Kommunen neigen zum Verkauf ihrer Greensill-Forderungen
Bei den von der Greensill-Pleite betroffenen Kommunen wächst die Bereitschaft zum Forderungsverkauf. Eisbrecher war kürzlich eine Transaktion der Gemeinde Bötzingen, die über die Plattform des Frankfurter NPL-Spezialisten Debitos abgewickelt wurde. Dabei erhielt die badische Gemeinde 25% ihres Forderungswertes von 13,2 Mill. Euro.
Der grundsätzliche Beschluss zum Forderungsverkauf bei der Gemeinde war schon vor über einem Jahr erfolgt, nachdem die Gemeinde in der Abwägung zu dem Schluss gekommen war, dass es die bessere Alternative ist gegenüber dem Warten auf das Ende des Insolvenzprozesses. Der dürfte sich fünf bis zehn Jahre hinziehen; von Insolvenzverwalter Michael Frege wird eine Quote von 30% in Aussicht gestellt.
Faktor Inflation
Angesichts der den Forderungswert reduzierenden Inflationsentwicklung wird ein Verkauf der Ansprüche immer attraktiver.Am Donnerstag werden nun die Wiesbadener Stadtverordneten über den Forderungsverkauf entscheiden, nachdem der Finanzausschuss dafür grünes Licht gegeben habe, wie die „FAZ“ berichtet. Das Kalkül: Bei einem derzeitigen Wert der Greensill-Forderungen von 27% könne man zurückgeflossene Gelder zu 3,5% anlegen, womit man einen Wert von 31% der Forderungen erreichen würde. 15 Mill. Euro hatte Wiesbaden bei Greensill angelegt.
Kluger Schachzug
Das hört sich nach einem klugen Schachzug an – auch weil damit im Ort die politische Diskussion um das Versagen der Kämmerer beruhigt werden kann. Die hatten sich mitunter nahezu fahrlässig verhalten und waren teils blind dem Rat von Finanzvermittlern gefolgt, obwohl eine drohende Schieflage von Greensill bereits öffentlich bekannt war.
Kein Schutz
Die Wiesbadener rechnen damit, dass bei einem positiven Votum der Forderungsverkauf bis Herbst abgeschlossen sein könnte. Den Forderungsverkauf abgeschlossen haben neben Bötzingen bereits Garbsen und Neckarsulm. Bei Gießen stehen 10 Mill. Euro im Feuer, der Forderungsverkauf ist bereits beschlossen. Im Gegensatz zu privaten Anlegern genießen Kommunen keinen Einlagenschutz. Es sollen rund 40 Kommunen zu den Greensill-Geschädigten zählen.