Kehraus im EU-Parlament
Kehraus im EU-Parlament
Abgeordnete billigen Kapitalvorgaben, Lieferkettengesetz und Anti-Geldwäscheregeln sowie Position im Krisenmanagement
Das Plenum des EU-Parlaments hat in einem Abstimmungsmarathon eine Reihe wichtiger Finanzmarktgesetze abgeschlossen, darunter die Umsetzung der internationalen Baseler Vereinbarungen über Kapitalvorgaben in EU-Recht, die Verschärfung der Regeln gegen Geldwäsche und das umstrittene Lieferkettengesetz.
fed Frankfurt
Die Europaabgeordneten haben am Mittwoch der letzten Sitzungswoche dieser Legislaturperiode den finalen Haken hinter drei für die Finanzwirtschaft entscheidende Gesetzesverfahren gesetzt. Zugleich haben sie in einem vierten Dossier, den EU-Vorgaben für Krisenmanagement und Einlagensicherung (CMDI), dafür gesorgt, dass das neu zusammengesetzte EU-Parlament nach den Europawahlen unverzüglich in die Schlussverhandlungen mit dem Rat einsteigen kann.
Umsetzung von Basel III beschlossen
Eine der umfassendsten kreditwirtschaftlichen Vorgaben dieser Amtsperiode sind die neuen Kapitalregeln, die von Aufsichtsbehörden als „Basel III final“ bezeichnet werden, von vielen Bankern mit kritischem Unterton als „Basel IV“, weil die Anpassungen von ihnen als erheblich empfunden werden. Im Zentrum steht die Festlegung einer fixen Untergrenze, dem Output Floor, für Eigenkapitalanforderungen. Damit werden die Spielräume beschränkt, sich durch interne Risikomodelle vom Standardansatz zu entfernen. Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber spricht von einem „Kompromiss mit Augenmaß“, da es gelungen sei, Übergangsregeln für Immobilien- und Mittelstandsfinanzierung einzufügen. Ferber nutzt die Verabschiedung des Regelwerks für den mahnenden Hinweis, darauf zu achten, dass Großbritannien und die USA die in Basel verabredeten Vorgaben ebenfalls zügig in nationales Recht übersetzen.
Abschluss nach Hü und Hott
Anders als beim Basel-Bankenpaket ist noch vor wenigen Wochen nicht absehbar gewesen, dass auch das umstrittene EU-Lieferkettengesetz einen Abschluss finden wird – was am Mittwoch nach langem Hü und Hott geschehen ist. Im Dezember verständigten sich zwar Rat und EU-Parlament auf einen Kompromiss, der aber auf Drängen der FDP-Minister von Deutschland anschließend infrage gestellt wurde. Mitte März überstimmten die EU-Partner jedoch die Bundesregierung, nachdem es dem belgischen EU-Ratsvorsitz gelungen war, Italien ins Ja-Lager zu bewegen. Das EU-Lieferkettengesetz soll sicherstellen, dass in Europa tätigen Unternehmen Sorgfaltspflichten gegenüber ihren Zulieferern auferlegt werden, damit Kinderarbeit oder schwerwiegende Umweltverschmutzung verhindert wird. Firmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten müssen die EU-Vorgaben erfüllen, sofern ihr Umsatz 450 Mill. Euro überschreitet.
Zum Abschluss gebracht wurde am Mittwoch auch die Novellierung der Anti-Geldwäschegesetze, unter anderem mit einer Ausweitung des Anwendungsbereichs etwa auf Fußballvereine oder Luxusgüterhändler und mit einer Oberschwelle für Bargeldgeschäfte bei 10.000 Euro.
Zankapfel Krisenmanagement
Noch nicht abgeschlossen, aber im Verfahren nun einen Schritt vorangebracht worden ist schließlich ein Gesetzespaket, dass den deutschen Kreditinstituten, insbesondere Volksbanken und Sparkassen, Sorgen bereitet – die CMDI. Mit dieser Abkürzung wird ein Omnibus-Gesetz bezeichnet, das unter anderem die EU-Abwicklungsrichtlinie (BRRD) anpassen soll. Es zielt darauf, das EU-Abwicklungsverfahren (Single Resolution Mechanism) nicht allein auf systemrelevante Banken zu beschränken, sondern es auch auf kleinere Institute anzuwenden, die ins Wanken geraten. Damit soll dem Risiko vorgebeugt werden, dass – im Rahmen nationaler Insolvenzverfahren – doch auf Steuerzahlergeld zurückgegriffen wird. Um jedoch Abwicklungen mittelgroßer Banken finanzieren zu können, die nicht im gleichen Maße wie Großbanken verlustabsorbierendes Kapital (MREL) für den Notfall aufbauen können, sieht das aktuelle Gesetzespaket Möglichkeiten vor, einfacher auf die Einlagensicherung zurückzugreifen, sehr zum Unmut von Sparkassen und Volksbanken.