Bankenverband ABI

Italiens Banken rufen nach dem Staat

Weil die Unsicherheit über die wirtschaftliche Entwicklung wächst, fürchten die italienischen Banken einen Anstieg der Kreditausfälle und fordern deshalb eine Ausweitung staatlicher Garantien und Moratorien für die Rückzahlung von Darlehen.

Italiens Banken rufen nach dem Staat

bl Mailand

Angesichts steigender wirtschaftlicher Unsicherheiten fürchten die italienischen Banken einen Anstieg der Kreditausfälle und fordern deshalb eine Ausweitung staatlicher Garantien und neue Moratorien für die Rückzahlung von Darlehen. „Es ist notwendig, eine mögliche Rezession zu verhindern, „die in den Zahlen für die Kreditvergabe noch nicht sichtbar ist“, sagte Antonio Patuelli, Präsident des italienischen Bankenverbandes ABI. Und zwar durch Maßnahmen für staatlich garantierte Kredite und ein Moratorium, das die EU aber nicht gewähren wolle. Die Maßnahmen, die während der Pandemie so gut funktioniert hätten, müssten möglichst schnell wieder aufgenommen und den Unternehmen müsse mehr Zeit für eine Rückzahlung gegeben werden.

Italiens Banken haben ihren Berg an faulen Krediten seit 2015 stark reduziert und sind in der Regel sehr gut kapitalisiert. In den vergangenen Monaten ist der Anteil ausfallgefährdeter Kredite leicht angestiegen, doch die meisten Banken haben ihre Rückstellungen bisher noch nicht erhöht, obwohl die Kreditvergabe sehr lebhaft ist und Italien, das 2022 mit einer Wachstumsrate von 3,7 % wächst, 2023 eine Rezession droht. Italiens Banken haben im dritten Quartal überwiegend Gewinnsteigerungen erzielt. Sie haben umfangreiche Aktienrückkaufprogramme ge­startet. Auch haben sie großzügige Dividendenversprechen gemacht.

Das besorgt die Aufsichtsbehörden. Offenbar stößt insbesondere die sehr großzügige Ausschüttungspolitik der HVB-Mutter Unicredit auf Kritik, die sogar die Höhe der geplanten Ausschüttungen nennt. Kerstin af Jochnick, Mitglied des Aufsichtsgremiums des Einheitlichen Bankenaufsichtsmechanismus, bestätigte kürzlich, dass man solche Ankündigungen nicht schätzt und es vorzieht, dass Ausschüttungsziele im Verhältnis zum Gewinn erfolgen. Auch José Manuel Campa, Präsident der Bankenaufsicht EBA, forderte die Banken dazu auf, in Bezug auf die Analyse von Kreditrisiken und Dividendenzahlungen „vorsichtig“ zu sein, weil es „große Unsicherheiten“ im Hinblick auf die weitere wirtschaftliche Entwicklung gebe. Die Banken müssten „auf das Schlimmste“ vorbereitet sein. Der Anteil der Kredite, die noch nicht notleidend seien, es aber bald werden könnten, steige. Die Gefahr von Insolvenzen wachse, sagte er der Zeitung „Il Sole 24 Ore“. „Wir erwarten, dass die Banken die Auswirkungen der Entwicklungen auf ihre Bilanzen in den nächsten zwei Jahren bewerten, und zwar in konservativer Weise.“

Doch Italiens Bankenverband sucht Hilfe vor allem beim Staat bzw. in Europa– so wie in der Pandemie, auch wenn die beiden Fälle nach Ansicht Campas nicht vergleichbar sind. „Für Moratorien brauchen wir eine Einigung in Europa und moralisches Zureden der EBA, um eine neue Flexibilität bei der aufsichtsrechtlichen Behandlung von Krediten zu erreichen, die von möglichen Moratorien betroffen sind. Wir hoffen, dass die italienischen Behörden einen Anstoß zur Verlängerung der Moratorien geben werden“, sagte Patuelli kürzlich. Patuelli fürchtet eine mögliche Kreditklemme. Die Rückzahlungsfristen für die Unternehmen müssten verlängert werden.

Zwar haben die jüngsten Zinserhöhungen kurzfristig positive Effekte auf die Bankenbilanzen. Die Zinsüberschüsse der italienischen Banken sind im dritten Quartal deutlich gestiegen. Doch Patuelli fürchtet negative Effekte, weil Italiens Banken, die fast 400 Mrd. Euro oder 12,7 % der italienischen Schulden halten, dadurch Wertverluste bei ihren Staatstiteln erleiden. Bei einer Veranstaltung in Mailand schlug er deshalb Alarm, auch weil zum 1. Januar bisher geltende Maßnahmen zur Entlastung der Institute in Bezug auf ihre Staatsbonds in den Bilanzen auslaufen. Die Banken wollen auch deshalb das Volumen der staatlichen Anleihen tendenziell reduzieren. Es kommt hinzu: Ein Anstieg des Spreads zwischen deutschen und italienischen Anleihen, der zuletzt auf unter 200 Basispunkte zurückging, könnte unabsehbare Konsequenzen für Italiens Institute haben.

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