Fraport-Aktionäre auf Diät
„Investoren denken immer
in Alternativen“
lis Frankfurt
Von Lisa Schmelzer, Frankfurt
Als Christoph Nanke im Jahr 2001 anfing, für den Flughafenbetreiber Fraport zu arbeiten, wurde der Diplom-Kaufmann ins kalte Wasser geworfen. Kaum angekommen, „wurde ich gleich mal ins Rettungsteam Manila geschickt“, erinnert sich Nanke, der seit 2018 den Bereich Finanzen und Investor Relations (IR) leitet, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. „Manila“ steht in den Annalen des Unternehmens für einen langwierigen juristischen Streit um ein Terminal am Flughafen der philippinischen Hauptstadt, deren Besitzer – unter anderem Fraport – der philippinische Staat enteignet hatte. Auch wenn irgendwann Entschädigungen flossen, saß das Trauma damals tief. Und warf lange Schatten auf das internationale Geschäft der Frankfurter. Für Nanke stellte sich der Kaltstart dagegen als wahrer Karrierebooster heraus, nach dem Manila-Projekt war der ehemalige Banker unter anderem Interims-Geschäftsführer am Flughafen Antalya und dann für drei Jahre Chef des Ground-Handling-Geschäfts des Flughafenbetreibers in Wien. „Diese Tochter musste ich später aus anderer Rolle heraus verkaufen“, erinnert sich der 58-Jährige, der vor seinem Studium an der Universität Bamberg eine Banklehre absolviert hat. „Es gab bei mir in meiner Zeit im internationalen Geschäft von Fraport keine eng gefassten Grenzen der Tätigkeit.“ Als er später, von 2008 an, Führungspositionen im Bereich Internationales Geschäft des Konzerns übernahm, fielen in seine Amtszeit unter anderem die Übernahmen von Flughäfen in Brasilien und Griechenland.
Im Vergleich zu diesem Ritt über die Kontinente wirkt der heutige Tätigkeitsbereich von Nanke – Finanzen und IR – nahezu dröge. Dass dieser Eindruck entstehen kann, versteht der Fraport-Manager zwar, aber „nach mehr als 15 Jahren internationales Beteiligungsgeschäft war ich offen für neue berufliche Herausforderungen durch einen Tätigkeitswechsel, und Kapitalmarktkommunikation war für mich was Neues“. Zumal nach dem Start in den neuen Job schon bald die Corona-Pandemie durch die Welt fegte – „eine der herausforderndsten Zeiten in meiner beruflichen Laufbahn“. Ständig habe man sich gefragt, wie es weitergeht, ob irgendwann doch die Liquidität nicht mehr ausreicht. „Was sich damals ausgezahlt hat, war die sehr gute Beziehung zu unseren Kernbanken“, betont Nanke. Was für die Finanzabteilung bei Finanzierungsthemen ein Bonus ist – die staatlichen Mehrheitseigentümer Land Hessen und Stadt Frankfurt -, ist aufseiten der Investoren zumindest erklärungsbedürftig. „Es schwingt schon immer die Frage mit, ob sich die Politik ins Geschäft einmischt“, sagt der Vater zweier Kinder. „Das muss man erklären, aber es wird verstanden, dass Strategie und Tagesgeschäft nicht beeinflusst werden.“
Erklärungsbedarf besteht aktuell auch, weil der Flughafenbetreiber derzeit angesichts der hohen Verschuldung auf Ausschüttungen an die Aktionäre verzichtet. Das sei schon eine Belastung, weil andere Airports oder Infrastrukturunternehmen nach der Pandemie schneller wieder zu einer Dividendenzahlung zurückgekehrt sind. Und „Investoren denken immer in Alternativen“. Aber gerade die vielen langfristigen Investoren wie Pensionsfonds aus Australien, Kanada und den USA zeigen Verständnis. „Unser Investitionszyklus, der leider genau mit der Pandemie zusammenfiel, nähert sich langsam dem Ende. Deshalb ist der Turnaround beim Cashflow absehbar und damit auch eine Wiederaufnahme der Ausschüttung.“ Investoren brauchen noch ein bisschen Geduld und „wir müssen jetzt liefern“.
Kritik an CSRD
Laut Nanke, der vor seiner Zeit bei Fraport unter anderem bei der Depfa Bank (jetzt Aareal) und der Bayerischen Immobilien-Leasing gearbeitet hat, haben Investor-Relations-Themen in seinem Job „schon in normalen Zeiten ein leichtes Übergewicht.“ Viele Investorengespräche führt der Leiter Finanzen und IR selbst oder zeigt Analysten auch mal die Baustelle des neuen Terminals 3. Da die Finanz- und Nachhaltigkeitsberichterstattung ebenfalls in den IR-Bereich fällt, sorgt derzeit die Implementierung der EU-Richtlinie für Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) für einen „erheblichen Mehraufwand“. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung werde sich deutlich ausweiten, „der nichtfinanzielle Teil des Geschäftsberichts wird sich mindestens verdreifachen“.
Vom Gedankengang her seien die Überlegungen der EU, die zu CSRD geführt haben, gut – Finanzströme sollen zu umweltfreundlicheren Unternehmen gelenkt werden –, „aber die Ausgestaltung führt zu einem administrativen Aufwand, der für europäische Firmen eine große Belastung darstellt“. Zumal, so beobachtet es Nanke, das Interesse an dieser sehr detaillierten Art der Nachhaltigkeitsberichtserstattung sich in Grenzen halte. „Vor der Pandemie hatten wir einzelne Termine mit Fokus ESG, aktuell wird das deutlich weniger nachgefragt.“
Hier finden Sie alle Beiträge der Serie Investor Relations in Person.