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Italienischer Bankenrettungsfonds ist kein Allheilmittel

Von Thesy Kness-Bastaroli, Mailand Börsen-Zeitung, 17.8.2016 Spätestens seit der zu Ende gegangenen Finanzierungsrunde des zweiten Bankenrettungsfonds Atlante 2 ist es offensichtlich: Atlante kann und wird keine Wunder wirken. Nicht nur die...

Italienischer Bankenrettungsfonds ist kein Allheilmittel

Von Thesy Kness-Bastaroli, MailandSpätestens seit der zu Ende gegangenen Finanzierungsrunde des zweiten Bankenrettungsfonds Atlante 2 ist es offensichtlich: Atlante kann und wird keine Wunder wirken. Nicht nur die Dotierung des Fonds blieb nach dem am 8. August erfolgten ersten Closing mit 1,71 Mrd. Euro weit unter den Erwartungen. Angepeilt wurden 1,25 bis 5 Mrd. Euro. Nun vertröstet Atlante-Präsident Alessandro Penati auf die zweite und dritte Finanzierungsrunde, die Ende September 2016 bzw. im Juli 2017 abgeschlossen sein wird. Auch war beim ersten Closing kein ausländischer Investor dabei. Die privaten Pensionskassen Italiens, die anfänglich ihre Bereitschaft zur 500-Mill.-Euro-Finanzierung von Atlante 2 erklärten, hatten sich in letzter Minute zurückgezogen. Obwohl sowohl Atlante 1 als auch Atlante 2 eine Rendite von je 6 % versprechen, zeigen sich die Anleger zurückhaltend. Einzig die großen Banken, Unicredit, Intesa Sanpaolo und diesmal Mediobanca, Versicherer wie Generali und Unipol sowie die halbstaatlichen Poste Italiane und Cassa Depositi e Prestiti zeigten sich bereit, in Atlante 2 zu investieren. Mario Greco, zuvor CEO des Versicherers Generali und inzwischen Chef der Schweizer Zurich Versicherung, meinte auf die Frage, ob die Schweizer in Atlante 2 investiert hätten: “Wir wurden nicht gefragt.” Mag sein, dass die zweite Finanzierungsrunde auf ausländische Investoren fokussiert. Auch deshalb, da in Italien selbst kaum mehr Geldgeber für die Bankenrettung zu finden sind.Die eher magere Ausstattung von Atlante 2 kommt nur einigen wenigen Kreditinstituten und nicht dem gesamten Bankensystem zugute. Bislang reichen die Mittel der beiden Rettungsfonds nicht aus, um dem Markt mit seinen netto knapp 200 Mrd. Euro ausfallgefährdeten Krediten (NPL) effizient unter die Arme zu greifen. Allein bis Jahresende sollen 52 Mrd. Euro Problemkredite ausgegliedert werden (siehe Tabelle). Der Bankenrettungsfonds Atlante 2 kann nur einen Bruchteil dieser NPL übernehmen.Während Atlante 1 mit 2,5 Mrd. Euro die Kapitalisierung der zwei Volksbanken aus Venetien unterstützte, konzentriert sich Atlante 2 auf die Übernahme von Problemkrediten. Möglicherweise kann Atlante 2 dazu auch noch die überschüssigen Mittel des ursprünglich mit 4,25 Mrd. Euro ausgestatteten Fonds Atlante 1 nutzen. Das wären zu den bisherigen 1,7 Mrd. Euro weitere 1,7 Mrd. Euro Zuschuss von Atlante 1. Dieser wurde bereits kalkuliert, um auch die notleidenden Kredite von insgesamt 8 Mrd. Euro der beiden Volksbanken Popolare di Vicenza und Veneto Banca zu verbriefen und zu verkaufen. Die beiden Banken stehen unter den Fittichen von Atlante 1, nachdem der Fonds ihre Kapitalerhöhungen von je 1,5 Mrd. bzw. 1 Mrd. Euro