Andreas Held

Kleine Genossen­schafts­banken rufen nach Entlastung

Angesichts zahlreicher Fusionen werden die Volks- und Raiffeisenbanken immer größer. Die Interessengemeinschaft kleiner und mittlerer Genossenschaftsbanken fordert eine faire Behandlung ein.

Kleine Genossen­schafts­banken rufen nach Entlastung

Von Silke Stoltenberg, Frankfurt

Auch bald 20 Jahre nach ihrer Gründung bleibt einer der Hauptgründe für ihre Existenz aktuell: Die internen Preise in der genossenschaftlichen Finanzgruppe sind nach An­sicht von Andreas Held, Bundessprecher und erster Vorstand der Interessengemeinschaft kleiner und mittlerer Genossenschaftsbanken (IG Genobanken), immer noch nicht so fair, wie sie aus Sicht der von ihm vertretenen Institute sein sollten. „Kleine Banken möchten die gleichen Ausgangsvoraussetzungen wie die großen, daher möchten wir eine noch stärkere linearere Ausgestaltung der Preise, die Proportionalität abbildet, und zwar bei unserem IT-Dienstleister Atruvia wie auch bei unserem Zentralinstitut DZ Bank“, unterstreicht der Bundessprecher, der ge­rade erst im Amt bestätigt wurde­ (vgl. BZ vom 19. Juli).

Auch wenn sich in den vergangenen Jahren seit der Gründung der IG im Jahr 2004 in der Preisgestaltung bei den Dienstleistungen innerhalb des Verbunds schon viel Positives aus Sicht der kleinen und mittelgroßen Häuser getan habe, bleibe das Thema Preisgestaltung ein Dauerbrenner, so Held, der hauptamtlich Vorstand bei der Raiffeisenbank Hochfranken West ist. Tatsächlich war einer der Hauptgründe für die Gründung der IG gewesen, dass die kleinen und mittelgroßen Institute sich bei dem Preisgefüge der genossenschaftlichen Finanzgruppe benachteiligt gefühlt hatten. Damals waren deutlich ausgeprägte Rabattmodelle für größere Häuser üblich. Diese Zeiten sind zwar schon lange Geschichte, doch aus Sicht von Held gibt es noch einiges, was hier zu glätten ist.

Konkret geht es Held derzeit auf der IT-Seite um den Einführungspreis für neue Prozesse, der pauschal festgelegt für alle Häuser mehr oder weniger gleich hoch sei, während die monatlichen Kosten nach Bilanzsumme abgestuft sind. „Wenn es hier um einen fünfstelligen Betrag für die Einführung geht, ist es ein enormer Unterschied, ob ein Haus eine Bilanzsumme von 50 Mill. oder 3 Mrd. Euro hat.“ Held fordert daher mehr Solidarität innerhalb der genossenschaftlichen Gruppe ein. „Wenn gewünscht ist, dass es gruppenweit einheitliche Prozesse gibt, also kleinere Häuser sich solidarisch gegenüber der Ge­meinschaft zeigen sollen, dann möchten wir auch Solidarität bei der Frage, wie sich die Lasten verteilen“, fordert Held. Will heißen, dass größere Volksbanken seiner Ansicht nach einen höheren Einführungspreis bezahlen sollten, um die weniger großen Mitglieder zu unterstützen. Zuletzt habe es zum Beispiel ein neues IT-Paket für das Passivgeschäft mit hohen finanziellen Belastungen gegeben.

Gleicher Aufwand

Natürlich könne er die Argumentation von Atruvia nachvollziehen, dass der Aufwand gleich hoch bleibe bei der Implementierung neuer Lösungen in den einzelnen Häusern, egal ob das Institut groß oder klein sei. „Dennoch haben wir von neuen Prozessen geringere Vorteile, weil wir durch unser kleineres Kundenvolumen auch weniger Erträge durch neue IT-Lösungen generieren können “, argumentiert Held. Er bekomme auch durchaus von größeren Häusern in Gesprächen signalisiert, dass man bereit sei, größere Teile der Kosten zu tragen.

Ein weiterer wunder Punkt für Held ist die mangelnde Einbindung kleinerer Häuser bei der Entwicklung neuer IT-Lösungen. „Wir würden gerne stärker gehört werden bei der Frage, wie praxistauglich neue IT-Anwendungen sind, können aber nicht die grundsätzliche Anforderung der Atruvia erfüllen, hierfür zwei Mitarbeiter über einen längeren Zeitraum tageweise freizustellen“, erklärt Held. Insofern würden bei Neuentwicklungen fast ausschließlich die großen Häuser mit am Tisch setzen, die diese Kapazitäten hätten. „Es wäre doch eine Möglichkeit, dass kleinere Häuser für die Einbindung bei den IT-Entwicklungen nur einen Mitarbeiter kurzzeitig für Teilprojekte abstellen müssen, so würden wir auf jeden Fall besser gehört“, schlägt er vor.

