Kleinanleger bei Immobilienanlagen in der Zwickmühle

Das Finanzministerium will offene Immobilienfonds verbieten - Doch die geschlossenen Fonds als Alternative sind nicht der Weisheit letzter Schluss

Kleinanleger bei Immobilienanlagen in der Zwickmühle

Das Bundesfinanzministerium will neue offene Immobilienfonds verbieten. Aus Gründen des Anlegerschutzes sollen Privatanleger besser in geschlossene Immobilienfonds investieren, heißt es. Doch gerade diese stehen schon lange wegen ihrer Gebührenstruktur in der Kritik.Von Julia Roebke, FrankfurtDas Bundesfinanzministerium zieht die Reißleine. Die Beamten haben genug von den Querelen mit offenen Immobilienfonds, die aus Liquiditätsgründen die Rückgabewünsche der Anleger nicht bedienen können. In der Konsequenz haben sie, mit Verweis auf den Anlegerschutz, in einem Diskussionsentwurf zur Umsetzung der europäischen Richtlinie zur Regulierung alternativer Investments (AIFM) in deutsches Recht neue offene Immobilienfonds verboten. Privatanleger sollen stattdessen doch lieber auf geschlossene Fonds ausweichen, die qua festgelegter Laufzeit gar nicht in Liquiditätsschwierigkeiten kommen können. Die Branche ist in Aufruhr und machte ihrer Verärgerung ob der neuen Pläne gestern auch bei einer Anhörung im Bundesfinanzministerium Luft.Wie das Gesetz unter Berücksichtigung der vielfältigen Stellungnahmen der Branchengrößen letztlich ausfallen wird, vermag noch niemand zu sagen. Pikant ist allerdings der Ansatz des Finanzministeriums allein schon deshalb, weil Privatanlegern mit geschlossenen Fonds nun ein Produkt ans Herz gelegt wird, das schon seit vielen Jahren wegen der Strukturierung der Gebühren in der Kritik steht.Dass die geschlossenen Fonds in der jetzigen Form wohl auch nicht der Weisheit letzter Schluss sind, hat auch das Ministerium erkannt und dort einige Veränderungen vorgestellt. So soll etwa die Mindestanlage bei Fonds, die das eingesammelte Geld nur in ein Objekt investieren, künftig 50 000 Euro betragen, und auch der Fremdkapitalanteil bei den Produkten soll künftig maximal 30 % betragen. Zu den hohen Gebühren findet sich in dem 545 Seiten umfassenden Diskussionsentwurf jedoch keine Zeile. “Der Entwurf des Ministeriums enthält keine Vorgaben zur Gebührenstruktur oder zur Höhe der Gebühren bei geschlossenen Fonds”, berichtet Daniel Voigt, Rechtsanwalt bei der Kanzlei Linklaters in Frankfurt. Allerdings bestünde weiterhin Gebührentransparenz für geschlossene Fonds durch Vorgaben zu entsprechender Information in den Prospekten.Gesetzliche Vorgaben, wie hoch die Gebühren ausfallen dürfen, gibt es auch bei offenen Immobilienfonds nicht. Doch ein Vergleich der Kostenstruktur zeigt, dass sich bei geschlossenen Fonds für den Anleger gerade am Anfang des Investments eine hohe Belastung ergibt. Diese sogenannten Weichkosten oder Upfront Fees, worunter neben den Ausgaben für die Strukturierung des Fonds (Marketing, Prospektdruck, Kosten für Gutachten etc.) auch die Vermittlungsprovisionen fallen, stehen bei den Verbraucherschützern oft in der Kritik. Nach Berechnungen des Analysehauses Scope lagen die Weichkosten bei im Inland investierenden Immobilienfonds im ersten Quartal im Durchschnitt bei 17,6 %, von denen bis zu zwei Drittel auf die Vermittlungsprovision entfallen. Im Jahr 2011 lag dieser Wert noch bei 18,28 %, was bedeutet, dass von dem Geld, das ein Anleger insgesamt in die Hand nimmt (inklusive Agio), im Schnitt 81,72 % in das jeweilige Immobilieninvestment fließen.Im