22. DIRK-KONFERENZ

Investoren zeigen Flagge auf Hauptversammlungen

DWS-Governance-Experte Schmidt: Gute operative Performance korreliert mit ESG-Standards

Investoren zeigen Flagge auf Hauptversammlungen

swa Frankfurt – In der diesjährigen Hauptversammlungssaison haben sich institutionelle Anleger zunehmend in Governance-Themen positioniert. Besonders deutlich ist das zutage getreten, wenn die Entlastungsbeschlüsse für Vorstand und Aufsichtsrat nicht die üblichen 99-Prozent-Ergebnisse erreicht haben. “Investoren lassen nicht mehr alles mit sich machen”, fasst es Hendrik Schmidt, Corporate-Governance-Experte der Fondsgesellschaft DWS, zusammen. Assetmanager stünden zunehmend unter dem Druck ihrer eigenen Kunden.Für Aufsehen gesorgt haben zuletzt Bayer und UBS, wo dem Vorstand bzw. dem Verwaltungsrat die Entlastung verweigert wurde. Im Fall Bayer war es das erste Dax-Unternehmen, wo einer amtierenden Führungsriege diese Schmach zuteilwurde. In anderen Unternehmen fiel das Votum knapp aus – zum Beispiel bei Fresenius Medical Care, wo der Aufsichtsrat mit gerade mal 52,32 % entlastet wurde, der Vorstand leicht höher mit 56,81 %.Schmidt nennt Gründe dafür, den Daumen zu senken. Im Fall des Vorstands ging es für DWS um Performance, Risikomanagement und Kommunikation. Er habe es erlebt, dass ein Vorstandschef, auf Kommunikationsmängel angesprochen, erklärt habe, für Kommunikation sei er doch gar nicht zuständig, berichtet Schmidt auf der 22. Konferenz des Deutschen Investor Relations Verbands (DIRK) in Frankfurt. Beim Aufsichtsrat habe man die Entlastung verweigert, wenn es Defizite bei Transparenz, Vorstandsvergütung, Unabhängigkeit, Governance-Standards oder dem Umgang mit Aufklärung gegeben habe.Schmidt will die Nichtentlastung nicht als “Muskelspiel” der Investoren verstanden wissen. Es gehe um eine Beurteilung des abgelaufenen Geschäftsjahres – “wenn wir nicht zufrieden sind, machen wir es deutlich”. Es gehe auch nicht um den Austausch des Vorstands. Die Nichtentlastung sei aber ein deutliches Signal, dass sich etwas verändern müsse, mahnt der DWS-Vertreter.Die Fondsgesellschaft, die heute ihre eigene Hauptversammlung abhält, habe in Deutschland im laufenden Jahr auf 160 Aktionärstreffen abgestimmt und habe 27 % der Verwaltungsvorschläge abgelehnt, in 5 % habe man sich enthalten. Mit Nein gestimmt habe DWS bei der Wahl und Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat (75 % der Fälle) sowie bei der Wahl des Abschlussprüfers und dem Dividendenvorschlag (17 %).Nach Einschätzung von Schmidt sind einige positive Entwicklungen zu beobachten. So veröffentlichten die Unternehmen zunehmend Kompetenzprofile für den Aufsichtsrat. Allerdings hapere es noch beim Thema Ämterhäufung und Diversität. Auch die Abstimmung über die Vorstandsvergütung habe sich eingebürgert, was mit Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie unterstützt werde. Leider sei das Ergebnis des Votums aber nicht verbindlich.Schmidt hebt die Bedeutung guter ESG-Standards (Environment, Social, Governance) hervor. Damit sei die operative Performance von Unternehmen korreliert, es senke die Kapital- und Finanzierungskosten und steigere den Aktienkurs.