Ist weniger vielleicht mehr?

Zu viele Regulierungen und Direktiven verunsichern

Ist weniger vielleicht mehr?

Seit nunmehr 25 Jahren besteht das Ucits Framework, welches in der Europäischen Gemeinschaft die Rahmenbedingungen für die lokale Investmentfondsgesetzgebung vorgibt. Während der ersten 15 bis 18 Jahre wurden kaum Änderungen vorgenommen und trotzdem oder vielleicht gerade durch diese Kontinuität hat sich die europäische Fondsindustrie langsam, aber stetig zu einer anerkannten Marke entwickelt.Seit einigen Jahren aber unterliegt die Industrie einer ganzen Flut von regulatorischen Änderungen. Dabei muss die Fondsindustrie nicht nur die spezifischen Fondsregulierungen wie Ucits V und Ucits VI oder AIFMD verarbeiten und umsetzen, sondern auch die gesetzlichen Finanzregulierungen wie Mifid II, PRIPs (Packaged Retail Investment Products), RDR (Retail Distribution Review), die Volcker Rule, Fatca usw. umsetzen. Flut an RegulierungenAuslöser für viele dieser Regulierungen in der Fondsindustrie waren sehr oft individuelle Vorfälle anstelle von strukturellen oder prozessspezifischen Problemen. Heute muss man sich die Frage stellen, ob mit dieser Flut an Regulierungen der Industrie wie auch dem Endinvestor überhaupt geholfen wird. Ein gutes Beispiel hierzu bietet Ucits IV. Am Anfang stand Ucits IV als eine Effizienzdirektive mit dem Ziel, den Endkunden schneller und besser zu informieren über die Möglichkeiten, welche die Master-Feeder-Strukturen, die Cross Border Mergers und auch das Passporting der Verwaltungsgesellschaften bieten, um die Fondsindustrie effizienter zu gestalten.Anfangs war die Euphorie groß und jeder war überzeugt, dass die Fondsindustrie diese Ziele auch erreichen würde. Die Realität zeigt aber leider ein anderes Bild, da sowohl die Master-Feeder-Strukturen als auch Cross Border und ManCo-Passporting so gut wie gar nicht genutzt werden. Der Grund: Es hat sich herausgestellt, dass die operative Umsetzung solch einer Direktive nicht so einfach möglich ist wie erwartet.Ein großes Hindernis ist ganz klar die Tatsache, dass Europa einfach noch kein harmonisierter Markt ist. Vielmehr setzt jedes einzelne Mitgliedsland noch immer eigene Regeln und Vorgehensweisen um. Als Beispiel können die Finanztransaktionssteuer, uneinheitliche steuerliche Behandlung, Mangel an einheitlichen Abwicklungsregeln und zentralen Abwicklungszentren, verschiedene Buchungs- und Reporting-Vorgaben in den einzelnen Ländern oder Abkommen wie Fatca angeführt werden.Daher sollte man in Zukunft das Augenmerk vermehrt auf eine Harmonisierung in Europa lenken, sodass Europa letztendlich als einheitlicher Markt auftreten kann. Glücklicherweise gibt es bereits Initiativen wie T2S oder eine europäische Bankenaufsicht, aber aus meiner Sicht genügt dies noch nicht. Denn sehr oft werden diese Initiativen nicht gerade mit Priorität behandelt und meistens werden Einführungen wieder und wieder verschoben. Einheitlich auftretenNur mit einem einheitlichen Erscheinungsbild kann die europäische Fondsindustrie noch wachsen und vor allem das Geschäft noch effizient betreiben, da ein klarer Nachteil darin besteht, dass das Durchschnittsvolumen der europäischen Fondsstrukturen zu niedrig ist, um diese Fonds in der Zukunft noch kostengünstig zu vertreiben. Daher sollte Europa der Schaffung eines harmonisierten Marktes hohe Priorität einräumen – mit dem Ziel, die Anzahl der Fonds zu reduzieren, was auch den Investoren einen besseren Überblick