IN DER SOHLE DES ZINSTALS

Komplette Verwirrung der Anleger befürchtet

Kritik am neuen Beipackzettel vor Start von Priips

Komplette Verwirrung der Anleger befürchtet

Von Andreas Heitker, BrüsselDer Brandbrief an die Chefs der beiden europäischen Aufsichtsbehörden EIOPA und ESMA ist deutlich. Von “irreführenden Informationen für Investoren” ist da die Rede, von einem “kompletten Fehlen von Klarheit”, von “abnormalen Zahlen” und von der “objektiven Unmöglichkeit”, alle Vorgaben der neuen Regulierung auch umzusetzen.Das Schreiben aufgesetzt hat Mitte Dezember der Europäische Branchenverband für strukturierte Anlage-Produkte (Eusipa), und es geht um die neuen Beipackzettel für Finanzprodukte, die ab Anfang 2018 eigentlich für mehr Transparenz sorgen sollen. Der Brief ist ein letzter Warnhinweis an die Behörden in Brüssel, Paris und Frankfurt gewesen, dass etwas im Zuge der Umsetzung der Priips-Verordnung (Packaged Retail and Insurance-Based Investment Products) falsch läuft.Die Anleger sollen nach dem langen Hin und Her im Gesetzgebungsprozess ab Januar einheitliche und leicht verständliche Informationen auf maximal drei DIN-A4-Seiten erhalten. Das Informationsblatt (KID) soll Kosten und Risiken für praktisch alle verpackten Kapitalanlage- und Versicherungsprodukte übersichtlich darstellen und privaten Investoren damit die Anlageentscheidung eigentlich erleichtern.Doch es ist nicht nur die Eusipa, die hier ihre Zweifel hat. Zum Teil war in der Finanzbranche sogar schon von einer “gesetzlich vorgeschriebenen Irreführung der Anleger” die Rede gewesen. Denn zum einen bringen die in den technischen Standards von Priips vorgeschriebenen Kalkulationsmethoden in Bezug auf Kosten und Performance-Szenarios zum Teil abstruse Ergebnisse – zum Beispiel, wenn Werte für Produkte mit einer üblicherweise äußerst kurzen Haltedauer auf Jahresangaben hochgerechnet werden müssen. Zum anderen gibt es neben den Priips-Beipackzettel ja auch noch andere Aufklärungsblätter.Der Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) warnte erst vor wenigen Tagen vor einem “Flickenteppich an widersprüchlichen Informationen”. Hauptgeschäftsführer Thomas Richter verwies darauf, dass Fondskäufer künftig zu ein und demselben Fonds bis zu vier unterschiedliche Dokumente erhielten, deren Inhalte sich in wesentlichen Punkten widersprächen. “Absurde Ergebnisse”Konkret: Neben das Priips-KID treten Anfang 2018 die Informationen, welche die neue Marktrichtlinie Mifid II verlangt. Kostenbestandteile werden in beiden Fällen unterschiedlich berechnet. Zudem gibt es heute schon die wesentlichen Anlegerinformationen (das sogenannte OGAW-KIID) für Fondskäufer. Und Riester-Anleger erhalten schon ein weiteres gesetzlich vorgeschriebenes Informationsblatt. Ein Vergleich dieser Dokumente führe oft “zu absurden Ergebnissen”, so der BVI.Wie lange Anleger mit den unterschiedlichen Standards und offensichtlich unausgereiften Vorgaben der EU-Aufsicht leben müssen, ist zum Priips-Start noch unklar. Eine Überprüfung der Gesetzgebung ist in Brüssel eigentlich erst nach zwei Jahren vorgesehen. Technische Standards könnten auch kurzfristig nachgebessert werden. Auch wie hoch Kosten und Verwaltungsaufwand der neuen Regulierung ausfallen, kann zurzeit kaum beziffert werden. Alle Betroffenen rechneten noch, heißt es in der Finanzbranche.