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Italiens Banken vor heißem Herbst

Von Thesy Kness-Bastaroli, Mailand Börsen-Zeitung, 16.9.2015 Für Italiens Banken bahnt sich ein heißer Herbst an. Die mögliche Bildung einer Bad Bank, Kapitalerhöhungen bis zu 5 Mrd. Euro, Zusammenschlüsse von Volksbanken, Governance-Änderungen und...

Italiens Banken vor heißem Herbst

Von Thesy Kness-Bastaroli, MailandFür Italiens Banken bahnt sich ein heißer Herbst an. Die mögliche Bildung einer Bad Bank, Kapitalerhöhungen bis zu 5 Mrd. Euro, Zusammenschlüsse von Volksbanken, Governance-Änderungen und Wandel in der Aktionärsstruktur stehen bevor. Auch müssen Italiens Banken Kosten einsparen und über 10 % ihres Personals von insgesamt 300 000 Beschäftigten abbauen. “Das größte Problem der mittelgroßen italienischen Banken ist es derzeit, den geeigneten Partner zu finden, um am Konsolidierungsprozess teilzunehmen”, kommentiert Bankexperte Prof. Stefano Caselli von der Bocconi-Universität die Situation.Seit Monaten steht die Bildung einer Bad Bank zur Diskussion. Die zuständige Behörde in Brüssel hat das Projekt noch nicht abgesegnet. Mailänder Finanzkreise sind der Ansicht, dass es für eine Bad Bank zu spät ist. Diese hätte vor drei bis vier Jahren gebildet werden müssen. “Inzwischen haben die Banken mittels Kapitalerhöhungen, Wertberichtigungen und Rückstellungen das Bestmögliche getan, um ihre Bilanzen zu säubern”, meint Caselli. Auch die Regierung hat das Ihrige dazu beigetragen. Sie hat nicht nur die längst fällige Reform der Volksbanken beschlossen, das Konkursverfahren dem europäischen Niveau angepasst und eine Veränderung bei steuerlichen Abschreibungen in Bankbilanzen angeregt, um das Problem der Non Performing Loans (NPL) zu erleichtern, sondern sie plant auch eine Reform der genossenschaftlich organisierten Banken. Da diese Banken verfassungsmäßig geschützt sind, ist eine entsprechende Reform äußerst heikel. Doch besser als gedachtDie Problemkredite haben sich auch negativ auf die jüngste Bewertung durch die EZB ausgewirkt. Zwar schnitten Italiens Banken besser ab, als ursprünglich vorgesehen war, erklärteUnicredit-Chef Federico Ghizzoni. Immerhin wurde keine der 13 überprüften Banken in die letzte Kategorie, jene mit dem höchsten Risiko, versetzt. Vier Banken jedoch, welche den höchsten Anteil an Problemkrediten aufweisen, gerieten in die mit einem hohen Risiko versehene vierte Kategorie (MPS, Banca Carige und die beiden Volksbanken von Vicenza und Veneto Banca). Der Großteil der Banken, acht Kreditinstitute (Unicredit, Banco Popolare, Ubi Banca, ICCR, Banca Popolare di Milano, Banca Poplare Emilia Romagna, Banca Popolare di Sondrio) wurden der dritten Kategorie mit einem mittleren Risikograd zugeordnet. Nur eine einzige Bank, Italiens meistkapitalisiertes Kreditinstitut Banca Intesa Sanpaolo, hat die zweite Klasse mit relativ niedrigem Risikograd erreicht. Im November soll die Bewertung offiziell werden.In den nächsten Monaten stehen weitere Kapitalerhöhungen bei Italiens Volksbanken bevor. Denn die vor wenigen Monaten verabschiedete Reform sieht nicht nur eine Umwandlung der Volksbanken in Aktiengesellschaften, Börsengänge und Fusionen zwischen den Banken vor. Um sich für Fusionen zu rüsten, müssen die Volksbanken ihre Kapitaldecke festigen. Banca Popolare di Vicenza und Veneto Banca haben bereits Kapitalaufstockungen von 1,5 Mrd. bzw. 800 Mill. Euro beschlossen. Ein zur Diskussion stehender Banken-Rettungsfonds soll die drei knapp vor dem Konkurs stehenden kleinen Kreditinstitute