Japans Bankenkampf setzt Regierung unter Druck
Von Martin Fritz, Tokio
So eine spannende Schlacht hat der japanische Bankensektor schon lange nicht mehr erlebt: Die Finanzgruppe SBI Holdings will die Kontrolle über die Shinsei Bank übernehmen und ihr Management austauschen. Die Shinsei-Führung hält dagegen und plant, die Anteile von SBI durch die Ausgabe neuer Aktien zu verwässern und auf diese Weise den Angreifer zu schwächen. Die Regierung als Großaktionär von Shinsei ist dabei Zünglein an der Waage.
Vor zwei Wochen hatte SBI den Shinsei-Aktionären unaufgefordert 2000 Yen je Aktie geboten. Das entsprach einem Aufschlag von 39% auf den damaligen Kurs, der nach dem Angebot schlagartig gestiegen ist. Die Zukäufe würden SBI bis zu 116,4 Mrd. Yen (909 Mill. Euro) kosten, da die Gruppe ihren bestehenden Anteil von 20% auf bis zu 48% ausbauen will. Das Kalkül: Unter dieser Schwelle würde sie nicht als Banken-Holding eingestuft und könnte eine stärkere Regulierung vermeiden.
SBI-Chef Yoshitaka Kitao möchte alle Finanzdienste aus einer Hand anbieten und dadurch Japans vierte Großbank schmieden. Derzeit bieten nur die Finanzgruppen Mitsubishi UFJ (MUFG), Sumitomo Mitsui (SMFG) und Mizuho FG, die in der Bilanzsumme bis zu 50 Mal größer als SBI sind, sämtliche Dienste an. Unter den SBI-Fittichen befinden sich bereits Japans größter Onlinebroker, eine Onlinebank und eine Vermögensverwaltung. Der fehlende Baustein ist ein Verbraucherkreditgeschäft, das durch eine Übernahme von Shinsei hinzukäme.
Der 70-jährige Kitao hatte vor zwei Jahren die Shinsei-Anteile des US-Investors J.C. Flowers gekauft und war zum größten Aktionär aufgestiegen. Ein erster Versuch, die Kontrolle zu übernehmen, scheiterte am Widerstand von CEO Hideyuki Kudo, der sich anschließend mit dem SBI-Brokerrivalen Monex verbündete. Als SBI-Chef Kitao die Absetzung von Kudo auf der Hauptversammlung erwog, meldete die Aufsicht Bedenken an. Daher will Kitao die Übernahme nun über das direkte Angebot an die Aktionäre erreichen. Sein Gegner Kudo konterte jedoch: Die Shinsei-Aktionäre sollen neue Aktien ausgeben dürfen. Das Votum über diese „Giftpille“ für SBI soll auf einem außerordentlichen Aktionärstreffen Ende Oktober stattfinden.
Jedoch bringt Kudo mit seinem Zug die Regierung in eine Zwickmühle. Aufgrund der staatlichen Kapitalspritze von 370 Mrd. Yen (2,9 Mrd. Euro) für die Nachfolgerin der 1998 kollabierten Long-Term Credit Bank of Japan halten zwei staatliche Institute zusammen 21,8% von Shinsei. Blockieren sie die Giftpille, würde die Regierung ihre bisherige Unterstützung für Shareholder-Aktivismus bestätigen. Ein Votum dafür wäre ein gegenteiliges Signal und zum Nachteil der Steuerzahler. SBI will den Wert von Shinsei mit einer aktuellen Bilanzsumme von 10,7 Bill. Yen (84 Mrd. Euro) steigern. Ihre Aktie liegt derzeit 80% unter dem Ausgabekurs von 2004, das Kurs-Buch-Verhältnis dümpelt bei 0,33.
SBI-Chef Kitao setzt auf das Wohlwollen der Regierung. Seine Gruppe hat sich in den vergangenen Jahren an einigen besonders schwach aufgestellten Regionalbanken beteiligt und die Hoffnung auf deren Zusammenschluss geweckt. Eine Konsolidierung der 80 Regionalbanken gehört zu den politischen Zielen des scheidenden Premiers Yoshihide Suga. Auch sein Nachfolger dürfte daran interessiert sein.