Kleines Risiko für das Finanzsystem

Working Paper: Versicherer für das Finanzsystem ungefährlicher als Banken

Kleines Risiko für das Finanzsystem

tl Frankfurt – Versicherer sind ein eher kleines Risiko für das Finanzsystem. Dies gilt zumindest in Vergleich zu Banken und zu Nicht-Banken. Hingegen sind Versicherer Auslöser von Systemrisiken, wenn sie Nicht-Versicherungsgeschäfte, also v. a. Bankgeschäfte betreiben. Systemrisiken entstehen außerdem aus der Kapitalstruktur und weniger aus den Aktiva.Dies sind die Kernergebnisse eines vor wenigen Tagen veröffentlichten Arbeitspapiers von Elia Berdin, Assistent am ICIR der Goethe-Universität Frankfurt, und Matteo Sottocornolay von der europäischen Versicherungsaufsicht EIOPA (ICIR Working Paper Series No. 19/15: Insurance Activities and Systemic Risk). Definition der Group of TenAls Systemrisiko gilt in Anlehnung an die Definition der Group of Ten das Risiko, dass ein Ereignis zu einem Verlust an ökonomischen Werten und an Vertrauen in das Finanzsystem führt, das bedeutend genug ist, um mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche negative Auswirkungen auf die Realwirtschaft zu haben. Die Auswertung von drei verschiedenen statistischen Testverfahren ergibt klare Unterschiede zwischen Finanzinstitutionen und Nicht-Finanzinstitutionen.Bei den Finanzinstitutionen dominieren nach Finanzkrisen Banken als Auslöser von Systemrisiken. Hingegen ist der Einfluss von Versicherern über den gesamten betrachteten Zeitablauf (1999 bis 2013) zwar deutlich kleiner, aber immer vorhanden (s. Grafik). Kein klares Bild ergibt sich bei der Frage, ob systemrelevante Versicherer (SIFIs) – dazu gehört in Deutschland die Allianz – ein höheres Systemrisiko darstellen oder nicht. Insgesamt ist das Ausmaß des Systemrisikos der verschiedenen Gruppen vom Betrachtungszeitraum abhängig und ändert sich schnell, warnen die Autoren.Bei der Frage, welche Faktoren einige Versicherer systemrelevanter machen als andere, zeigt sich eine eindeutige negative Korrelation zwischen Versicherungsaktivitäten (im Vergleich zum Gesamtportfolio) und Systemrisiko: Umso höher der Anteil der Versicherungsgeschäfte, desto niedriger ist das vom Unternehmen ausgehende Systemrisiko. Dies entspricht der bereits früher gemachten Beobachtung, dass der damals weltgrößte amerikanische Versicherer in der Finanzkrise deshalb beinahe kollabiert wäre, weil er sich mit Kreditausfallderivaten (Credit Default Swaps, CDS) und gebündelten Krediten fragwürdiger Qualität, so genannten Collateralized Debt Obligations (CDOs) verspekuliert hatte. Ein Kollaps hätte gravierende Folgen für das gesamte Finanzsystem gehabt. Gemischtes BildDazu passt, dass Versicherer mit größeren Schulden durch umfangreiche Bankaktivitäten ein größeres Systemrisiko darstellen. Ein gemischtes Bild ergibt sich bei der Diversifikation der Kapitalanlagen. Sie werde zwar auf Ebene des Einzelunternehmens als optimal angesehen, schreiben Berdin und Sottocornolay, doch gelte das Gegenteil auf aggregierter Branchenebene. Nur geringen Einfluss auf das Systemrisiko dürften das Kurs-Buchwert-Verhältnis und der Verschuldungsgrad der Versicherer haben.