Gegenzug dazu fallen die jährlichen Verwaltungskosten bei den geschlossenen Fonds meist geringer aus als bei Investmentfonds. Offene Immobilienfonds stellen den Anlegern meist 5 % Agio zu Beginn der Laufzeit in Rechnung, die jährlichen Verwaltungsgebühren betragen rund 0,82 % des Fondsvermögens. Die Differenz bei den laufenden Kosten führt nach Berechnungen von Scope dazu, dass sich über die Jahre die zusätzliche Kostenbelastung bei geschlossenen Fonds in Grenzen hält (siehe Grafik).Die zusätzlichen Kosten machen die geschlossenen Fonds allerdings mit einer deutlich besseren Rendite wett. “Die durchschnittliche Rendite geschlossener Immobilienfonds mit inländischem Investment lag zuletzt bei 5,00 % nach Steuern, ausländische Investments erreichten 6,24 %”, berichtet Bernhard Dames, Experte für geschlossene Fonds bei Scope. Der Fondsverband BVI gibt für offene Immobilienfonds eine durchschnittliche Jahresrendite von 0,6 % an. Doch die Pläne des Finanzministeriums werden an der Renditeentwicklung der geschlossenen Fonds kratzen. “Vorgesehen sind etwa eine Depotbank und die jährliche Bewertung der Investments, das lässt die Kostenbelastung tendenziell steigen”, sagt Dames.Wollen die geschlossenen Fonds also von der Lücke profitieren, die ein Verbot neuer offener Immobilienfonds hinterlassen könnte, müssten die Anbieter neue Wege gehen, um die Privatanleger zu locken. Denkbar wäre etwa, geschlossene Fonds zu konzipieren, die Ausstiegsoptionen weniger als einmal pro Jahr ermöglichen. Dies sei zwar theoretisch nach den Vorgaben im Diskussionsentwurf möglich, aber eine solche Fondsstruktur sei wohl nicht gewollt und schwer praktikabel umsetzbar, erläutert Voigt.Dirk Hasselbring, Vorsitzender der Geschäftsführung der Hamburg Trust, eines Initiators geschlossener Fonds, plädiert dafür, dass sich der Regulator im Zuge der Neuordnung auch insbesondere Gebührenstruktur vorknöpft: “Viel wichtiger als das Vorschreiben der Anzahl von Objekten wäre es, Regelungen zu erlassen, die eine Interessenkongruenz zwischen Anleger und Produktanbieter ermöglichen”, betont er. Dazu gehören seiner Meinung nach eine radikale Reduzierung der Upfront Fees und die flächendeckende Einführung einer erfolgsabhängigen Asset-Management-Gebühr.Auch Dames von Scope könnte sich tendenziell höhere Verwaltungsgebühren bei geringeren Kosten zu Beginn des Investments ebenso vorstellen wie eine Beteiligung des Asset Managers am erfolgreichen Verkauf des Objekts zum Ende der Laufzeit. Allerdings ist er eher skeptisch, dass sich so etwas realisieren lässt. Ins gleiche Horn stößt Markus Wollenhaupt, Partner im Frankfurter Büro von Linklaters. “Die Gebührenstruktur bei geschlossenen Fonds wird auch nach einem möglichen Verbot neuer offener Immobilienfonds nicht wesentlich anders sein als heute”, prophezeit er.Die regelmäßigen Zahlungen an den Vertrieb über die gesamte Laufzeit etwa bei Versicherungsprodukten oder Wertpapierpublikumsfonds stünden auch im Zusammenhang mit den Ausstiegsoptionen der Anleger. “Der geschlossene Fonds ist ein ganz anderes Produkt, dessen hohe Anfangskosten auch aus seiner Komplexität herrühren”, so Wollenhaupt. Für den Anleger komme es beim Wechsel vom offenen in den geschlossenen Immobilienfonds zu weit mehr als einer neuen Fondshülle. Im Vergleich zum offenen Fonds sei das Vehikel komplexer und die Diversifikation wesentlich geringer. Dem Anleger werde mit der Abschaffung der offenen Immobilienfonds ein “Bärendienst” erwiesen, urteilt Wollenhaupt.