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Kommunalfinanzierung muss zuverlässig und planbar bleiben

Börsen-Zeitung, 13.4.2012 Kommunen und Regionen sind sowohl Lebensmittelpunkt und Heimat für die Menschen als auch wesentliche Akteure für ein föderales und demokratisches Gemeinwesen. In Städten, Gemeinden und Landkreisen wird in Selbstverwaltung...

Kommunalfinanzierung muss zuverlässig und planbar bleiben

Kommunen und Regionen sind sowohl Lebensmittelpunkt und Heimat für die Menschen als auch wesentliche Akteure für ein föderales und demokratisches Gemeinwesen. In Städten, Gemeinden und Landkreisen wird in Selbstverwaltung über wichtige Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft entschieden. Die Kommunen sind in erster Linie verantwortlich für die Bereitstellung von Gütern und Leistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse, die für Menschen und Unternehmen unverzichtbar sind.Die Fähigkeit der Kommunen, Leistungen der Daseinsvorsorge nachhaltig zu erbringen, die regionale Entwicklung zu fördern und konkrete Probleme vor Ort zu lösen, entscheidet maßgeblich über die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger sowie die gesellschaftliche Stabilität vor Ort. Starke FinanzpartnerZu den Kernaufgaben der Kommunen gehört auch die Förderung der regionalen, insbesondere der wirtschaftlichen Entwicklung. Hierzu zählt zum Beispiel die Bereitstellung einer gut ausgebauten Infrastruktur für Unternehmen. Die sich daraus ergebenden Anforderungen an die Kommunen haben stark zugenommen. Damit die Kommunen ihre vielfältigen Aufgaben für die Menschen und Unternehmen erfüllen können, brauchen sie starke und verlässliche Finanzpartner und vor allem Finanzierungsbedingungen, die den langfristig ausgerichteten Finanzierungsbedürfnissen von Kommunen gerecht werden. Diese finden sie in erster Linie bei erfolgreichen regionalen Kreditinstituten, wie den Sparkassen. Mit einem Marktanteil von mehr als 45 % im Kommunalkreditgeschäft sind die Sparkassen und Landesbanken wichtigste Kreditgeber der Städte, Gemeinden und Landkreise.Das Engagement für die lokale Gemeinschaft bildet für die Institute einen festen Bestandteil ihrer Identität und ist nachhaltig angelegt. Es zielt darauf ab, überall in Deutschland die wirtschaftliche Entwicklung und die Lebensqualität in den Regionen zu fördern und so zur grundgesetzlich gebotenen Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse nach Art. 72 Abs. II beizutragen.Die Zuverlässigkeit und Planbarkeit kommunaler Finanzierungen liegen im Interesse aller Steuerzahler Deutschlands. Deswegen gilt es, diese Finanzierungsbedingungen stabil zu halten, und Versuchen, die Kommunen den Angriffen und Schwankungen der Kapitalmärkte auszusetzen, entgegenzutreten.Dazu gehört es erstens, dass die verfassungsrechtlichen Regelungen in Deutschland, nach denen weder Bund, Länder noch Kommunen insolvent werden können, durch entsprechende gesetzliche Bestimmungen und Finanzunterstützung eingehalten werden.Zweitens gilt es, die neuen Eigenkapitalanforderungen nach Basel III so auszugestalten, dass Kommunalkredite nicht belastet werden und das Kommunalkreditgeschäft an sich auch weiterhin im Wettbewerb mit anderen Kreditnehmern konkurrieren kann. Das drückt sich darin aus, dass auch bei Basel III für die Forderungen an regionale Gebietskörperschaften ebenso wie für die an die Bundesrepublik Deutschland ein Risikogewicht von 0 % anzusetzen ist. Allerdings enthält Basel III eine Reihe von unerwünschten Effekten, die den Kommunalkredit für Institute zunehmend unattraktiv machen und die knappen Kreditkapazitäten in andere Geschäftsbereiche lenken. Dazu gehört die vorgesehene Verschuldungsquote (Leverage Ratio) als harte aufsichtliche Mindestforderung, die Anreize für risikoreicheres Geschäft schafft.Diese Effekte resultieren zumeist aus der Tatsache, dass der Baseler Ausschuss diese Regeln zum einen direkt als Reaktion auf die Finanzkrise und zum anderen für international tätige Institute konzipiert hat, sie aber nun auf alle Institute in Europa angewandt werden sollen. Wir setzen uns daher auch im Sinne der Kommunen für eine differenzierte Umsetzung von Basel III für kleine Institute ein. Fehlanreize wie durch die Ausgestaltung der Leverage Ratio müssen vermieden werden. Sparen steht im VordergrundDrittens sprechen wir uns dafür aus, dass die Bundesländer ihrem verfassungsmäßigen Auftrag nach einer aufgabengerechten Finanzausstattung nachkommen. Es gibt große Unterschiede im Finanzausgleich zwischen Ländern und Kommunen, was sich oft auch in der Verschuldungslage der Kommunen und Länder widerspiegelt.Die Kommunen stehen vor großen Herausforderungen. Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen deutlich, welchen finanzwirtschaftlichen Herausforderungen sich Kommunen derzeit gegenübersehen. Demnach lag der Fehlbetrag im Jahr 2010 bei 7,7 Mrd. Euro. Im Vergleich zu 2009 zeigte sich bei den Einnahmen der Kommunen im Jahr 2010 ein Aufwärtstrend. Jedoch bleibt die Haushaltslage der Kommunen weiterhin angespannt. Sparanstrengungen werden in den nächsten Jahren in vielen Kommunen im Vordergrund stehen. Es ist daher im Interesse aller Kommunen, die Finanzierungsbedingungen so gut und stabil wie möglich zu halten.—-Heinrich Haasis ist Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV). In dieser Rubrik veröffentlichen wir Kommentare führender Vertreter der Wirtschafts- und Finanzwelt sowie von Politik und Wissenschaft. Von Heinrich Haasis Wir setzen uns auch im Sinneder Kommunen für eine differenzierte Umsetzung von Basel III für kleine Institute ein.