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Italien treibt die Konsolidierung seines Bankensektors voran

Von Thesy Kness-Bastaroli, Mailand Börsen-Zeitung, 23.4.2016 Italiens Regierung will die Bankenkrise so schnell wie möglich lösen, um die dringend nötige Konsolidierung im Sektor voranzutreiben. Die im vergangenen Jahr verabschiedete Reform der...

Italien treibt die Konsolidierung seines Bankensektors voran

Von Thesy Kness-Bastaroli, MailandItaliens Regierung will die Bankenkrise so schnell wie möglich lösen, um die dringend nötige Konsolidierung im Sektor voranzutreiben. Die im vergangenen Jahr verabschiedete Reform der Volksbanken und der kürzlich beschlossene Umbau der genossenschaftlich organisierten Banken sind der beste Beweis für die Absichten in Rom. Auch soll bis Monatsende ein Gesetzesdekret verabschiedet werden, welches das Konkursrecht ändert und das Verfahren zum Eintreiben von Problemkrediten beschleunigt. Die Fristen sollen an europäisches Niveau angeglichen werden. Drei AnlaufversucheAuch hat die Regierung in wenigen Monaten drei Anlaufversuche gestartet, um den Kreditsektor zu sanieren und Zusammenbrüche von Banken zu vermeiden: Kurz vor Jahresende wurde ein Bankendekret erlassen, das vier konkursreifen italienischen Kleinbanken einen Bail-in ersparte. Im Januar beschloss die Regierung dann mit dem Segen der zuständigen EU-Kommission die Gründung von mehreren Zweckgesellschaften, in welche die Banken einen Teil ihrer notleidenden Kredite einbringen können. Diese belaufen sich derzeit auf 200 Mrd. Euro brutto und 89 Mrd. Euro netto. Da dieses Verfahren aber zu langwierig schien, ist nun in aller Eile der Rettungsfonds Atlante gegründet worden. Dieser soll nicht nur dabei helfen, die Non Performing Loans abzubauen. Er soll auch die angekündigten Kapitalerhöhungen bei den Volksbanken Banco Popolare, Banca Popolare di Vicenza und Veneto Banca garantieren. Die Volksbank von Vicenza startete zur Wochenmitte bereits eine Kapitalaufstockung im Volumen von 1,75 Mrd. Euro. Nach den Kapitalerhöhungen sollen der Börsengang bzw. mögliche Fusionen erfolgen.Durch den im Herbst erwarteten Zusammenschluss von Banca Popolare di Milano mit Banco Popolare wird nicht nur Italiens drittgrößte Bank gegründet. Pietro Fioruzzi, Partner bei der Anwaltskanzlei Cleary Gottlieb Stehen & Hamilton, verweist darauf, dass die neue Fusionsbank überregional in der Region Norditalien, Österreich und auch Bayern eine bedeutende Rolle spielen werde. Weitere Fusionen von Volksbanken sind geplant. Die Volksbank der Emilia Romagna schielt auf die Volksbank von Sondrio und Creval. Auch Ubi Banca hält nach einem Partner Ausschau. Mailänder Finanzkreise sind davon überzeugt, dass die Anzahl der 700 auf dem italienischen Markt tätigen Kreditinstitute sich mittelfristig halbieren wird.Auch wenn die Regierung der Drahtzieher des Konsolidierungsprozesses ist, so wird sie dabei von nationalen und internationalen Institutionen unterstützt. Der Internationale Währungsfonds hat die Gründung des Bankenrettungsfonds Atlante gutgeheißen, nachdem er zuvor die negativen Auswirkungen der Problemkredite auf Italiens Wirtschaftswachstum hervorgehoben hatte. Die EU hat den Rettungsfonds noch nicht abgesegnet. Doch da der Großteil der Fondsmittel von privaten Institutionen aufgebracht wird, dürfte der Zustimmung kaum etwas im Wege stehen.Zentralbankchef Visco sieht im Fondo Atlante die geeignete Antwort, allerdings nicht die einzige, auf die Turbulenzen des Marktes. Italiens Bankwerte haben seit Jahresbeginn am Aktienmarkt Kursverluste von bis zu 40 % erlitten. Ausschlaggebend dafür war zweifellos die hohe Anzahl an Problemkrediten. Nachdem die Industrieproduktion während der jüngsten Krisenjahre um bis zu 25 % gefallen war, haben sich die Problemkredite akkumuliert. Doch Visco verweist darauf, dass die Problemkredite im März erstmals seit Jahren zurückgegangen sind. Er spricht von einer Trendwende.Der Rettungsfonds Atlante soll mit mindestens vier bis maximal 6 Mrd. Euro ausgestattet werden. Bislang wurden über 4 Mrd. Euro von 44 nationalen und internationalen Institutionen zugesagt. Ratingagenturen vorsichtigVorsichtig gegenüber Atlante zeigen sich dagegen die Ratingagenturen. Moody’s und Standard & Poor’s sind der Ansicht, dass die Fondsmittel nur einen geringen Teil der notleidenden Kredite auffangen werden. Es sei unwahrscheinlich, dass der Fonds eine reale Erleichterung der Kreditlage in Italien herbeiführe, meint Moody’s.S & P-Analyst Luigi Motti schreibt, er befürchte, dass die Beteiligung der Banken am Rettungsvehikel langfristig zu einer Verringerung der Anlagerendite der Banken führen könne. Zudem zeigt er sich davon überzeugt, dass die Banken ihr Engagement bei Atlante mittelfristig werden erhöhen müssen. Fitch befürchtet, dass das Finanzprofil der Großbanken dadurch angeschlagen werde. DBRS wiederum ist Atlante ein nützliches Instrument, um das italienische Bankensystem kurzfristig vor dem Risiko instabiler Finanzen zu schützen.