Italiens Banken tief in der Krise

Verstaatlichung der Volksbank von Bari gefordert - Hohe Kreditausfälle drohen

Italiens Banken tief in der Krise

bl Mailand – Die Coronavirus-Pandemie stellt das italienische Bankensystem vor gigantische Probleme. Vor allem für die verbliebenen kleinen Institute wird es hart. Ennio Doris, Präsident der Bank Mediolanum, fordert die Verstaatlichung von Banken, angefangen bei der Volksbank von Bari (Banca Popolare di Bari). Das Institut könne so zu einer Bank für den Süden gemacht werden, die Kredite an Mittelständler in Süditalien vergibt und wegen ihres staatlichen Mehrheitsaktionärs Vertrauen genieße. “Wenn die Bank staatlich ist, bleiben die Kunden”, sagte er der Zeitung “Corriere della Sera”.Die EU-Kommission erlaubt staatliche Hilfen – allerdings nur bis Ende des Jahres. Man müsse jetzt “alles tun, ohne irgendwelche Einschränkungen”, verlangte Doris gegenüber dem “Corriere della Sera”. Seine Familie kontrolliert mehr als 40 % der Bank. Weitere 30 % hält Silvio Berlusconis Finanzholding Fininvest. Die Volksbank von Bari ist durch eine über Jahrzehnte andauernde abenteuerliche Geschäftspolitik und das Versagen der Aufsicht in eine starke Schieflage geraten und musste 2019 mit erheblichen staatlichen Mitteln vor dem Konkurs gerettet werden.Zwar weist Italiens Bankensystem stabile Banken wie Unicredit, Intesa Sanpaolo oder Mediobanca auf, die zu den ertragsstärksten Instituten Europas zählen. 2019 wiesen viele Banken Rekordergebnisse aus. Doch eine drohende Pleitewelle speziell der vielen Mittelständler im Land bedroht das gesamte System. Denn ein Großteil der Produktion des Landes steht still. Italiens Banken hatten im Februar einen Kreditbestand von 1,67 Bill. Euro. Die Institute haben das Nettovolumen ausfallgefährdeter Kredite seit Ende 2015 von über 13 % per Ende Januar 2020 auf 7,2 % reduziert. Sie sind zwar gut vorangekommen beim Abbau fauler Darlehen, doch dieser Anteil ist immer noch doppelt so hoch wie im europäischen Durchschnitt. Eine Pleitewelle unter den Unternehmen würde zu einem dramatischen Anstieg führen. Es kommt hinzu, dass die Refinanzierungskosten für Italiens Banken trotz der Hilfen der Europäischen Zentralbank (EZB) noch immer deutlich höher sind als die der Institute anderer Länder. Außerdem brechen die Provisionseinnahmen weg, und der Zinsüberschuss dürfte sinken, weil die Zinsen tendenziell weiter zurückgehen. Verstärkt wird die negative Geschäftsentwicklung durch den Druck der Gewerkschaften, einen Großteil der Filialen zu schließen. Gefährdete InstituteGefährdet sind vor allem die wenigen verbliebenen Volksbanken und Sparkassen, aber auch mittelgroße Banken wie die Mailänder BPM. Die geplante Mehrheitsübernahme der Genueser Carige durch die Trientiner Genossenschaftsholding Cassa Centrale Banca (CCB) ist mehr als unsicher geworden. Carige wird seit der “Rettung” mit staatlicher Hilfe mehrheitlich vom Einlagensicherungsfonds Fitd der Privatbanken kontrolliert. Auch die mit der EZB vereinbarte Privatisierung der Monte dei Paschi di Siena (MPS), für die Rom in diesen Tagen einen Fahrplan vorlegen sollte, ist nicht realistisch. Die Bank ist nach dem angekündigten Rücktritt von CEO Marco Morelli auch intern in einer schwierige Lage. Einen Nachfolger gibt es noch nicht.Viele Banken haben Ratenzahlungen gestundet und Kreditlaufzeiten verlängert. Intesa Sanpaolo stellt Unternehmen 15 Mrd. Euro an Liquiditätshilfen bereit. Der Bankenverband Abi hat ein Moratorium für Kreditrückzahlungen verkündet, um Kleinunternehmen und Privatleute zu entlasten. Die Konsequenzen für die Institute sind nicht absehbar.Staatliche Hilfsmaßnahmen dürften nur vorübergehend entlastend wirken. Außerdem übernimmt der Staat zwar weitreichende Garantien für Kredite, um Unternehmen nicht pleitegehen zu lassen. Diese decken aber nicht 100 % des Risikos ab, was viele Institute zögern lässt. Die staatliche Unterstützung wird begleitet von Maßnahmen der EZB, die Banken bessere Bedingungen für die Kreditvergabe gewähren. Außerdem sind die Kapital- und Liquiditätsregeln für Banken vorübergehend ausgesetzt bzw. gelockert worden. Aus italienischen Politik- und Bankenkreisen kommen Forderungen nach wesentlich weiter gehenden Entlastungen und der Lockerung von Regeln.Erstaunlich ist, dass die italienischen Banken trotzdem Dividenden für 2019 ausschütten wollen – obwohl die Finanzaufsicht anderer Länder wie etwa die BaFin empfehlen, vorerst von Dividendenzahlungen abzusehen, und einzelne Banken dieser Empfehlung auch gefolgt sind. Sowohl Intesa Sanpaolo als auch Unicredit, BPM, Ubi und BPER halten an ihren Dividendenplänen fest.