vor dem zu Jahresbeginn 2016 in Kraft tretenden Bail-in bewahren: Es handelt sich um die Sparkasse von Ferrara, Banche Marche und die Volksbank Etruria. Der von Italiens Kreditinstituten geplante Rettungsfonds soll mittels eines Zuschusses von 1,5 Mrd. Euro die drei Banken vor dem finanziellen Zusammenbruch bewahren und ihre Sanierung einleiten, damit sie innerhalb von zwei bis drei Jahren verkauft werden können.Das Debüt bei der sich anbahnenden Konsolidierung im Bankensektor könnten die zwei größten Volksbanken Banco Popolare und Ubi Banca machen, die gemeinsam zur drittgrößten Bank Italiens mit einer Kapitalisierung von rund 11 Mrd. Euro avancieren würden. Zweifellos wird jene Bank, welche den ersten Schritt bei der Konsolidierung macht, am meisten davon profitieren. Insofern bemühen sich die beiden größten Volksbanken, den anderen zuvorzukommen. Kontakte der beiden Banken für eine künftige Ehe sind bereits im Gang. Auch die Mailänder Volksbank BPM bestätigt Annäherungsversuche an die Volksbank der Emilia Romagna BPER. Hingegen dürfte das bereits vor Monaten avisierte Zusammengehen der beiden Volksbanken aus Venetien (Veneto Banca mit Volksbank von Vicenza) an deren dünner Kapitaldecke scheitern. Denn Veneto Banca wies zur Jahresmitte eine CET1 Ratio von 8,1, Banca Popolare di Vicenza von nur 6,8 % aus.Italiens Banken sind dabei, ihre Governance zu ändern. Banca Intesa Sanpaolo weicht vom bisherigen dualen Führungsstil ab, wofür zweifellos auch der Kostenabbau entscheidend ist. Angeblich haben die ausländischen Investoren einen Governance-Wechsel gefordert. Infolge des neuen Bankstiftungsgesetzes wird sich die Beteiligung der Bankstiftungen bei Italiens Großbanken verringern, das Engagement der ausländischen Investoren wird sich erhöhen.Seit 2014 haben die Stiftungen Bankanteile im Wert von 2 Mrd. Euro abgegeben. Der Abbau an Bankbeteiligungen soll sich auch in Zukunft fortsetzen. Bei Intesa Sanpaolo sind 71 % des Kapitals gestreut: Zu den ausländischen Großaktionären zählen der US-Investor BlackRock, Norges Bank und People’s Bank of China. Auch bei Unicredit wollen die Bankstiftungen als traditionelle Aktionäre künftig kürzertreten. Die Sparkassenstiftung von Verona mit 3,6 % Anteilen bei Unicredit hat bereits einen Beteiligungsabbau angekündigt. Ausländische Investoren mit Aabar, dem Staatsfonds aus Abu Dhabi, BlackRock, die Zentralbank von Libyen und People’s Bank of China übertreffen bereits das Engagement der Stiftungen. Nicht nur bei den Aktionären, auch im Management ist ein Wandel im Gang. Generaldirektor Roberto Nicastro hat kürzlich seinen Rücktritt erklärt, der bisherige Finanzchef von Monte dei Paschi di Siena, Bernardo Migrone, soll angeblich als neuer Finanzchef bei Unicredit walten und im gesamten Personalabbauplan soll bis 2018 die Kürzung von rund 10 000 Mitarbeitern inklusive 120 Managern stehen.Änderungen sind auch bei Italiens bisheriger Problembank MPS zu erwarten. Der am Dienstag neu ernannte Präsident Massimo Tononi hat schwierige Monate vor sich: Er muss nicht nur Finanzchef Bernardo Migrone ersetzen. Das bisherige Aktionärsbündnis zwischen der Stiftung und den beiden südamerikanischen Großaktionären soll erweitert werden. Auf EZB-Anraten soll ein neuer Partner für MPS gefunden werden. Doch bisher ist kein Kandidat in Sicht. Analysten sind der Ansicht, dass es MPS auch im Alleingang schafft. Als größte Bank im mittel- und süditalienischen Raum hat sie nun, nach ihrer Sanierung und im Hinblick auf den erwarteten Wirtschaftsaufschwung, Wachstumspotenzial.