voll zeichnete.Bis zum Jahresende soll die erste große Verbriefungstransaktion notleidender Kredite starten. Laut Forderung der EZB muss Monte dei Paschi di Siena (MPS) demnächst 10 Mrd. Euro von Problemkrediten ausgliedern. Erst dann soll die inzwischen auch vom MPS-Verwaltungsrat abgesegnete Kapitalaufstockung bis zu 5 Mrd. Euro erfolgen. Die Kapitalerhöhung macht das Siebenfache der derzeitigen MPS-Kapitalisierung aus. Denn das Bankenkonsortium von inzwischen elf internationalen Banken (hinzu kamen u.a. auch Commerzbank, Santander) garantiert die Kapitaloperation nur dann, wenn vorher die Verbriefung und der Verkauf der notleidenden Kredite erfolgreich durchgeführt wurden. Inzwischen avancierte der Staat mit 4 % Anteilen an MPS zum größten Aktionär der Traditionsbank aus Siena. Der bislang größte Einzelaktionär, der Finanzinvestor Fintech, hat seine Beteiligung von 4,5 % in der ersten Augustwoche halbiert. Ein Signal, dass nicht alle MPS-Aktionäre die anteilsmäßige Kapitalerhöhung zeichnen wollen.Atlante 2 wird die Mezzanine-Tranchen der ausgelagerten Kredite übernehmen. Dazu reichen die derzeit 1,7 Mrd. Euro aus. Der Preis von 33 % des Buchwertes übertrifft den Marktpreis bei weitem. Dieser wird mit 20 bis 22 % angegeben. Allerdings sollen die jüngsten von der Volksbank von Bari ausgegliederten Problemkredite von 800 Mill. Euro zu einem Preis von 30 % des Buchwertes auf den Markt kommen.Der Sanierungsweg der Krisenbank MPS ist inzwischen klar vorgeschrieben. Doch es ist alles andere als sicher, ob er auch erfolgreich verlaufen wird. Denn geopolitische Unruhen, innenpolitische Unsicherheiten wie etwa der unsichere Ausgang des für November geplanten Referendums zur Verfassungsreform, eine mögliche Regierungskrise und damit Turbulenzen auf den Kapitalmärkten könnten die Sanierung bremsen. Die Ratingagentur Fitch hat eine Überprüfung des MPS-Ratings bekannt gegeben, die Analysten der DZ Bank halten am Anlageurteil “Underperformer” fest und Moody’s hat das Rating für die Senioranleihen von MPS von “B3 watch negative” auf “B3 review uncertain” geändert.Da Italien infolge der EU-Regeln keine staatliche Bankenhilfe in Anspruch nehmen kann und wird, ist die Gründung der beiden Bankenrettungsfonds Atlante 1 und Atlante 2 zweifellos eine Lösung. Atlante ist somit ein Heftpflaster für die größten Krisenherde im italienischen Bankensektor, aber kein Allheilmittel für die Branche. Oder aber es werden für die einzelnen Banken weitere einzelne Rettungsfonds gegründet. Dies ist aber unwahrscheinlich, da es an den dafür nötigen Investoren fehlt.Die Bankensanierung kommt Italiens gesunde Banken, etwa Intesa Sanpaolo, Unicredit oder Ubi Banca, bereits teuer zu stehen. Intesa-Sanpaolo-Präsident Gros Pietro hat erst kürzlich zur Börsen-Zeitung gesagt, die Bank habe bereits ihre “Pflicht” getan. Im laufenden Jahr hat Intesa Sanpaolo ebenso wie Unicredit je 1 Mrd. Euro in Atlante investiert, 2015 wurden zig Mill. Euro für den Resolutionsfonds ausgegeben, der vier mittelitalienische Banken vor dem Konkurs bewahrte. Die Gefahr, dass die Bankenrettung Italiens gesunde Banken schwächt, ist akut.