massiv gestört waren, hätten Anleihen begeben dürfen. Auch erfahrene Kapitalmarktexperten seien von Emittenten getäuscht worden. Wenn kriminelle Energie im Spiel ist, haben auch Experten kaum Chancen, Risiken zu erkennen.Kurze Zeit später läuteten auch die Trauerglocken an der Börse in Düsseldorf: Der sogenannte Mittelstandsmarkt wurde auch hier abgeschafft. Gleichzeitig wurde aber ein Neustart gewagt. Denn in Düsseldorf war klar, dass es falsch wäre, diese Form der Unternehmensfinanzierung völlig zu verteufeln. Jedoch müssen engere Leitplanken gesetzt werden. Die Düsseldorfer Börse teilt zukünftig die Anleihen von kleinen und mittleren Unternehmen in verschiedene Klassen ein, die sich ausschließlich an der Höhe des Kupons orientieren. Maßgabe ist hierbei, dass eine Anleihe, die mit einem höheren Kupon ausgestattet ist, auch automatisch ein höheres Risiko beinhaltet.Aber auch diese Vorgehensweise ist nicht unumstritten: Denn es gab gerade in den vergangenen Jahren Anleihen, die mit einem relativ niedrigen Kupon und einem guten Rating auf den Markt kamen. In den Monaten vor dem Ausfall hat dann die Beobachtung durch die Ratingagenturen dazu geführt, dass das Emittenten- oder das Emissionsrating nach unten korrigiert werden musste. Dieser Möglichkeit hat man sich zukünftig in Düsseldorf beraubt. Eine einmal getroffene Klassifikation ist nicht mehr rückgängig zu machen – weder im positiven noch im negativen Sinne.Weniger morbid geht es am Börsenplatz Frankfurt zu, ganz im Gegenteil: Schon im April 2014 hat die Frankfurter Börse einen “Best Practice Guide” für Unternehmensanleihen aus dem Entry Standard veröffentlicht. Damit versucht die Frankfurter Börse die Schwierigkeiten an der Wurzel zu packen. In Wirklichkeit liegen die Probleme des jungen Segments nicht im Bereich des Börsenhandels. Die meisten “ordentlichen” Emissionen gehen zu rund 75% an institutionelle Anleger – also gemeinhin Profis. Zumeist nicht mehr als 25% einer Anleihe können von Privatanlegern über die Börse gezeichnet werden. Die Kuponhöhe richtet sich unter anderem nach dem Pre-Sounding, in dem sich institutionelle Anleger – zu denen auch Fonds gehören – äußern können.Schon bei der Prospekterstellung und der Roadshow setzt richtigerweise der “Best Practice Guide” des Entry Standard der Frankfurter Börse an. Die Due Diligence dieser institutionellen Anleger ist für den gesamten Prozess extrem wichtig. Am Kupon lässt sich nicht unbedingt die Besicherung ablesen, die aber für den Investor eine große Rolle spielt. Eine Anleihe ist letztendlich eine Fremdkapitalzufuhr, die selbst als Hochzinsanleihe nicht der Renditeerwartung einer Risiko-Eigenkapitalzufuhr entspricht. Insofern muss am langen Ende der Anleihe immer die Rückzahlung stehen. Dafür sollte während der Due Diligence die Strategie des Unternehmens hinterfragt werden und wofür die Emissionserlöse verwendet werden. Deutlich wichtiger sind in den letzten Monaten auch die sogenannten One-on-Ones geworden: Denn hier wird dem Management auf den Zahn gefühlt.In der Öffentlichkeit sowie von Marktteilnehmern wurden in den zurückliegenden zwei Jahren verstärkt Vorwürfe laut, dass es sich bei der Namensgebung “Mittelstandsanleihen” um ein reines Branding handeln würde, um die positive “Aufladung” des Begriffs zum Verkauf zu nutzen. In Wirklichkeit handele es sich um Hochzinsanleihen von kleinen und mittleren Unternehmen.Sicherlich hat bei der Namenswahl ein geschickter Marketingstratege mitgeholfen. Dennoch gebe ich zu bedenken, dass viele Unternehmen in diesem Segment wirklich als klassische Mittelständler durchgehen. Zamek oder MiFa waren lange Jahre eigentümergeführt und haben als klassische Mittelständler bis zu ihren Insolvenzen gegolten. Gerade diese Markenbekanntheit ist für viele Privatanleger zum Verhängnis geworden. Bei Zamek ist so über das jahrzehntelange Sportsponsoring und die entsprechenden Werbespendings der Eindruck von wirtschaftlicher Potenz entstanden.Was ist der Ausweg aus diesem Dilemma? Wird es mit diesem Segment weitergehen? Ich bin mir sicher, dass kleine und mittlere Unternehmen sich weitere Finanzierungsmöglichkeiten erschließen müssen. Basel III wird zu einer Kreditverknappung führen. Insofern wird das angelsächsische System von Unternehmensfinanzierungen auch in Deutschland Einzug halten. Nicht nur Großunternehmen werden Fremdfinanzierungen über den Kapitalmarkt aufnehmen. Denn nicht jedes Unternehmen ist so gut aufgestellt, dass es Zukunftsinvestitionen ausschließlich über Kredite bestreiten kann oder sich in alleinige Abhängigkeiten der Banken begeben möchte.Ein Beispiel hierfür ist sicherlich die Neue ZWL Zahnradwerk Leipzig GmbH, die Anfang 2015 ihre zweite Anleihe über 25 Mill. Euro begeben hat. Innerhalb von nur einer Stunde konnten die Bücher wieder geschlossen werden. Warum haben die Investoren bei zwei Anleihen innerhalb nur eines Jahres zugegriffen? Beide Anleihen dienen ausschließlich der Wachstumsfinanzierung für zusätzliche, vertraglich bereits fest vereinbarte Neuaufträge, die ab 2017 zu zusätzlichen Umsatzbeiträgen in Europa und in China führen sollen. Das ist für die Investoren ein sinnvolles und nachvollziehbares Engagement.Ich bin mir sicher, dass Anleihen wie die der NZWL auch in Zukunft ihren Platz finden. Wenn Kennzahlen und Strategie passen, sind Investoren leicht zu überzeugen. Sobald institutionelle Anleger mit im Boot sitzen, sollten auch Privatanleger über die Börsen beruhigter Platz nehmen können.——Ralf Meinerzag, Chief Investment Officer, Steubing German Mittelstand Fund I