Ebenso möchte Held, dass die kleineren Häuser im Rahmen der Entscheidungsprozesse in noch weitere Gremien der Atruvia eingebunden werden als bislang. Fakt ist indes auch, dass die kleinen und mittelgroßen Mitgliedsinstitute der genossenschaftlichen Finanzgruppe nicht in der Lage sind, den IT-Dienstleister einfach mal zu wechseln, da die Migrationskosten nicht stemmbar wären. Das können sich eher größere Häuser leisten, wie eben die Apobank, die zu Avaloq gewechselt ist – allerdings mit argem Geknirsche im Kerngeschäft.

Auch bei der DZ Bank sehen sich die kleineren und mittelgroßen Volks- und Raiffeisenbanken noch nicht hinreichend mit ihren Interessen berücksichtigt. „Im Gegensatz zu früher wurden bei der DZ Bank zwar die Preisunter- wie auch die Preisobergrenzen abgeschafft, die kleinere Häuser benachteiligt haben, aber den Anstieg der linearen Preisanhebung finden wir im Bereich unter 1 Mrd. Euro im Vergleich zum Anstieg darüber zu schnell.“ Derzeit gebe es daher Verhandlungen für den Zahlungsverkehr und das Eigengeschäft, berichtet Held.

Grundsätzlich aber sei das Verhältnis der IG zu den verschiedenen Verbundunternehmen wie DZ Bank oder Atruvia, zu den diversen Verbänden und anderen Akteuren der genossenschaftlichen Finanzgruppe mittlerweile viel besser als zu den Anfangszeiten. „Man hat verstanden, dass man mit uns reden kann, dass wir miteinander konstruktive Lösungen finden können und dass es letztendlich den Zusammenhalt stärkt“, so Held. Tatsächlich hatte die Gründung der IG 2004 einige in der Gruppe stark verärgert, insbesondere mit dem Bundesverband BVR hatte es anfangs ziemlich gerumst.

Lob für den BVR

Gerade mit dem Bundesverband zeigt sich Held aber jetzt sehr zufrieden und lobt insbesondere die gute Innenkommunikation von Präsidentin Marija Kolak. Der Einsatz des BVR auf allen politischen Kanälen in Brüssel und Berlin, um mehr Proportionalität in die Bankenregulierung zu bekommen, werde von den Mitgliedern der IG vor Ort unterstützt, schildert Held das heutige Miteinander. Beispielsweise führe man vor Ort den Politikern die praktischen Auswirkungen für die Wähler vor Augen.

Die bisherigen Ansätze der EU, Erleichterungen im Meldewesen unterhalb einer Bilanzsummenschwelle von 5 Mrd. Euro zu schaffen, sind für Held noch lange nicht genug. „Das reicht nicht aus, denn zwischen einer Bilanzsumme von 5 Mrd. Euro und 50 Mill. Euro gibt es noch riesige Unterschiede bei den Mitarbeiterkapazitäten, die man für die Regulatorik zur Verfügung hat.“ Held liebäugelt mit dem Schweizer Ansatz. „Ich fände es gut, wenn auch kleine Banken in Deutschland zumindest die Wahlmöglichkeit hätten, mit einer Hinterlegung von mehr Eigenkapital Erleichterungen bei der Regulatorik zu erhalten, wie es die Schweiz handhabt. Die Volks- und Raiffeisenbanken sind schließlich sehr gut kapitalisiert.“

Große Hoffnungen setzt Held in dieser Hinsicht auch auf den Vorstoß der BaFin, das Meldewesen grundsätzlich zu reformieren (vgl. BZ vom 5. Juli). Der Grundgedanke hier ist, dass die Banken quasi nur noch Rohdaten zur Verfügung stellen, und die Finanzaufsicht kann für alle Belange diese dann selbständig abrufen und individuell je nach Fragestellung aufbereiten. Auf diesem Wege holt sich etwa die US-Aufsicht die Daten für die Stresstests, während in Europa mühselige Handarbeit der Banken notwendig ist. Allerdings muss eine solche Transformation europaweit im Aufsichtsregime angegangen werden, und zudem müssten neue IT-Systeme oder Datenbanken mit entsprechenden Implementierungskosten branchenweit einheitlich eingeführt werden. Insofern dürfte es noch Jahre dauern, bis ein solcher Paradigmenwechsel in der Aufsicht stattfindet, so es auf europäischer Ebene überhaupt zur Einigung kommt.

Große Spanne

Die Interessengemeinschaft, die die Belange von rund 330 der 770 Genossenschaftsbanken bundesweit vertritt, hat sich unlängst bei der Mitgliederversammlung Ende Juni neue Strukturen und Aufgaben gegeben. Neben der Interessenvertretung sollen künftig auch zwei weitere Aufgaben hinzukommen, die Sicherung der Existenzen und die Stärkung des Zusammenhalts. Zudem nimmt die Gemeinschaft die Rechtsform eines eingetragenen Vereins an. Durch die Fusionen innerhalb der genossenschaftlichen Gruppe gibt es immer weniger, aber dafür größere Institute (siehe Grafik und Bericht auf dieser Seite). Dennoch bleibt die Spanne bei den Bilanzsummen groß. Sie reicht von 67 Mrd. Euro bei der Apobank bis zu 20 Mill. Euro bei der Volksbank Struvenhütten.

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