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Joint Ventures führen aus der Finanzierungsfalle

Börsen-Zeitung, 23.5.2013 Aktuell klafft in Deutschland eine Kapitallücke am Markt für Immobilienfinanzierungen: Für Super- Core-Immobilien bieten Pfandbriefbanken billige Finanzierungsmöglichkeiten von unter 3% bei einem Fremdfinanzierungsgrad von...

Joint Ventures führen aus der Finanzierungsfalle

Aktuell klafft in Deutschland eine Kapitallücke am Markt für Immobilienfinanzierungen: Für Super- Core-Immobilien bieten Pfandbriefbanken billige Finanzierungsmöglichkeiten von unter 3% bei einem Fremdfinanzierungsgrad von bis zu 65%. Wer höher finanzieren möchte, muss sich an Mezzanine-Kapitalgeber wenden und für 10 bis 15 Prozentpunkte mehr Fremdkapital mindestens 10% Zinsen zahlen.Neuerdings werden Versicherer, die Immobiliendarlehen anbieten, als Retter in der Not beschrieben, die die Kapitallücke schließen könnten. Das ist allerdings nur sehr eingeschränkt der Fall. Den Versicherern mangelt es an Fachpersonal zur Strukturierung und Verwaltung großvolumiger gewerblicher Immobilienkredite. So kommen die Angebote der Versicherer zu spät und schaffen keine Abhilfe. Denn sie fordern 4% bei ähnlichen Eigenkapitalanforderungen wie bei Pfandbriefbanken. Die Laufzeiten sind zwar länger, machen die Angebote aber nicht attraktiv genug. Die Kapitallücke bleibt also bestehen.Als der Markt für Commercial Mortgage Backed Securities (CMBS) vor der Finanzkrise noch funktionierte, gab es diese Kapitallücke nicht. Für jede Risikoklasse waren die passenden Wertpapiere vorhanden. Investoren hatten in der jeweiligen Risikoklasse ein gut diversifiziertes Portfolio mit Immobilienkrediten und das Risiko wurde entsprechend entlohnt.Aufgrund dieser sinnvoll diversifizierten Angebotsstruktur stieg die Nachfrage nach solchen Verbriefungen von 2003 bis 2007 so stark an, dass sich die Initiatoren dazu verleiten ließen, den Leverage zu erhöhen und auch zuvor unfinanzierbare Immobilien und Sponsoren zu finanzieren und danach zu verbriefen. Die Gier der Banken nach leichten CMBS-Vertriebsprovisionen bei gleichzeitig fehlender Haftung, die mangelhafte Kontrolle und Unabhängigkeit der Ratingagenturen führten schließlich zur Finanzkrise.Mit der Finanzkrise wurde der CMBS-Markt weltweit auf Eis gelegt. Seit 2010 begann jedoch das Eis in den USA rapide zu schmelzen. Unter den neuen verschärften Regeln “CMBS 2.0” wurden in den USA bereits den Statistiken des Portals Commercial Mortgage Alert zufolge über 30 Mrd. Dollar bis Mitte April aufgelegt. Im Vorjahr waren es zum gleichen Zeitpunkt nur knapp 8 Mrd. Dollar.Nur in Europa fehlt dem Markt für Immobilienfinanzierungen ein breites, mehrstufiges Angebot. Es gibt zwar einen Hoffnungsschimmer, dass sich das CMBS-Marktsegment auch in Europa zum Beispiel für größere Wohnungspakete in Deutschland aktuell ein wenig erholt. Es ist allerdings nicht absehbar, dass der Verbriefungsmarkt auf kurzfristige Sicht in der Form und für alle Immobilienklassen die Wiederauferstehung feiern wird. Daher denken Akteure der Immobilienwirtschaft intensiv über Alternativen nach.Börsennotierte Unternehmen können als Alternative zum teuren Mezzanine-Kapital Wandelanleihen ausgeben oder ihr Kapital erhöhen. Von den großen internationalen Immobilien-AGs und Reits werden auch ungesicherte Unternehmensanleihen als Finanzierungsinstrument akzeptiert.Wer als nicht börsennotierte Gesellschaft die Mühen und Kosten eines Börsenganges scheut, kann über sogenannte programmatische Joint Ventures Kapital einsammeln. Dabei werden zumeist institutionellen Investoren im Vorfeld neben der klaren Rendite auch konkrete Standorte bis zu spezifischen Immobilien zur Co-Investition angeboten.So wäre es zum Beispiel denkbar, dass ein Immobilienunternehmen ein Teilportfolio definiert, das zur Refinanzierung ansteht. Dabei werden 65% des Volumens ohnehin herkömmlich über Pfandbriefbanken finanziert. Für die übrigen 35% werden nun Investoren gesucht, denen je nach Lage und Qualität der Immobilien eine Rendite zwischen 5 und 9% angeboten wird. Die zeichnungswilligen Investoren bilden dann letztlich ein Joint Venture, das in diesem Beispiel in ganz bestimmte Immobilien investiert.Aktuell ist zu beobachten, dass es solche Transaktionen immer häufiger gibt. Programmatische Joint Ventures eignen sich sehr gut, um die derzeitige Kapitallücke zu füllen. Anders als bei CMBS müssen dabei aus Sicht der Sponsoren für die verschiedenen Investorenklassen weitaus unterschiedlichere, individuellere Regelungen über das Management (AIFM), Steuern und Anlagevorschriften beachtet werden.—-Ben Lehrecke CEO der Vitus Immobilien Gruppe