WAS EINE ZINSWENDE BEDEUTET - SERIE ZUR ZINSWENDE: ITALIEN (9)

Italiens Banken hoffen auf Draghi

Krisengeschüttelte Kreditwirtschaft blickt skeptisch auf mögliche Zinswende - Problemliste ist lang

Italiens Banken hoffen auf Draghi

Während deutsche Banken auf eine Zinswende hoffen, sieht die Kreditwirtschaft südlich der Alpen mit gemischten Gefühlen einem möglichen Wandel entgegen. Die Krise etlicher Banken, die lahme Konjunktur, ein Berg an faulen Krediten und die Abhängigkeit von Staatsanleihen stellen die Branche auf die Probe. Von Gerhard Bläske, MailandNach der Bankenkrise ist vor der Bankenkrise. Nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) italienische Banken aufgefordert hat, ihre faulen Kredite abzuschreiben, ist der gesamte Bankensektor an der Börse ins Rutschen geraten. Gefährdet sind diesmal die Genueser Carige, der die Regierung zu Jahresbeginn zur Hilfe kam. Vermutlich wird der Staat auch die Volksbank von Bari retten. Und auch die angeschlagene Monte dei Paschi di Siena (MPS), die erst vor zwei Jahren staatliche Milliardenhilfen erhalten hat, braucht schon wieder Geld. Die Krisenbanken können sich kaum am Markt refinanzieren.Käme nun auch noch eine Zinswende, stünde die Branche vor weiteren Problemen: Für einige italienische Institute, die noch immer auf großen Beständen fauler Kredite sitzen, wären weitere Wertberichtigungen problematisch. Die EZB hat ihr Programm zum Aufkauf von Staatsanleihen beendet und könnte über kurz oder lang auch die Zinsen anheben. Die Geldpolitik unter EZB-Präsident Mario Draghi hat gerade Italiens Banken Luft verschafft. Die Institute hoffen nun, ihr Landsmann möge seine Politik der Nullzinsen möglichst lange fortsetzen und ihnen weiterhin billige Liquidität zur Verfügung stellen. Je niedriger die Refinanzierungskosten für die Institute sind, desto eher können sie Kredite zu günstigen Konditionen an Privatleute und Unternehmen vergeben. Noch käme Wandel zu frühDer Ökonom Carlo Cottarelli glaubt, dass es keinen Sinn ergibt, noch mehr Liquidität in ein System zu pumpen. Auch Giovanni Sabatini, Generaldirektor des italienischen Bankenverbandes Abi, plädierte unlängst gegenüber der Börsen-Zeitung für eine Normalisierung der Geldpolitik. Er machte allerdings eine entscheidende Einschränkung: Voraussetzung sei, die Rahmenbedingungen ließen dies zu. Doch Italien steuert gen Nullwachstum. Der Abbau fauler Kredite und die verlangten Abschreibungen belasten die Bilanzen und erschweren die Kreditvergabe. Das Ausfallrisiko auch bei neuen Krediten dürfte steigen.Die Banken des Landes haben zwar in den vergangenen Jahren ihre Kosten geschliffen und das Volumen fauler Kredite deutlich gesenkt. Aber offenbar haben einige von ihnen die lange Phase einer guten Konjunktur nicht ausreichend genutzt. Die Probleme einiger Banken können in einer Kettenreaktion auch stabile Institute mit in eine Krise reißen.Neben Carige, Popolare di Bari und der Monte dei Paschi, die der Staat Anfang 2017 mit einer Finanzspritze von 5,3 Mrd. Euro gerettet hatte, sind die Mailänder BPM und UBI Banca gefährdet. Beide Institute haben beim jüngsten Stresstest der EZB schlecht abgeschnitten. Bei einigen Instituten stehen 15 % des Kreditvolumens im Feuer; bei der Volksbank von Bari, der größten Bank Süditaliens, sind 25 % gefährdet. Die Bestände lassen sich derzeit nur schwer losschlagen. Die Deckungsquoten sind oft gering. Bei manchen Banken haben Vetternwirtschaft und kriminelle Machenschaften zudem die Lage verschlimmert.Hinzu kommt, dass viele Banken auf hohen Beständen italienischer Staatsanleihen sitzen. Zuletzt waren es insgesamt 384 Mrd. Euro. Dieser Wert könnte noch steigen, denn Italien plant 2019 die Ausgabe von Anleihen in Höhe von etwa 400 Mrd. Euro. Da sich ausländische Investoren und private Anleger zurückhalten, steigt der Druck auf die Banken, ihre Bestände zu erhöhen. Dass sie überhaupt so stark investiert sind, begründet Bankenvertreter Sabatini damit, dass die Institute das System stabilisieren mussten.Die Regierung hat in den vergangenen Monaten die Lage verschärft: Der Zinsaufschlag für italienische Staatsanleihen gegenüber deutschen Titeln ist zwar seit der Beilegung des Haushaltsstreits mit der EU leicht gesunken, liegt aber noch immer bei etwa 260 Basispunkten. Das zwingt die Banken zu Abschreibungen und drückt ihre Kernkapitalquote, erhöht aber ihre Refinanzierungskosten – und die müssen Banken wiederum an die Kunden weitergeben. Höhere Abschreibungen könnten sie zwingen, ihre Kreditvergabe einzuschränken. Manche Beobachter fürchten eine Kreditklemme. Daher sind die Augen auf die EZB gerichtet. Angst vor WeidmannAuffällig ist, dass Vizepremier und Lega-Chef Matteo Salvini mit seinem Vorwurf, Europa wolle Italiens Bankenwesen kaputtmachen, EZB-Präsidenten Draghi ausspart. Er war für Italiens Banken ein Segen. Solange er das Sagen hat, besteht für Rom die Hoffnung, die Rückkehr zu einer normalen Geldpolitik möge noch dauern. In einem Punkt sind sich übrigens Regierung und Opposition im Land einig: Bundesbank-Chef Jens Weidmann darf keinesfalls EZB-Chef werden.—-Zuletzt erschienen:- Keine Zinserhöhung ist schlechter als ein Zinsanstieg (16. Januar)- Der große Dämpfer dürfte ausbleiben (15. Januar)- Markt für Festgeld kommt in Bewegung (12. Januar)