ermöglichen wird. Nicht auf Lorbeeren ausruhenEuropa darf sich definitiv nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen; die Konkurrenz schläft nicht und vor allem Asien kann und wird wie auch in anderen Industriezweigen zu einem Konkurrenten heranwachsen. Asien liebt derzeit die Ucits-Marke, aber es besteht auch die Gefahr, dass ein eigener “Brand” kreiert wird, um diesen in Europa aktiv zu vertreiben.Man muss sich letztendlich die Frage stellen, ob das schnelle Aufsetzen neuer Ucits-Direktiven die natio- Fortsetzung Seite B 11nalen Parlamente, die lokalen Aufsichtsbehörden, aber auch die verschiedenen Dienstleister wie ebenso die Investoren nicht einfach überfordert. Zurzeit ist Ucits IV kaum vollumfänglich umgesetzt, da werden bereits Ucits V mit den Themen Depotbankverantwortung und Delegation von Aufgaben sowie Ucits VI mit Depotbank-Passporting, effizientem Portfoliomanagement, OTCDerivaten etc. vorbereitet. Mehr Zeit nehmenMan muss sich unweigerlich fragen, ob man sich nicht etwas mehr Zeit nehmen und eine Direktive mit den wichtigsten Themen umsetzen sollte, insbesondere da auch langjährige und erfahrene Mitarbeiter immer mehr Schwierigkeiten haben, sich in all diesen Direktiven, Zirkularen und Richtlinien zurechtzufinden. Dies hat heute als Konsequenz, dass sich das Auflegen von Fondsstrukturen immer mehr verzögert und auch zu einer substanziellen Kundenunzufriedenheit führt. Daher bin ich der Meinung, dass auch hier weniger, aber spezifischen, schnell und leicht verständlichen Direktiven ein größerer Erfolg beschieden sein könnte.Nachhaltigkeit ist in den letzten Jahren in vielen Bereichen zu einem Modewort geworden, aber in der Fondsindustrie ist es eher noch nicht angekommen. Dies kann längerfristig zu Problemen in der Fondsbranche führen. Es ist heute leider so, dass die Investoren immer mehr und alles immer schneller wollen, unabhängig davon, ob es sich hier nun um Produkte oder Performance handelt.Hier muss einfach ein Umdenken stattfinden. Man kann einfach nicht alles haben – eine gute Performance, jegliche Art von Produkten und dazu am besten noch null Risiko. Wenn ich heute ein schnelles, sportliches Auto fahre und dies bis zum Limit ausnutze, ist trotz aller Sicherheitsvorkehrungen die Gefahr eines Unfalls und Schadens größer als in einer Geländelimousine (SUV).Ein Umdenken muss im Verkauf eher auf Investorenebene stattfinden, denn das Ziel eines Fonds war es noch immer, eine Investition zu tätigen, um ein Resultat längerfristig zu erwirtschaften. Kurzfristige Erwartungen und Umschichtungen sind in diesem Fall kontraproduktiv. Dies wird sicher kein einfaches Unterfangen in unserer schnelllebigen Gesellschaft sein, ist aber unabdingbar, um die weitere Zukunft der Fondsindustrie abzusichern, für die Investoren langfristig attraktive Renditen zu erzielen und das Risiko zu vermindern. Weniger wird mehr seinTrotz allem bin ich zuversichtlich für die Fondsbranche; ein Fonds ist aus meiner Sicht noch immer eine der sichersten Anlageformen, bei der man trotz vermindertem Risiko eine gute Rendite erzielen kann. Wir müssen uns hier aber auf das Wesentliche konzentrieren, ohne die verschiedenen Stakeholder durch eine zu große Anzahl von Regulierungen und Direktiven zu verunsichern, die Anzahl der Strukturen und Fonds reduzieren und die kritische Masse pro Fonds erhöhen. Wenn wir dies in Zukunft hinbekommen, wird die europäische Fondsindustrie sicher noch wachsen – und dann wird weniger mehr sein.